laut.de-Kritik

Echter Reibeisen-Rock mit metallischem Glanz.

Review von

Im Gespräch anlässlich des 15. Gründungstages hatte Michael Robert Rhein überraschende Veränderungen angekündigt. Obgleich der Sänger nicht zur Phrasendrescherei tendiert, verortete ich solch eine typische Ankündigung eher im Reich der Floskeln. Schande über mich und meine Bösgläubigkeit!

Mit "Sterneneisen" vollenden In Extremo einen künstlerisch zuletzt forcierten Reifeprozess und machen endlich Ernst mit der Bedeutung ihres Bandnamens. Wo liegt nun die große Veränderung? Ganz einfach: Vergesst bitte das etwas tumbe Label der sogenannten Mittelaltercombo. Damit ist es zumindest vorerst vorbei.

Hier regiert der pure Rock in all seinen metallisch schimmernden Facetten. Heavy Metal und Hardrock sind dabei kein uninspiriertes Feigenblatt einfallsloser Stromgitarren-Luschen. MRR ist seit jeher ein echter Reibeisenrocker gewesen, bevor die Fusion mit dem auch musikalisch mitunter finsteren Zeitalter Einzug hielt. Entsprechend ungezwungen und natürlich klingt die Hinwendung zu klassischen Metalstrukturen.

Das ist aus jedem Blickwinkel betrachtet ein mehr als geschickter Schachzug der Exxen. Kraftvoll und regelrecht rostig zerstört zugleich gibt Rhein den Berserker und kaschiert mögliche Schwächen in der Klangfarbenskala mit dem neuen Sound. Wie er mit der Mannschaft in dem sehr ernsten Song "Auge Um Auge" zum Ende abgeht, ist für In Ex Verhältnisse fast schon Thrash.

Der Schrei am Ende der auch textlich einnehmenden Romanze "Ich Vermiss Dich" feiert nicht nur die Ballade sondern auch den endlich befreiten Rocker. Gut gebrüllt, Löwe! Besonders erfreulich ist dabei die Nahtlosigkeit des Übergangs. Die Combo spielt den groben Stiefel als hätte sie nie etwas anderes getan. So organisch, wie es die immer etwas sophisticated verkrampft agierenden Szene-Kollegen à la Letzte Instanz und Co allesamt nicht vermögen.

Getreu den Lehren der beliebten Akustik-Gigs zuletzt setzen die mittlerweile europaweit 'Glorreichen Sieben' auf sehr pointierten Einsatz der Folkelemente. Sie sind fast immer gegenwärtig. Gleichwohl stehen sie oft und gern im Hintergrund oder geben eine angemessen zurückhaltende Verzierung ab. Stark genug, um den Tracks ein Gesicht zu verleihen, sind sie dennoch allemal. Details wie die bluesige Mundharmonika in "Viva La Vida" geben den schicken Extrakick und wären vor einiger Zeit sicherlich nicht Teil des Biotops geworden.

Unplugged haben die filigranen Zupfer das Sagen, elektrisch geht es deftig ab. Ungewohnt weiser Dualismus im System der Vollendeten; wie bei der Mülltrennung. Sehr schön! So etwas klappt freilich nur, sofern man den ganzen Folkrockmetal-Laden auch songwriterisch im Griff hat. Doch solche Probleme haben die nicht mehr ganz so jungen Rockhasen nicht.

"Zigeunerskat" und "Gold" verneigen sich souverän vor den eher alt gedienten Fans. Bei "Viva La Vida" gibt Rhein mit diebisch stimmlicher Freude die vollkommen abgerockte Schnapsdrossel im sich selbst genügenden Ausnüchterungsdelirium. Trotz des leicht Stakkato artigen Rammstein-Touches im Arrangement läuft das Lied nicht eine Sekunde Gefahr, seine Eigenständigkeit zu verlieren.

Ähnlich wie zuletzt bei den Lakaien entdeckt der Hörer mittlerweile zudem einen neu gewonnenen Realismus in den Themen. Das reine Entertainment-Konzept ohne Gegenwart und Politik ist in Anbetracht der momentanen Zustände in der Welt wohl nicht aufrecht zu erhalten gewesen. Das ist gut. Songs wie "Stalker" oder das bereits genannte "Auge Um Auge" geben beredt Auskunft darüber, was das privat sehr politische Septett gedanklich umtreibt.

Sicher, es gibt auch kleine Ausrutscher, wie das B-Seiten artige "Hol Die Sterne Aus Der Ferne". Ein paar Handgriffe hie und da. Schon würde das Lied in schönster Schlagerhaftigkeit ersaufen und könnte auch als Melodie/Text eines Howard Carpendale-Songs hervorragende Dienste leisten. Das Titelstück hingegen erweist sich als neue Visitenkarte. Ein fetter, klassisch gebastelter Rocktrack mit einem tollwütigem sabbernden Sangesköter und smart herunter gefahrenem Soloteil. Laut sind wir und nicht die Leisen!.

Auch wer – wie ich – des ganzen Zauberspruch/Magie-Kasperkrams inzwischen mehr als überdrüssig ist, wird zugestehen: "Zauberspruch No. VII" ist einlullend melodisch und trotz Pathos' nicht unelegant. Das mondsüchtige Lunatikerliedchen "Schau Zum Mond" macht den Sack dann vollends zu. Ab jetzt gilt die Devise: In Extremo sind eine Rockband. Alles andere ist Corvus Corax.

Trackliste

  1. 1. Zigeunerskat
  2. 2. Gold
  3. 3. Viva La Vida
  4. 4. Siehst du das Licht
  5. 5. Stalker
  6. 6. Hol die Sterne
  7. 7. Sterneneisen
  8. 8. Zauberspruch No. VII
  9. 9. Auge um Auge
  10. 10. Schau zum Mond
  11. 11. Unsichtbar
  12. 12. Vermiss Dich

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21 Kommentare

  • Vor 13 Jahren

    @IFfan (« @ the death of mr. smith

    kommt da noch was oder wars das?? ansosnt ziemlich sinnentlert dein post »):

    Ich hab nur auf deine Frage geantwortet. Solltest du eigentlich verstehen können. Zur Platte konnte ich leider nix sagen, weil ich von In Extremo nicht sehr viel kenne.

  • Vor 13 Jahren

    Mittlerweile find ich die Platte echt gut hörbar. Das einzige, was mich stört, sind die etwas platten Texte. So oder so ähnlich schon 1000mal gehört und für mich wenig ansprechend. "Freiheit ist, was wir lieben", "Mein Licht brennt nur für dich"...blabla.

    Lustig auch, dass hier noch nirgendwo erwähnt wurde, dass Der Graf (Unheilig) bei "Sternenreisen" als Duettpartner am Start ist.

  • Vor 13 Jahren

    mir wär die meinung von euch über das album lieber als das gelaber über diesen vollpfosten.