laut.de-Biographie
Interpol
"Nichts darf so klingen, als würde es nicht dahin gehören, wo es ist", erklärt Interpol-Sänger Paul Banks in einem Interview 2003. Perfektion ist bei den New Yorker Retro-Helden von Beginn an mehr als erklärter Wille. Interpol überlegen, tüfteln, machen, schaffen - tun alles Erdenkliche, um jeden Ton exakt im richtigen Augenblick zu bringen und verrichten dabei prachtvollen Soundraub an den wavigen Indie-Helden Joy Divison, Chameleons und nicht zuletzt den Smiths.
1998 kommt es auf der New Yorker Universität zum musikalischen Zusammenschluss von Daniel Kessler (Gitarre und Vocals) und einem Drummer namens Greg. Gemeinsam spielen sie für ihre Band alle Instrumente selbst ein. Kurz darauf trifft Daniel in einer Vorlesung auf Carlos Dengler, einen ehemaligen Sechssaiter, der der Gitarre über ist. Er wechselt an den Bass. Als Daniel auf der Straße zufällig Paul Banks (Gitarre und Vocals), einem alten Bekannten aus Pariser Tagen, wiederbegegnet ist der erste Schritt in den Rock-Olymp getan.
Nach den ersten Gigs 2000 wird Greg am Schlagzeug durch Sam Fogarino ersetzt, der den ursprünglichen Interpol-Sound in eine etwas aggressivere Post-Punk-Richtung dreht. In dieser Konstellation tourt man durch England - natürlich nicht ohne einen Halt bei John Peel einzulegen - und macht die retrofanatische englische Presse wie erwartet verrückt.
Die Aufregung kommt nicht von ungefähr: gleichzeitig releasen die Herren mit den dunklen Frisuren und den schwarzen, straighten Anzügen auf dem renommierten Chemikal Underground Label, das u.a. Schrammel-Helden der leisen Töne wie Mogwai, Arab Strab oder Radar Bros führt, eine erste EP in der labeleigenen "Fukd I.D."-Serie. Es folgt der übliche Ablauf: Konzerte mit Trail Of Dead und den Delegados, eine weitere (selbst releaste) EP: England ist wie immer vor der eigentlich Heimat mit im Boot.
Als der Hype mit kleinen Schritten auf ihre Heimat New York zukommt, unterschreiben Interpol einen Vertrag und bleiben konsequent stilsicher: das Indie-Urgestein Matador (Pavement, Yo La Tengo, Cornelius ...) sichert sich das im November 2001 in Connecticut aufgenommene Debüt "Turn On The Bright Lights" für eine Veröffentlichung 2002.
Mystisch wie englische Bands vor zwanzig Jahren und düster wie ein helles Leuchten in einer tiefen Straße trifft man mitten in das flammende New Yorker Remake-Herz.
Stramm stehende Depressionen schweben über die Leichen des britischen Post-Punk und bleiben dabei rätselhaft an Melodien kleben, während ein Ian Curtis-Klon stilvoll gebrochen über die Leiden der Zwischenmenschlichkeit singt. Interpols Instrumente streifen dazu durch einen breit angelegten Sound, der durch Daniel Kesslers ideenübersprudelnde Gitarrenarbeit erdrückend groß wird. Perfektion zum Erbrechen, die sich auszahlt, obwohl sie in jeder Sekunde bis ins kleinste Detail durchorganisiert ist, trotzdem aber noch nach Proberaum klingt. Keineswegs überproduziert, nur verdammt genial dargebracht.
Im August 2003 verkürzen Interpol ihrer stetig wachsenden Fangemeinde die Wartezeit zum regulären Longplay-Nachfolger mit der "Black EP". Darauf finden sich vier Live-Versionen ihres Debütalbums von einem französischen Radiokonzert sowie mit dem Song "Specialist" eine Single-B-Seite.
Im Herbst 2004 erscheint "Antics" und läutet eine neue Phase der Bandgeschichte ein. Drei Singles erreichen die UK Top 40, das Album selbst wird von vielen Kritikern in die persönlichen Bestenlisten des Jahres gewählt. Auch mit "Antics" gehen Interpol auf eine Tour, die sich insgesamt achtzehn Monate hinzieht.
Im Anschluss nimmt sich die Band eine Auszeit von etwa einem Jahr, bevor sie im Sommer 2006 ihren Wechsel zu Capitol Records bekannt gibt. Dort erscheint im Juli 2007 das dritte Studioalbum "Our Love to Admire".
Im Mai 2010, kurz nachdem die Band ihr viertes, selbstbetiteltes Album fertiggestellt hat, verlässt Bassist Carlos Dengler seine Kumpels. Die Trennung erfolgt in gegenseitigem Einvernehmen und ändert nichts an der kreativen Kraft innerhalb der Band. Für Dengler stößt Dave Pajo zur Gruppe, der zuvor bei u.a. Slint, Yeah Yeah Yeahs und Bonnie 'Prince' Billy in Aktion getreten ist. Mit ihm entsteht 2014 das Werk "El Pintor", das die Band erneut auf einer Welttournee vorstellt.
In der sich daran anschließenden Bandpause hört man zunächst wieder ein Lebenszeichen von Sänger Paul Banks, der als Banks & Steelz eine Kooperation mit RZA eingeht. Das ungleiche Duo veröffentlicht Ende 2016 auch ein Album. Es ist die erste Veröffentlichung für Banks außerhalb von Interpol seit seinem zweiten Soloalbum "Banks" von 2012. Das sechste Album "Marauder" bündelt 2018 sämtliche Merkmale ihres Sounds, reicht aber nicht an vergangene Großtaten heran. Trotzdem schiebt die Band im Folgejahr die EP "A Fine Mess" nach. Danach ist erst einmal wieder Bandpause angesagt, die Sänger Banks den benötigten Freiraum für ein neues Projekt beschert: Muzz.
3 Kommentare mit 3 Antworten
Das kommende Album im Stream
http://www.npr.org/2014/08/26/341629732/fi…
Ich mein, ich mags ja jetzt vllt weils Interpol ist aber...
Das zündet bei mir grad noch gar nicht.... nichts besonderes bei.
Ich bin bisher auch nicht völlig aus dem Häuschen, aber doch ein bisschen positiv überrascht. Nach dem 'All The Rage Back Home' Vorboten hatte ich schon Schlimmes befürchtet. Die Songs wachsen außerdem mit jedem Durchlauf. Bisher mein Favorit: 'Everything Is Wrong'.
Dieser Reverb-verwaschene Sound ist aber echt nicht so mein Geschmack.
War da jemand mal in letzter Zeit auf nem Konzert? Hatte eigentlich vor hinzugehen, aber ein Kollege meinte die zicken sich aktuell nur noch an auf der Bühne und haben 0 Bock.
Mir persönlich fehlt einfach Dengler auf der Bühne. Mit diesem headbangenden Chief Bromden Typ... es ist halt nicht dasselbe.
Zuletzt beim Primavera leider aufgrund Timetable nur kurz bisschen aus der Ferne mitverfolgen können. Es war voll wie Sau und wirkte vielleicht auch deswegen ziemlich distanziert und Stadionrockstar-mäßig. Gestritten haben sie sich während ich zugeschaut hab aber nicht. Letzten Sommer waren sie jedenfalls noch gut gelaunt, da hatte ich auch meinen Spaß.
Junkies und international gesuchte Straftäter. Drogen.