laut.de-Kritik

Die Australier liefern Hits wie Brezelbäcker Brezeln.

Review von

U2, Depeche Mode, Guns N' Roses, Pink Floyd, Pet Shop Boys, Michael Jackson, George Michael - all diese Mega-Seller haben 1987 ein Album herausgebracht, das in den jeweiligen Diskografien einen prominenten Platz einnimmt. Und in genau diese Riege muss man "Kick" einreihen. Ihr sechstes Studio-Album, markiert den kreativen und kommerziellen Höhepunkt des australischen Sextetts INXS.

Seit Beginn der Achtziger machten sich INXS daran, die Welt von down under aus zu erobern. Zu Beginn ihrer Karriere spielten sie über eine Unmenge Shows pro Jahr, gerne im Vorprogramm von Midnight Oil, ihren künstlerischen Protegees. Von 1980 bis 1985 nahmen die drei Farriss-Brüder Andrew, Jon und Tim zusammen mit Bassist Garry Beers, Saxophonist Kirk Pengilly und Sänger Michael fünf Alben auf. Als Indie-/Wave-Pop-Truppe gestartet, mauserte sich der Sechser immer mehr zu Fanlieblingen in Australien und streckte mit "Original Sin" vom 1984er-Output "The Swing" seine Fühler in Richtung Europa und den USA aus.

Das Problem der Band waren aber weniger die fehlenden Hits, vielmehr krankte ihr Schaffen auf Album-Länge immer daran, dass sie zu viele Filler zwischen ihre guten Songs packten. Nachdem sie von einer erfolgreichen US-Tour mit über 50 Konzerten in die Heimat Australien zurückkehrten, hatte die Band das Gefühl, dass sie jetzt endgültig den Fuß in der Türe hatten und die Zeit für etwas Großes reif war. Die musikalischen Ingredienzen dafür waren alle vorhanden. Mittlerweile hatten sie ihrem Sound eine gehörige Portion Funk eingeimpft, und die Discokugel strahlte ebenfalls im hellen Glanze. Diese Fusion, gepaart mit ihren Rock-Wurzeln, ergab eine fast unwiderstehliche Melange. Dazu hatten sie mit Michael Hutchence einen Frontmann am Start, für den das Attribut "charismatisch" bodenlos untertrieben wäre. Er hatte eine Erscheinung wie eine Mischung aus Jim Morrison und dem jungen Mick Jagger und war er das unumstrittene Aushängeschild.

Da es schon vor Beginn der Album-Produktion ein gesteigertes Interesse an der Band gab, wurden kurzerhand bereits Gigs für eine weitere Tour gebucht. Alleine Produzent Chris Thomas war das nicht so ganz recht, denn ihm fehlte das gewisse Etwas. So schickte er die beiden Hauptsongwriter Hutchence und Andrew Farriss nach Hong Kong in die Isolation, um konzentriert an weiteren Songs zu arbeiten. Nach zwei Wochen war das Duo so weit. Im Januar 1987 enterten sie das Studio, um die elf ausgearbeiteten Songs plus der Coverversion "The Loved One" einzutüten. Das Ergebnis stellte alle Parteien zufrieden. Entsprechend selbstbewusst flog Manager Chris Murphy mit den Tapes nach New York, um das Ergebnis den Plattenfirmenbossen zu präsentieren. Die waren jedoch alles andere als angetan und boten der Band eine satte Million Dollar, um das alles noch mal ohne Funk- und Dance-Einsprengsel aufzunehmen. Band und Produzent lehnten jedoch rundheraus ab. Im Nachhinein die beste Entscheidung.

Hört man sich die Songs an, fragt man sich unweigerlich, welcher Affe die Label-Bosse geritten haben mag, das Zeug abzulehnen. Schon der Opener "Guns In The Sky" ist ein Statement für sich und dabei ein recht simples. Ein einzigen Gitarrenriff reicht völlig aus, um den Hörer anzuheizen. Stampfende Drums untermalen den Track, der auch ohne richtigen Refrain auskommt. Wie gut das funktioniert, kann man den Live-Aufnahmen von "Live Baby Live" aus dem Wembleystadion ansehen. Jon Farriss gibt an den Drums den Beat vor, die Band läuft ein und lässt sich erst mal abfeiern. Starker Auftakt, dem ein noch stärkerer Track folgt. "New Sensation" ist einer der Signature-Tracks der Combo. Ein funky Gitarrenlick trällert, das Schlagzeug (mit gerade noch erträglichem Reverb) bollert, aber erst mit dem Grummeln von Garry Gary Beers' Bass ist das Bild perfekt. Das Ensemble schiebt gnadenlos nach vorne und bietet Michael Hutchence den idealen Rahmen, um die Frontsau zu mimen. Hier zeigt sich schon sehr deutlich, dass INXS-Songs eine sehr physische Dimension haben. Wer kann dazu noch still stehen? Die geschickt gesetzten Breaks dienen zum Luftholen, ehe es im gleichen Duktus einfach weiter geht.

Die hochkarätigen Songs sprudelten nur so aus den Herren Farriss/Hutchence heraus. "Devil Inside" folgt gleich als nächstes in der Tracklist. Was für eine Überfülle an Ohrwürmern sich hier tummelt, ist kaum zu glauben. Wenn man das Album als LP betrachtet, dürfte die erste Seite von "Kick" eine der besten im Rock-Mainstream überhaupt sein. Dem verruchten Turteln der im Song beschriebenen Devils schieben INXS gleich noch "Need You Tonight" hinterher, die erste Single-Auskopplung. Das markante Gitarrenriff klingt einfach episch und hat einen Wiedererkennungswert der obersten Kajüte. Auch hier unverzichtbar: die abschließenden drei Noten des Tieftöners, die verleihen dem Beginn die nötige Würze. Fünf der Songs auf "Kick" wurden als Singles veröffentlicht, aber im Grunde genommen hätte man jeden einzelnen Track auskoppeln können. Die Hit-Dichte hier geht gegen 100% und wurde in dieser Form von den Australiern danach nicht mehr erreicht.

Selbst der unvermeidliche Balladenschmock überzeugt auch Verächter des Feuerzeugschwenkens. Zumal "Never Tear Us Apart", das ursprünglich als Piano-Liedchen konzipiert wurde, mit Synthie-Streichern und einem hübschen Saxophonsolo eine gute Portion Pep erhielt. Noch ein Hit gefällig? Na bitte, da haben wir immer noch "Mystify" im Angebot, das mit dem hämmernden Klavier-Intro die sonst prägnante Gitarre in den Hintergrund schiebt, aber auch hier fährt die Band wieder einmal einen gnadenlosen Groove.

"Kick" hinterlässt mit seinen zwölf Tracks ein großes Vermächtnis. Wenn jemand fragt, wie die Achtziger in unpeinlich klangen, kann guten Gewissens dieses Album ohne Skip von vorne bis hinten durchlaufen lassen. Hutchence und Kollegen etablierten sich mit diesem Album als Mega-Seller. Zwar konnten sie nie mehr an diesen Kracher anknüpfen, aber lieferten auch in den Neunzigern noch Hits wie die Brezelbäcker ab. "Suicide Blonde", "Bitter Tears", "By My Side" etc. pp.

In der Rubrik "Meilensteine" stellen wir Albumklassiker vor, die die Musikgeschichte oder zumindest unser Leben nachhaltig verändert haben. Unabhängig von Genre-Zuordnungen soll es sich um Platten handeln, die jeder Musikfan gehört haben muss.

Trackliste

  1. 1. Guns In The Sky
  2. 2. New Sensation
  3. 3. Devil Inside
  4. 4. Need You Tonight
  5. 5. Mediate
  6. 6. The Loved One
  7. 7. Wildlife
  8. 8. Never Tear Us Apart
  9. 9. Mystify
  10. 10. Kick
  11. 11. Calling All Nations
  12. 12. Tiny Daggers

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6 Kommentare mit 11 Antworten

  • Vor 5 Tagen

    Man sagt ja gerne dem ein oder anderen erfolgreichen Album aus den 80ern eine mäßige Halbwertszeit nach, weil viele dieser Produktionen doch sehr glattgebügelt und vergleichbar daherkamen. Dieses Album hingegen ist einfach nur richtig schlecht gealtert.

  • Vor 4 Tagen

    Hitdichte stimmt natürlich nicht, es sind halt die 4-5 Songs die man im Ohr hat, und die dann auch verdientermaßen Hits wurden.
    Aber man muss den Labelchefs recht geben, die total verhallte und bumm bumm bang Produktion taugt nicht für die anderen Lieder. Es ist einfach so, dass diese dann wirklich sich direkt als Filler outen- man will sie gar nicht ein weiteres Mal hören. Guns in the Sky nervt zB total mit seiner stupidität und dem Sound.

    • Vor 4 Tagen

      Ein Filler-freies INXS-Album existiert nicht, aber Kick kommt dem am nächsten. Hätte man hier den Füllstoff gegen das Beste aus Listen Like Thieves & X ausgetauscht, wäre es es was richtig Großes geworden.

    • Vor 4 Tagen

      Höre das Ding gerade mal durch - wenn Wild Life & Calling All Nations keine Filler sind, was dann? Tiny Daggers und The Loved One sind auch nicht so viel besser. Guns In The Sky und Mediate sind immerhin einprägsam. Bleiben also die Hits, die zu Recht nicht kaputtzukriegen sind.

    • Vor 3 Tagen

      Man muss sich halt zugestehen, dass mit zunehmendem Niveau auch man selber "picky" wird. So wirklich Filler-arme Alben gibt es nur seeehr wenige. Also wenn ich da 5 aufzählen sollte wären das New Order: Get Ready, Led Zeppelin: 4, Black Sabbath: Heaven and Hell, Yes: Close to the Edge, Iggy Pop: Lust for Life , Rolling Stones: Let it Bleed, ....... in der Endauswahl: Rod Stewart: Body Wishes, Calexico: Carried to Dust, Gran Noir: Electronic Eyes, Blind Melon – Soup, Are You a Lion: dto, Alberta Cross- Broken Side of Time u Rolling Thunder EP

    • Vor 2 Tagen

      Von Calexico die "Carried to dust" statt der "Feast of wire" (oder wenigstens "Hot Rail"; "Black Light"...)? Und DAS in DIESER Wirtschaft?!

      Was erlauben Kollege Dr. Aluhut mal wieder?! Beim überwiegenden Rest war wenigstens ziemlich eindeutig vorhersehbar, wo und wie du wieder zielsicher daneben greifen würdest, aber bei Calexico... Junge, Junge, Marty...da fliegt auch gerne ma ganz unprofessionell mein Hut (oder Schuh)! :mad:

    • Vor 2 Tagen

      unvorhersehbar ,Du sagst es.
      Ist ja auch meine Auswahl, und nicht Deine.

  • Vor 4 Tagen

    Also ich weis nicht was alle haben es ist ein durchweg gut gealtertes Album von INXS.

  • Vor 4 Tagen

    Nö. Kickt überhaupt nicht.

  • Vor 2 Tagen

    Hätte jedem INXS-Album von „Kick“ bis „Full Moon, Dirty Hearts“ 4 Sterne gegeben. Many killers, a few fillers eigentlich auf jedem Album. Stimmt schon, dass „Kick“ die größte Hit-Dichte hat. Ich mochte „Welcome to wherever you are“ und „Full Moon“ wegen des organischeren und voluminöseren Sounds aber immer lieber.