laut.de-Kritik
The Irons zwischen Selbstreferenz und Innovation.
Review von Yan VogelEddies Rückkehr fällt zumindest beim Blick auf das Artwork farbenfroh und blutrünstig aus. Das Design ist eine unverkennbare Hommage an die futuristisch anmutenden Spätachtziger Werke "Somewhere In Time" und "Seventh Son Of A Seventh Son". Zudem fanden die Aufnahmen in den Compass Point Studios in Nassau statt, dem Ort, an dem bereits Meisterwerke wie "Powerslave" oder eben "Somewhere In Time" entstanden.
Klassische Vibes hin oder her, ein Album muss sich zum Erscheinungsdatum am hörbaren Resultat messen lassen und nicht an Plattitüden, die im Vorfeld geschickt gestreut wurden, um den Grundinstinkt jedes Metal-Fans anzusprechen, der da lautet: Maiden? Muss ich haben!
Der Opener "Satellite 15 … The Final Frontier" ist, wie der Titel schon ankündigt, zweigeteilt und klingt die ersten viereinhalb Minuten wie eine verunglückte Jam-Session auf einer monotonen Akkordfolge. Das collagenartige Intro endet abrupt und los geht’s mit einem der schwächsten Opener der Bandgeschichte. Die Harmoniefolge, der Classic-Rock-Charakter und der Gesang klingen zunächst mitreißend. Nach einer Minute macht sich aufgrund einer erschreckenden Variationsarmut und Refrain-Repetitionen Langeweile breit.
Nicht immer gelingt es den Männern um Steve Harris, wirklich mitreißende Melodien zu komponieren, die zudem keine Selbstreferenz darstellen. Wer die Refrains von "Starblind" und "Infinite Dreams" vergleicht, muss dieser Kritik zustimmen, zu frappierend sind die Ähnlichkeiten, die sich bis in die Details erstrecken. Das abschließende "Where The Wild Wind Blows" entpuppt sich als typischer Harris-Longtrack in der Tradition von "Sign Of The Cross". Rein musikalisch offenbaren sich gerade bei den epischen Arrangements einige Längen, die jedoch dem jeweiligen textlichen Konzept geschuldet sind und gerade deswegen eine tiefergehende Beschäftigung erfordern.
Setzt man nun die Fanbrille auf oder sieht das Album aus Sicht eines Fans jüngeren Datums, dessen Maiden-Sozialisation mit Alben wie "Brave New World" begann, dann gibt es immer noch genug Momente, die beweisen, warum die Band seit dreißig Jahren ein nahezu ungebrochenes Ansehen genießt.
Die Anti-Kriegs-Hymne "Mother Of Mercy" mit dem schleppenden Rhythmus und den Metal-Anleihen, die Dickinson-typische Power-Ballade "Coming Home", oder die Uptempo-Nummer "The Alchemist" mit Lead-gespicktem Refrain, der endlich einmal das farbenreiche Spiel dreier Gitarren verlauten lässt, versprühen allesamt den verlockenden Duft der eisernen Jungfrau. Gerade die letzte Nummer klingt wie "Aces High" und lässt vor dem geistigen Auge verschwitzte langhaarige Männer in Spandex-Hosen entstehen.
Weiterhin dem Hörgenuss zuträglich sind die unterschiedlichen Einflüsse der Gitarristen auf das Songwriting. Die folkigen Gitarreneinlagen von Janick Gers stehen der Band gut zu Gesicht. Wie schon auf dem letzten Album zeichnet als Ideengeber für den besten Song aus: Das textlich mit reichlich Seemannsgarn gesponnene "The Talisman" plätschert zunächst ruhig dahin. Nach zweieinhalb Minuten beginnt ein furioser Sturm, der ständig zwischen großen Gesangsmelodien und interessanten Gitarren-Parts pendelt.
Die Murray-Nummer "The Man Who Would Be King" beginnt ähnlich wie "Brave New World". Dank des geschickten Übergangs zu den harten Passagen baut die Band Spannung auf, die in einem grandiosen Refrain gipfelt. Der Mittelteil überrascht dann mit einer esoterischen Klangkulisse, bestehend aus unterschiedlichen Gitarrenmelodien und –sounds.
"Isle Of Avalon" aus der Feder von Adrian Smith steigert sich zu einem Nackenbrecher allererster Güte und besticht mit gleichsam einfachen Strukturen mit Ohrwurmpotential, facettenreichen Breaks und einem Solopart, der unverkennbar Rush zitiert.
Kevin Shirleys Produktion dürfte wieder für unterschiedliche Reaktionen sorgen. Die drei Gitarren lassen sich oftmals nur unter dem Kopfhörer ausmachen, dem gewohnt dominanten, klackernden Bass sei Dank. Das organische und dynamische Zusammenspiel der Band bekommt beim Einsatz billiger Casio-Klimpereien eine deutliche Kitsch-Schlagseite. Diese Achtziger-Referenz hätte man ruhig mit klanglich besseren Synthies oder gar einem richtigen Orchester ersetzen können.
Quo Vadis Iron Maiden 2010? Das Resultat reiht sich irgendwo zwischen Selbstreferenz und Innovation sowie Klischee und Trademark ein. So richtig entscheiden möchte man sich nicht. Zu sehr sind einem Dickinson und Co. über die Jahre ans Herz gewachsen. Die neuen Songs bestechen allesamt mit coolen Ideen, die leider – wie bei "Starblind" – ihre Strahlkraft teilweise aus der Rezitation eigener Großtaten ziehen und musikalische allzu oft unnötige Längen aufweisen.
44 Kommentare
Gute Rezension wie ich finde. Lasst die Finger von der Double Picture Platte!!! Die ist so schlecht gepresst, das ich se Amazon um die Ohren hauen werde. Ich war so enttäuscht das ich am selben Tag noch die Cd gekauft habe.
"Ich war so enttäuscht das ich am selben Tag noch die Cd gekauft habe." Ich weiß ja, wie's gemeint ist, aber so aus dem Zusammenhang gerissen is das Zitat schon geil! ))
Also das Cover der neuen Maiden is doch eh der letzte Rotz. Sowas WOLLTE ich gar nicht als Picture-Disc ...
bin gespannt - noch keinen Ton davon gehört. Für mich war "A Matter of Life and Death" schon großes Kino, auch wenn ich da wohl mit meiner Meinung alleine stehe, da es viele Maiden-Fans für belanglos und langweilig halten. Rezensionen sind - mal so zusammengefasst - durchschnittlich. Eine Laut-Metalrezension kann man ja eh nicht ernst nehmen, da jeder Rotz seine vier Punkte mindestens bekommt.
Mann,gebt der Platte Zeit. ich meine; Ich krieg die Platte nich vom Teller
Mann,gebt der Platte Zeit. ich meine; Ich krieg die Platte nich vom Teller
"The Final Frontier" ist ein Progressive Metal-Album.
PM fand ich schon immer öde und dieses Album hat daran leider nichhts geändert.