laut.de-Kritik
Feiert den Moment, predigt Ehrlichkeit und Treue.
Review von Dani Fromm"Hold on, you're moving too fast." Dieser Fehler dürfte Jahcoustix kaum unterlaufen. Viel zu geerdet erscheint der Mann, verwurzelt in seinen Überzeugungen, ohne dabei zu verstocken. Mit Rückendeckung seiner Yard Vibes Crew legt er - einmal mehr - ein Stückchen Roots-Reggae vor, das auch die Verächter des Genres erwischen könnte.
Jahcoustix spart sich nämlich die in unseren Breiten oft als übertrieben, gar als fundamentalistisch angesehene Seite, die Conscious Reggae in der Regel inne wohnt. Statt einen wie auch immer gearteten Gott zu preisen, hinterfragt er: "What is religion for when you don't practise what you preach?", fordert: "Tell me: What do you mean when you say 'One Love'? When you say 'respect'?" Willkommene Abwechslung im Phrasen-Zirkus.
Zudem beharren der Sänger und seine Band nicht auf traditionellen Harmonien. Wohl fußt ihr musikalischer Kosmos auf dem Grund der jamaikanischen Volksmusik. Die Yard Vibes Crew öffnet ihn jedoch in Richtung Singer/Songwritertum, spitzt hie und da in dubbige Weiten und gibt sich einer Spur Pop ("Higher Grounds") oder lateinamerikanischen Rhythmen ("Take Me Away") gegenüber nicht abgeneigt.
Die Spielfreude der Beteiligten bleibt stets so hörbar wie die Vertrautheit im Umgang miteinander. Von einer Tour durch Afrika führte sie der Weg direkt ins Studio. Man hört die Routine, derer es bedarf, um jedem Instrument, jedem Solo und dem Gesang immer den angemessenen Platz einzuräumen. Satter Bandsound, trotzdem nicht überfrachtet – die Balance gelingt.
Dergestalt angenehm beschallt, breitet Jahcoustix seine Visionen von einer besseren, einer lebenswerteren Welt vor seinen Hörern aus. Statt den Prinzipien des Rastafari-Glaubens huldigt er der Entschleunigung, feiert den Moment, predigt Ehrlichkeit und Treue, beides in erster Linie im Umgang mit sich selbst.
Wenn er in "Contemporary Fool" von "downtown Nairobi" erzählt, man müsste blind und taub sein, um nicht zu verstehen: Er war dort, hat gesehen. Trotzdem: Die Grundstimmung bei Jahcoustix bleibt positiv. Aufrichtig, solidarisch und vor allem glücklich möchte er selbst sein, ehe er solches von anderen verlangt.
Auf eine echte musikalische Reggae-Revolution können wir bei diesem Mann vermutlich bis in alle Ewigkeit warten. Auch die Gäste, darunter Gentleman und Seelenbruder Sebastian Sturm, überraschen in keinster Weise, fügen sich nahezu unhörbar ins Geschehen ein. Mit dem geschickten Spannungsaufbau von "Symphony Of The Elements" oder dem ausdrucksstarken Gesang aus "Contemporary Fool" hält "Crossroads" aber dennoch echte Perlen bereit.
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Nichts negatives, und trotzdem nur 3/5?