laut.de-Kritik

The Hood Gone Love It.

Review von

Man rufe sich folgendes in Erinnerung: im Hochsommer 2011 erscheint wenige Wochen nach "Section.80" das erste offiziell als LP deklarierte Release über Top Dawg Entertainment: "Follow Me Home" von Jay Rock. Gute vier Jahre später hat Kendrick Lamar mindestens zwei genreübergreifende Meisterwerke auf dem Kerbholz und TDE avancierte vom Untergrundhype-Thema zum vielleicht relevantesten Hip Hop-Label dieser Tage. Zu dieser Entwicklung hat Jay Rock allerdings – zumindest am musikalischen Output gemessen – den geringsten Beitrag geleistet.

"90059" bietet nun dem OG im TDE-Roster die Chance, sich auf der ganz großen Bühne zu beweisen. Diese nutzt er aber, wie es vom stets geerdet wirkenden Jay Rock zu erwarten war, nicht dazu, um auf einen Bandwagon aufzuspringen, sondern um die Geschichten seiner Heimatstadt Watts, Los Angeles und somit von seinen Wurzeln zu erzählen. Allein dieser Aspekt macht die Atmosphäre auf dem knackig gehaltenen Langspieler durchgehend zum Schneiden dicht und geladen.

Nicht umsonst trägt das Album den Zip-Code von Watts schon im Titel. Unmissverständlich bringt Rock die Survival of the Fittest-Mentalität der Stadt bereits im Intro auf den Punkt: "The struggle is real/ You gotta do what you got to just to get over the hill/ When you live in America, either kill or be killed, yo/ Lord have mercy, have mercy/ I know I ain't living right and know I'm not perfect". Was auf den folgenden zehn Tracks folgt, ist Storytelling und Selbstreflektion zugleich gepaart mit dem nötigen OG-Knowledge.

Dass Jay Rock dabei mit seiner markanten Stimme jederzeit Herr der Lage bleibt, ist das eine – allerdings hinkt er styletechnisch und auch textlich dem restlichen Black Hippy-Camp hinterher. Stattdessen versucht er seine Nachteile in puncto Skills durch Präsenz und Aufrichtigkeit wettzumachen: "I don't know why niggas keep fucking with me/ These streets make it so hard to breathe" fragt sich in etwa sein Alter Ego Lance Skiiiwalker im Titeltrack "90059".

Sowieso ist Jay Rock in den deepsten Momenten am stärksten. So etwa im intimen Zwiegespräch mit Altmeister Busta Rhymes oder im Sequel zu "good kid, m.A.A.d. city"s "Money Trees", auf dem Jay anno 2012 den Sechzehner seines Lebens droppte. Wer erinnert sich nicht an die phänomenale "Every day I'm hustlin'/ What else is a thug to do/ When you eatin' cheese from the government"-Line.

Lockere Westcoast-Momente wie noch auf "Hood Gone Love It" finden sich auf der Platte somit nur spärlich. Stattdessen überwiegt eine gedrückte Grundstimmung, in der gleichzeitig jede Menge Hoffnung mitschwingt. Anteil daran hat auch die lange Produzentenliste. Allen voran J. LBS, der mit fünf (Co)-Produktion den Löwenanteil des Albums zusammenfrickelte, Tae Beast und Antydote erschaffen mit ihren soulig-düsteren Instrumentalen die richtige Atmosphäre.

Auch wenn "90059" mit zunehmender Spieldauer den ein oder anderen Durchhänger wie den etwas belanglosen Black Hippy Posse-Cut "Vice City" aufweist: Highlights finden sich trotzdem ohne jede Schwierigkeit. Somit reiht sich die Platte des ehemaligen 2010er Freshmen zwar nahtlos in die fast durchweg hochklassige Top Dawg-Diskographie ein, herausragen tut sie allerdings nicht.

Trackliste

  1. 1. Necessary
  2. 2. Easy Bake ft. Kendrick Lamar & SZA
  3. 3. Gumbo
  4. 4. Wanna Ride ft. Isaiah Rashad
  5. 5. The Ways ft. Sir
  6. 6. Telegram (Going Krazy) ft. Lance Skiiiwalker
  7. 7. 90059
  8. 8. Vice City ft. Black Hippy
  9. 9. Fly on the Wall ft. Busta Rhymes
  10. 10. Trees Deuce ft. Lance Skiiiwalker
  11. 11. The Message

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