laut.de-Kritik
Wieder nur US-Fast Food statt einer Pop-Delikatesse.
Review von Alexander CordasIn manchen Gegenden dieser Welt muss man das Stöckchen nur hin halten und der dämliche Köter springt drüber, ohne sich auch nur für einen Cent Gedanken zu machen. So geschehen - mal wieder - in den USA, wo die Kontroverse um Katy Perry fast schon philosophische Ausmaße angenommen hat. Sie solle den falschen Weg verlassen und wieder ein aufrichtiges Christenmädel werden, heißt es.
Was war geschehen? Katy singt davon, dass sie ein anderes Mädchen geknutscht und Gefallen daran gefunden hat. Boah ey! Erzkonservativer Pulleralarm um eine Geschichte, über die zwei Damen im vertrauten Zwiegespräch nur herzhaft giggeln dürften. Der PR-Gag zündete dennoch wie eine Granate und beförderte die Single nacheinander auf die Nummer eins in den USA und Deutschland. Nun kommt Katy auf Albumlänge.
Auf der CD selbst prangt eine überdimensionierte Erdbeere. Mit so einem leckeren Früchtchen bestückt, sollte der Inhalt doch gleich nochmal so gut schmecken.
Man kennt das: Auch in Imbissbuden werden einem die Gerichte anhand knallbunter Fotos schmackhaft gemacht. Da sieht die Currywurst an Pommes rotweiß tatsächlich so aus, als habe Boccuse selbst sie mit magischen Händen und noch magischeren Zutaten auf den Teller gezaubert. Beim Reinbeißen ist von der angepriesenen Herrlichkeit dann doch nur der olle Rotz übrig, den man sich schon hundertmal in den Ranzen gezerrt hat. Analogien zu "One Of The Boys" dürfen gerne gezogen werden.
Denn so oft einem Katy Perry auch als die neue Songwriting-Delikatesse angepriesen wird, am Ende bleibt doch nur wieder der altbekannte pampige Pop-Big Mac übrig. Es wäre ja auch zu schön gewesen, wenn im Windschatten der netten und nach würzigem Electroclash duftenden Nummer "I Kissed A Girl" noch mehr bekömmliches Material auf den Hörer warten würde. Stattdessen serviert uns Katy die altbekannte US-Fast Food-Nummer.
Die lyrische Heldentat "I saw a spider / I didn't scream" leitet den harmlosen Opener und Titeltrack ein, der sich um die eigene Selbstfindung dreht: Gitarre statt dem Ballett gewählt, das Alphabet gerülpst, also alles das tun, was junge Damen eben so machen, wenn der Tag lang ist. Musikalisch bewegt sich Katy hier in unaufgeregten Lilalaune-Gefilden. Schon die ersten Sekunden zeigen die Schlagseite auf, die Perrys Musik tendenziell beinhaltet: "dididi dididedididi dididi ..."
Ja, singen kann sie schon, die Gute. Es sei trotzdem die Frage gestattet, wieso einerseits immer herausgehoben wird, dass sie ihre Songs selbst schreibt, wenn dabei letztendlich doch nur immer wieder der alte Zombie MOR aus der Gruft empor steigt. Keine Frage, fürs Auto- und Formatradio eignen sich Katys Songs ganz hervorragend, was aber - angesichts vorhandenen Talents und Ausstrahlung - ganz sicher nicht ihr Anspruch sein kann.
Überhaupt sollte man sehr vorsichtig sein, wenn eine junge Dame das Etikett "freches Mädel" angeheftet bekommt. Lassen wir die Kirche doch im Dorf, hier kommt eher ein Abziehbild der 2002er Avril Lavigne im aufreizenden 50er-Outfit daher gestöckelt, als dass irgendwelcher Nonkonformismus am Start wäre.
Und während die Kanadierin immer mehr zum Musikbusiness-Kasper muitiert, die jedem noch so dummen Marketingwitz entsprechen will, nimmt Perry klammheimlich deren einstige Position ein. "One Of The Boys": gefälliger Pop, der aber außer dem treibenden "Hot'n'Cold", das Ohrwurmqualitäten besitzt, nur an kalte Küche mit Durchzug erinnert.
40 Kommentare
schrott
Die Single ansich ist schon das beinahe Nervigste, was man derzeit um die Ohren gehauen bekommt und das dann noch auf Albumlänge? Ne, danke!
Überhaupt finde ich es äußerst bedenklich, dass man mit pseudo-lesbisch-Anspielungen immer noch so einen Wirbel verursachen kann.
Hab' vorhin mal reingehört und war schwer beeindruckt. Immerhin hat Katy Perry in der Liste der Interpreten, die sie besonders beeinflußt haben, solche Namen stehen wie Queen, Joni Mitchell, Alanis Morissette, Heart, Cyndi Lauper, Joan Jett und Pat Benatar.
Es hat mich jedenfalls wirklich verblüfft, wie gut man seine Einflüsse beim Schreiben von eigenem Material verleugnen kann ...
Gruß
Skywise
Das Album find ich shcon ganz gut.
Finde nicht, dass es wieder nur ein ganz normales Standardpopalbum ist.
Waking up in vegas gefällt mir am besten
3/5
@Chrizzel:dickes word
thinking of you klingt vor allem am anfang arg nach alanis morisette!!unglaublich nerviger song.
naja das ist nicht das beste album aber i kiss a girl und hot n cold sind gute songs