laut.de-Kritik

Germanys next Lady Gaga erleidet Schiffbruch.

Review von

Millionen Mädels auf der ganzen Welt träumen von einem Lady Gaga-Dasein. Wer will es ihnen verdenken? Ein prallvolles Bankkonto, tausend bunte Perücken, ein Schmink-Set für die Ewigkeit und unzählige Paparazzi, die Tag und Nacht für Superstar-Gefühle sorgen: Der Charts-Queen aus New York City scheint bestimmt sieben Tage die Woche die Sonne aus dem Allerwertesten.

Auch die aus der Ukraine stammende Wahl-Hamburgerin Kery Fay ist ein großer Lady Gaga-Fan. Die Sängerin ist überzeugt davon, dass sie genau weiß, worauf es ankommt. Gerne hilft sie all den Nacheifernden weiter: "Wir Künstler lieben es, uns eine fiktive Welt zu erschaffen in der wir die Person sein können, die wir in dem Moment sein wollen. Man sollte keine Angst vor Veränderungen haben. Ich liebe es, mich zu verändern" Na, das klingt doch, als hätte da jemand einen richtigen Plan im Gepäck.

Gehen wir der Sache doch mal auf den Grund. Wir wissen natürlich nicht, wie Kery früher aussah. Aber schaut man sich aktuelle Pressebilder an, stellt man fest, dass die Sängerin in puncto Styling durchaus Einiges zu bieten hat.

Wie sieht es aber mit der Musik aus? Lady Gaga erfreut sich schließlich nicht NUR so großer Beliebtheit, weil sie den Verpackungs- und Vermarktungsdreh am besten raus hat. Das eine oder andere Klang-Juwel hat sicherlich dazu beigetragen, dass Madame Germanotta nun schon seit geraumer Zeit am oberen Ende der Pop-Nahrungskette steht.

Nun zu Kery Fay: Geht da was? Ihre Debüt-EP namens "Hardkiss" sorgt mit illustren Producer-Hinweisen jedenfalls schon mal vorab für hochgezogene Augenbrauen. Da saßen doch tatsächlich Kerle hinter den Reglern, die bereits für Jan Delay, Sean Paul und Pitbull zuständig waren. Respekt. Die Erwartungshaltung wird dadurch natürlich nicht gerade kleiner.

Der Song "Running" macht den Anfang und weckt beim Hörer bereits nach einer Minute Spielzeit den Wunsch, den Liedtitel schnellstmöglich in die Tat umzusetzen. Es sei denn, man steht auf synthetischen Großraumdisko-Budenzauber, der im Sommer auch immer wieder gerne zwischen rostigen Kettenkarussells und versifften Autoscooter-Sitzen für wippende Hüften sorgt. Die Hände zum Himmel, den Kirmes-Sprit zur Hand und ab dafür. Mit omnipräsenter Effekthascherei, standardisierten Retorten-Beats und Harmonie-Strukturen, die selbst einem Kinderlied-Autor die Schamesröte ins Gesicht steigen lassen, betteln die Verantwortlichen förmlich um schallende Ohrfeigen.

"Music gonna save me", heißt es im nächsten Song, der den Retter im Titel beim Namen nennt. Gerettet werden sollte allerdings der Hörer, der sich abermals mit leblosen Synthie-Flächen und viertklassigen Melodiebögen herumplagen muss. Lady Gaga, where are you?!!!!!

Der anschließende Titeltrack im Halbballaden-Modus setzt dem bis dato Präsentierten die Krone auf. Schmachtend und schluchzend legt sich Kery Fays dünnes Organ über austauschbare Eighties-Snare-Shots. Der Rummel bebt und auf den Toiletten unzähliger Tanztempel zwischen Ibiza und Lloret De Mar fallen sich besoffene Pärchen in die Arme und schwören sich ewige Treue.

Weiter geht's. Noch dreieinhalb Minuten, dann hat der Spuk endlich ein Ende. Oder sollte das abschließende "Stay Together" etwa…? Nein, natürlich nicht. Das Finale fasst den gehörten Sangria-Mumpitz der vergangenen gut zehn Minuten nur noch einmal komprimiert zusammen. Endlich geschafft. Ich habe fertig! Und an alle Mädels mit Lady Gaga-Träumen da draußen: SO wird das nichts!

Trackliste

  1. 1. Running
  2. 2. Music
  3. 3. Hardkiss
  4. 4. Stay Together

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