laut.de-Kritik
Gibts jetzt auf die Fresse?
Review von David HilzendegenVor jedem Release eines neuen Kinderzimmer Productions-Albums fühle ich mich wie ein Kind kurz vor Weihnachten: Unbändige Ungeduld und schier unerträgliche Spannung quälen mich. Die Namensveröffentlichung des neuen Werkes vor einigen Wochen änderte daran nichts. Nach den ausufernden Kreationen der vergangen Jahre, trägt die sechste Scheibe des Duos in 13 Jahren den schlicht-puristischen Titel "Asphalt".
Tragen Quasi Modo und Textor ihre Kunstform nun aus dem Kinderzimmer direkt auf die Straße? Textor ist von Ulm nach Berlin gezogen, aber muss er jetzt den Harten spielen? Vorbei das Verspielte, Verrückte und Feinhumoristische, gibts jetzt auf die Fresse?
Weit gefehlt, der neue Zögling kommt betont kinderzimmeresk daher: mal minimal, mal überladen, mal funky, mal lo-fi, aber auf jeden Fall nie langweilig. Überraschenderweise ist ausgerechnet das Intro, in früheren Alben ein Garant für berauschende Samplefeste und verschrobene musikalische Auswüchse, eher konservativ gehalten.
Ebenso einfach wie genial schleicht sich die erste Singleauskopplung "Das T" in die Beine. Dieses Drumgerüst muss einfach gebührend betanzt und benickt werden. "Wen interessiert, ob Rap fake oder echt ist / ich weiß, wann Rap gut und wann er schlecht ist / entweder man kann es oder man lässt es", ruft Textor seiner Umwelt zu. Er kann es definitiv. Bevor er mit einem Schmunzeln die negativen Aspekte des Lebens in der anonymen Großstadt in Gestalt der Nachbarn beschreibt ("Geh Kaputt"), rappt er gewohnt lässig über das groovige "Will Fulfill", meinen persönlichen Favoriten des Albums.
Nicht nur Textor läuft angesichts des grotesken Textes zu Höchstform auf ("Ich sehe nicht so aus, weil ich nächtelang Käse schreibe, sondern weil ich mir die Augen mit einer Käsereibe reibe"). Auch Quasi Modo leistet ganze Arbeit und zimmert einen kontrabasslastigen Beat zusammen, der keinerlei Wünsche offen lässt. Nebenbei erklärt der Titel noch die Essenz des Raps: "Bassdrum, Snare, Snare, ein paar Hits auf Hi-Hat-Becken, ich spreche Silben in synkopierten Sechzehntelketten." So einfach kann das sein.
Den Beweis, dass es auch anders geht, bleiben Kinderzimmer jedoch nicht schuldig: "Kickstart Mein Hirn Boom Box Mein Herz" ist ein an Störrigkeit kaum zu übertreffendes Brett. Ich erinnere mich nicht, jemals einen derart gegenläufigen Beat gehört zu haben. Das Ding ist so schwierig, wäre es düsterer, könnte es aus dem Sampler eines El-P stammen.
Wie der weiße Hai im Nichtschwimmerbecken fühle sich Textor im besagten "Will Fulfill". Bei dieser überfallartig hereinbrechenden Welle eines Tracks traue ich mich noch nicht einmal ins Wasser. "&On&On&On" verbreitet wiederum zurückhaltende Couchatmosphäre und unterstreicht perfekt Textors Geschichte einer zweifelhaften Bekanntschaft, die droht, sich nachts vor seiner Tür dem Freitod hinzugeben.
Der Rest des Albums gestaltet sich dafür um so versöhnlicher. Das mit einem Funksample untermalte "Codecs" mausert sich nach ein, zwei Durchgängen zum wahren Hinhörer. Was gäbe ich dafür, zu wissen, woher dieses Sample stammt. "Schluss mit kleinen Brötchen, Zeit zum Stollen backen" - bleibt nur zu hoffen, dass den Jungs "Der Durchbruch" endlich gelingt.
49 Kommentare, davon 6 auf Unterseiten
wo sind den die kuhlen HipHop Fans die bei jedem Aggro und Bushido Release wie wild hier posten??
Bei richtigem HipHop verschlägts euch wohl die Sprache?
Also: KinderzimmerProductions ist nix für euch, das sind nämlich keine Gangsta, wisst ihr. Die können halt rappen.
@bobi (« wo sind den die kuhlen HipHop Fans die bei jedem Aggro und Bushido Release wie wild hier posten??
Bei richtigem HipHop verschlägts euch wohl die Sprache?
Also: KinderzimmerProductions ist nix für euch, das sind nämlich keine Gangsta, wisst ihr. Die können halt rappen. »):
Und wer bist du?Die letzte Hoffnung für Rap?
Glückwunsch an freako zum ersten Artikel bei laut.de
ich bin nicht musikalisch. reicht das?
@Sodhahn (« @kungshu (« ich wusste schon vorher, dass wir unüberwindbare differnzen in sachen hip hop haben. trotzdem danke für die bestätigung, sodhahn. »):
so ein unsinn. jeder der nur ein funken musikalisch ist, muss zugeben, das der sound von kizi nahezu ungenbiessbar ist, weil zu sperrig. kizi lebt auch nur von ihrer attitüde und den texten oder was auch immer, aber auf keinsten von der mukke »):
Dazu baraucht es dann wohl mehr als einen Funken Musikalität
Mir ist nicht ganz einleuchtend wieso du meinst, Musikalität wäre nötig um dem Kizi-Sound Ungenießbarkeit zu attestieren. Im Gegenteil, ich meine es gehört ein bisschen Musikverständnis und vielleicht auch Überwindung dazu, um sich nicht von dieser Musik abschrecken zu lassen.
Und das ist imho keine Geschmacksfrage, erst wenn man sich darauf eingelassen hat und es einem trotzdem nicht gefällt, wird es zu einer Geschmacksfrage.
Hör dir mal z. B. den Basslauf bei "Das Gegenteil von Gut ist Gut gemeint" an (zum teil in der Unplugged Fassung: http://www.arte.tv/de/Videos-auf-ARTE-TV/2… )
Das Lied lebt imho von der Musik und nicht nur vom Text oder der Attitüde, von Ungenießbarkeit kann keine Rede sein. Und ähnlich verhält es sich auch mit vielen anderen kizi - Liedern.
WOW hab gerade gelesen, dass KiZi ihr letztes Konzert als Strenglimitiertes Album Rausbringen.
Am 4.12.2009 kommts raus. Muss irgendwie mien Plattendealer kontaktieren und bestellen!!!
Freude Freude