laut.de-Kritik

Jazz-Trip durch die Weed-Oase.

Review von

Insgesamt fünf Alben wollen King Gizzard & The Lizard Wizard 2017 veröffentlichen. Mit "Sketches Of Brunswick East" liegt nun das dritte vor. Kein Album des australischen Jam-Kollektivs klingt wie das andere, und so haben Stu Mackenzie und seine Mitstreiter mal wieder eine stilistische Kehrtwende in Angriff genommen. Während die ersten beiden Scheiben des Jahres, "Flying Mictrotonal Banana" und "Murder Of The Universe" zumindest noch beide in Acid Rock-Gefilden – wenn auch an verschiedenen Plätzen des Spektrums – angesiedelt waren, geht die neue Platte nicht einmal annähernd in diese Richtung.

Gemäß dem Titel hält Mackenzie es mit Miles Davis ("Sketches Of Spain") und integriert Jazz in seinen Sound, wenn auch nicht den bläserdominierten des Großmeisters. Bei ihm herrschen nach wie vor die Gitarren. Dafür arbeitete er mit Alex Brettin (Mild High Club) zusammen, was einerseits in einem noch längerem Cover-Schriftzug resultierte und andererseits in einem 37 Minuten langen Entspannungskunstwerk.

Insgesamt acht Musiker vervollständigten die von Mackenzie und Brettin auf iPhones gesammelten Songskizzen im Studio und entsprechend vielschichtig präsentieren sich die Arrangements. Man erinnert sich an The Beach Boys und progressive Beatles, aber auch an vielköpfige Jamsessions im angesagtesten Jazzclub der Stadt.

Obwohl sich dreizehn Nummern auf der CD befinden fühlt sich "Sketches Of Brunswick East" an wie ein einziges Stück. Die Übergänge erfolgen nahtlos, womöglich spielten die Herren im Studio teilweise auch einfach durch. Alles spielt vor herrlich authentischer 60s-Klangkulisse (teils auch früher), die manchmal direkt Großstadtdschungel-Flair verströmt. Im exzentrischen Jahrmarktsfunker "The Book" erklingen Sirenen, Leute murmeln in "A Journey To S(Hell)", jemand hupt, Synthesizer blubbern.

Ab und an wird es Gizzard-typisch hektisch und experimentell, meist strahlt die Musik aber vor allem Ruhe aus: "Sketches Of Brunswick East" ist Lounge Music für Leute, die sich gerne Weed-Pfeifchen anzünden. Hier klappern Reggae-Rhythmen, dort drüben tanzt ein Pärchen zu "You Can Be My Silhouette" Mambo, Mackenzie haucht soulig-romantisch ins Mikro. Wenn den Gitarristen die Smooth-Jazz-Leier zu öde wird, driften sie ins Orientalische ab ("D-Day") oder schmeißen einen dreckigen Rotary-Amp an ("Tezeta"). Sinnlich-psychedelisches Wah-Wah gehört zur Standard-Ausrüstung.

Akzente setzt auch immer wieder Mackenzies auf Harmonie und Leichtigkeit bedachte Flöte. Etwa in "The Spider And Me", wo der Bandleader gut gelaunt mit Spazierstock durch den Park flaniert und den im Hintergrund zwitschernden Vögeln zuruft: "Let me just introduce you to my friend / Under the tree / Spider and me". Später wird es Nacht im Stadtpark, was lauschiges Grillenzirpen ebenso wie aufkommender Nachtverkehr in "Dusk To Dawn On Lygon Street" verdeutlicht.

Auf krasse Ausbrüche verzichten King Gizzard & The Lizard Wizard komplett, weshalb "Sketches Of Brunswick East" auf den ersten Eindruck vielleicht etwas unscheinbar wirkt. Doch ob die Australier nun Cyborgs den Wunsch nach Kotze ins Hirn pflanzen (wie auf "Murder Of The Universe") oder grinsend die Straßen der Heimat durchkämmen (wie hier): Sie haben einen hervorragenden Blick für Details und schmücken ihre offen strukturierten Songs mit so vielen Leckerlis, dass man als Hörer unmöglich alle auf einmal entdeckt. Durch Brunswick East wird man fortan wohl öfter spazieren.

Trackliste

  1. 1. Sketches Of Brunswick East I
  2. 2. Countdown
  3. 3. D-Day
  4. 4. Tezeta
  5. 5. Cranes, Planes, Migranes
  6. 6. The Spider And Me
  7. 7. Sketches Of Brunswick East II
  8. 8. Dusk To Dawn On Lygon Street
  9. 9. The Book
  10. 10. A Journey To S(Hell)
  11. 11. Rolling Stoned
  12. 12. You Can Be My Silhouette
  13. 13. Sketches Of Brunswick East III

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