laut.de-Kritik
Tilo Wolffs Performance ist ein Armutszeugnis.
Review von Daniel StraubWie ausschlaggend gutes Marketing für eine Popkarriere sein kann, lässt sich bei jeder Meldung über Posh Spice aufs Neue besichtigen. Ob die eigene Jeans-Kollektion, der Umzug in die USA oder die Reunion der Spice Girls - alles wird ganz groß aufgezogen. Regelmäßig mutieren Mücken zu Riesenelefanten. Immer in der Hoffnung, dass es ein paar Dumme gibt, die den Schwindel nicht bemerken. Nach selbiger Strategie verfährt man auch im Hause Lacrimosa.
Das Livealbum "Lichtjahre" wird als "eines der aufwändigsten Filmprojekte in der Geschichte der Musikbranche" angekündigt. Wer jetzt noch nicht vor Ehrfurcht erstarrt ist, den beeindrucken vielleicht die Zahlen: Zwölf Länder, vier Kontinente, zwölf Kameramänner, zwei Kranführer, 18 Aufbauhelfer, drei Beleuchter, zwei Tonmänner, eine Band und über 150.000 Zuschauer - Luft holen, durchatmen. Da scheint etwas ganz großes im Gange zu sein und keiner hat etwas davon mitbekommen.
Lacrimosa, das erinnert mich zunächst an frühe Zillo-Festivals, als die Band gerade ihren ersten Hit "Alles Lüge" platziert hatte. In den folgenden Jahren entpuppte sich die Band dann als nervig-treue Konstante in Gothic-Diskos. Und jetzt das: Lacrimosa rocken den Globus und schreiben nach eigenem Dafürhalten mit "Lichtjahre" auch noch Musikgeschichte. Manchmal versteht man die Welt nicht mehr.
Meine Bodenhaftung kehrt jedoch zurück, als die CD anläuft und nach "Lacrimosa Theme" mit "Schakal" das erste Stück erklingt. Noch bevor der eigentliche Song begonnen hat, ist eines klar: Hier hat sich jemand schwer Mühe gegeben, Live-Atmosphäre zu erzeugen. Die Fans kreischen wie 1988 im Rose Bowl von Pasadena, als Depeche Mode dort ihr legendäres Konzert gaben. Nun gut, 80.000 Fans werden es bei Lacrimosa nicht gewesen sein, aber was solls: die Atmosphäre zählt und die ist Größe XXL.
Wie der Sound bei "Schakal" im übrigen auch. Dicke Streicher, mächtige Gitarren, füllige Synthies - alles klingt nach Pomp. Bis Sänger Tilo Wolff zum Mikrofon greift und sein Unvermögen offenbart. Kraftlos und mit dünner Stimme singt er gegen den Breitwandsound seiner Band an.
Seine eigenwillige Melodieführung mag man ihm hier noch als künstlerisches Moment verzeihen. Dennoch bleibt festzuhalten: Wolffs Gesang ist ein Armutszeugnis. Das einzig Positive dabei: Die textlichen Peinlichkeiten des selbst ernannten Lyrikers bleiben zumeist unverständlich.
Glücklicherweise beschränkte sich die Plattenfirma darauf, lediglich zehn von 22 Songs auf die Promo-CD zu nehmen. Der reguläre Release für den Handel erscheint selbstverständlich in luxuriöser Aufmachung, immer in der Hoffnung, dass die Hülle den mangelhaften Inhalt übertünchen möge. Übrigens: Victoria Beckhams Umzugs-Soap ist gerade grandios gefloppt.
25 Kommentare
Guten Tag,
zunächst möchte ich mal sagen das eigentlich auf dem regulären Album der 2 Titel nicht Schakal sonder Kelch der Liebe ist, aber ich weiß ja nicht wie die Songs auf Eurer Promo CD ist.
Das zweite wäre Lacrimosa mit irgendend einer so daher gelaufenen Spice Göre zu vergleichen ist ja wohl zu gut deutsch das Letzte. Tilo singt, schreibt und komponiert seine Lieder selber, was man von der einen gewissen Dame wohl eher nicht behaupten kann. Und so eine Kritik abzugeben finde ich ehrlich gesagt nicht gerade objekiv. Schon einmal auf einem Lacrimosa Konzert gewesen? Ich glaube man brauch da keine 80.000 Menschen um eine gute Stimmung zu machen.Ich geb ja gern zu das es gut abgemischt ist, aber muss ja nicht schlecht sein. Über Musik lässt sich bekanntlich ja streiten, aber eine Band die es aus eigener Kraft so weit geschafft hat so fertig zu machen, finde ich nicht gerade sehr lobenswert. Und noch etwas ich wage es mal zu behaupten das Tilo's Texte mehr Inhalt und Sinn haben als manch andere Band, vorallem auch von irgendwelchen "Spice Girls". Und vielleicht sollte man bei so einer CD Kritik vielleicht auch mal auf den weiblichen "Part" Anne Nurmi bei Lacrimosa eingehen, schließlich singt sie auch ein paar Lieder...
Danke fürs durchlesen
Thomas
PS: Antwort=> ThomasBerthel@aol.com
Ich dachte, bei dem Vergleich mit Victoria Beckham gings um Marketing und "außen hui, innen pfui" und nicht darum, wer Songs selber schreibt und sowas. Oder hab ich da was falsch verstanden? Wobei dieses Argument ja eh gerne mal gebracht wird, um angeblich sooo alternative Musik von Chartsmusik abzugrenzen. Dabei denk ich mir, dass es eigentlich wurscht ist, ob ein Bandmitglied oder irgendein Produzent die Songs schreibt: Wenn Text oder Musik schlecht ist, dann haben beide keinen Grund, drauf stolz zu sein.
Ja, okay aber Marketing hin oder her, für etwas Werbung zu machen ist ja im Grunde ja nix schlechtes und zudem würde ich ja mal fast behaupten das die Dimension zwischen den Künstlern schon extrem ist und man schon deswegen mal von einem Vergleich absehen sollte. Und was das schreiben und produzieren von Songs angeht finde ich schon das es was ausmacht ob ein anderer den Text schreibt und jemand anderes ihn dann zu besten gibt und vielleicht sagt ja meine Songs bringen dies und das zum Ausdruck...So trifft es zumindest ein und dieselbe Person. Und was ich noch loswerden wollte, Personen wie Tilo Wolff bringen sich durch Ihre Musik der Öffentlichkeit näher und nicht durch irgendwelche Hirnlose Reality-Shows von Umzügen oder sonst was dergleichen. So etwas sollte man auch nicht außer acht lassen.
Anhand dieser Rezension lässt sich doch auch schön der eigentliche Sinn selbiger hinterfragen.
Folgende Möglichkeiten stehen zur Auswahl:
1. Der interessierte Konsument möchte sich vor einem Blindkauf generell über den Sound der Platte informieren.
-> Wird's wohl nicht sein, denn es wird bis auf den Breitwandsound der Band und die dünne Stimme des Sängers überhaupt nicht auf die Musik ansich eingegangen. Is' klar, wozu auch? Dazu müsste man die Platte ja auch öfters hören und so...
2. Der interessierte Konsument, welcher vllt. kein Hardcore-Fan der Band ist, möchte sich eine "professionellere Meinung" über die Qualität der Platte einholen und interessiert sich lediglich für die Tendenz "eher gut" oder "eher schlecht".
-> Ist hier eindeutig gewährleistet, allerdings macht mir die Begründung sorgen. Nun, des Sängers Stimmchen klingt dünn. Ok. Eigenwillige Melodieführung. Nun, bei Kate Bush stört das keinen. Riesiger Aufwand, um das Konzert auf CD/(DVD?) zu bannen. Ist das denn schlecht? Warum nur ein Punkt?
3. Der Redakteur möchte sein ungeheures "Fachwissen" durch Verweise auf andere Künstler und Kindheitserinnerungen zur Schau stellen. Warum auch immer.
-> Ah ja, das trifft's! Ich hätt's zwar interessanter gefunden, wenn es zumindest band/albumspezifische Infos gewesen wären, aber natürlich interessiere mich genauso für die Spice Girls. Ehrlich!
Achja, dem Sänger sein lyrisches Talent abzusprechen, im gleichen Atemzug jedoch SOLCH eine Rezension abzuliefern zeugt auch nicht gerade von Vertrauenswürdigkeit.
Vllt. noch zur Info: Ich bin KEIN Fan der Band. Habe die Platte auch nicht gehört. Mich stört lediglich die infantile Art, selbige (scheinbar) grundlos herunterzumachen und in den Dreck zu ziehen, nur um... ja... warum eigentlich?
Als ich damals Wolff kennen lernte, konnte er weder schreiben noch singen. Er war schon sehr von sich überzeugt und arrogant. Es hat sich bis heute nicht geändert, wie peinlich…
so ein komischer mensch, der wolff
musik (???) sowieso