laut.de-Kritik
Gnadenloser Sturzflug ins Niveau-Nirvana.
Review von Artur SchulzDas neue Jahr ist noch recht frisch und rein, doch schon öffnet die übellaunige Musik-Pandora ihre gefürchtete Unheils-Box. Auf dunklen Schwaden entfleucht mit grimmiger Miene Hobby-Sängerin Christina Klein alias LaFee, und setzt erneut zum gnadenlosen Sturzflug ins Niveau-Nirwana an.
Zeigte sich bereits Album Nr. 2, "Jetzt Erst Recht", als lieb- und ideenloser Aufguss eines überraschenden Debüt-Erfolgs, rutscht "Ring Frei", was Gehalt und Stil angeht, in geradezu erschreckender Weise noch paar Gewichtsklassen tiefer. Fassungslosigkeit macht sich breit, wenn Fräulein Klein, unbeleckt von Dingen wie Kunst und Können, ein Jung-Frauenbild propagiert, wie es dämlicher einfach nicht sein kann.
Wenn das Ganze wenigstens als Spaß oder Satire getarnt wäre! Aber nein, den Machern ist es bitterer Ernst. Bereits die einzelnen Song-Titel lassen Böses erahnen: Da flattert ein "Eiskalter Engel" durch kalte Winde und philosophiert über die "Scheiß Liebe", "Angst" greift später um sich, und am Ende soll ein "Lieber Gott" dann Scherbenhaufen kehren, für die der geplagte Kerl da oben gar nichts kann.
Das Alben-Intro startet mit mit klagender Violine und bedrohlichem Mitternachts-Glockengeläut, eingerahmt von düsteren Moll-Akkorden. Dann endlich Auftritt LaFee mit dem Titeltrack "Ring Frei": Die altbekannten Rammstein-Imitationen der Alben 1 & 2 wirken noch eine Spur ranziger und abgestandener, die Stimme der jungen Künstlerin selbst scheint zwischenzeitlich noch unrettbarer in tiefsten Nena-Nöhl-Treibsand abgetaucht zu sein. Auf Dauer kräftig nervende Überphrasierungen als sich ständig wiederholende Technik und ein scheinbar unausrottbarer Hang zu aufgesetzter Theatralik durchziehen sämtliche Songs.
Von gewohnter Klasse präsentieren sich die Lyrics-Ergüsse. Ab ins künstlerische Desaster mit ein paar appetitmachenden Auszügen! Als "Ring Frei"-Highlight findet sich zum Beispiel Folgendes: "Pisst du mir ans Bein / Piss ich zurück." In der "Ich Bin Ich"-Proklamation erläutert LaFee: "Ich bin Mädchen, ich bin Frau / Manchmal Engel, manchmal Sau". Textliche Apokalypsen wimmern en masse im Fegefeuer, bis schließlich der "Liebe Gott" auch keinen Bock mehr hat: "Lieber Gott, lässt uns allein / Und die ganze Erde weint." Da wundere ich mich nicht.
Das LaFee-Weltbild ist ein schlichtes: Andere Mädchen erscheinen nur als unbedarfte, notgeile und verachtenswerte Konkurrentinnen, auf der Jungsseite regiert ein schlichter Schniepel. Weitere Beweise? Aber bitteschön: "Ihre Röcke sind kurz, ihr Gehabe ist billig / Ihre Absätze hoch, sie ist blöd, aber willig." So bleibt einer Checkerin vom Schlage LaFees nichts anderes übrig, als zu konstatieren: "Sie ist overdressed / Ich hasse sie wie die Pest." (aus: "Was Hat Sie")
LaFee 2009: Zarte 18 geworden, doch irgendwie schon früher irgendwo stehengeblieben. Ebenso verhält es sich mit der Frische ihrer dargebotenen Ware. Da handelt es sich mehr um die Güteklasse verschmurgeltes Brathühnchen statt um ein saftiges, schmackhaftes Suppenstück aus der Musik-Küche. Es gilt also: Ordentlich, anständig und nahrhaft satt wird man woanders.
Doch weil's so schön war, einen hab' ich noch! Aus "Eiskalter Engel": "Du willst in eine Villa mit Pool / Dann treibst du's mit dem Gärtner, der Chauffeur sieht zu / Und kommt der reiche Sack doch mal früher nach Haus / Gehst Du dafür auf die Knie und bläst die Kerze aus."
Hallelujah!
253 Kommentare
"LaFee 2009: Zarte 18 geworden, doch irgendwie schon früher irgendwo stehengeblieben."
ist die jetzt tatsächlich dumm, oder einfach nur ignorant bezüglich ihrer inhalte im verhältnis zur verdienten kohle?
"Du willst in eine Villa mit Pool / Dann treibst du's mit dem Gärtner, der Chauffeur sieht zu / Und kommt der reiche Sack doch mal früher nach Haus / Gehst Du dafür auf die Knie und bläst die Kerze aus."
Großartig!
Als schlechter Witz funktioniert das. Ich habe mich beim Lesen köstlich amüsiert.
Wieder mal eine Review die in eine neue Comedy-Sparte gehört, das hat ja mit musik nichts zu tun, aber lustig zu lesen
was hast du denn 1995 gehört?
rednex, e-rotic und die kelly family, oder?
Hauptsächlich Hosen und Ärzte.
Und denen unterstelle ich dann doch ein wenig mehr Klasse als LaFee.
Und die Kellys hatte man 1995 scheiße zu finden!
Herrlich
Oder traurig?
Das Schlimmste ist wohl, dass Lieder wie "Ring Frei" gerade wegen schlechten Kritiken entstanden sind. Wir sollten also aufhören, sie bzw. ihre lieben Texter so anzustacheln, sonst wird das nächste Album noch schlmmer!!!