laut.de-Kritik

Eskalation mit Deutschlands bester Indie-Band.

Review von

Leoniden sind das aktuell heißeste Eisen in der deutschen Musiklandschaft. Das selbstbetitelte Debüt, im kalten Februar 2017 erschienen, setzte mit zwölf verdammt tanzbaren Songs ein erstes Ausrufezeichen im undurchsichtigen Indie-Rock-Pop-irgendwas-Gewühl.

"Again" konserviert dieses Mittelmeer-Feeling und erscheint sicherheitshalber erneut in einem kalten Monat. Wobei ich die Vorabsingle "Kids" schon im Sommerurlaub in Spanien genießen durfte. Und es spricht ja nichts dagegen, dieses Album im kommenden Sommer wieder hervorzuzaubern, denn "Again" ist richtig gut geworden.

Zwischen beiden Alben liegen zwei Festivalsommer, in denen die Leoniden als Band noch ein Stück weiter zusammengewachsen sind. Nur eine Band mit eingeübten Routinen wechselt innerhalb eines Songs so spielend die Richtung, ohne alles zu zerschießen. Am krassesten fällt diese Transition in "One Hundred Twenty-Three" aus, das mit Marschmusik-Schlagzeug den Indie-Rock-Olymp anvisiert, um kurz vor Schluss von einer Synthesizer-Melodie in House-Gefilde entführt zu werden.

Der Opener "River" legt zu Beginn ebenfalls Leuchtfeuer und verschleiert seine wahre Natur. Ruhig lullt ein Chor den Zuhörer in der warmen Sessellehne ein, Streicher und Drums strahlen eine hypnotische Wirkung aus, nur vereinzelt erklingt ein Klavier-Akkord. Erst wenn die Gitarren über den Song hereinbrechen, nimmt die Band die Festivalbühnen des Landes ins Visier. Im Outro versöhnen sich dann gar die leise Strophe und der laute Refrain, während eine 80er Jahre-Pop-Gitarre ihren großen Auftritt hat.

Sänger Jakob Amrs variables Falsett steht nach wie vor im Vordergrund. Stets fordert er sein Stimmvermögen heraus, um manchmal wie in "Why" noch einen draufzulegen und selbst in der Kopfstimme einfach weiter die Tonleiter hoch zu klettern. Der aus dem Opener bekannte Chor taucht erneut auf und kontrastiert diesen Kraftakt angenehm weich.

Am stärksten ist die Platte aber, wenn sie sich druckvollem Rock hingibt. In "Down The Line" lässt der Refrain alle Begrenzungen hinter sich und verschwindet in einem Wirbel aus Gitarre und Schlagzeug. Die nächste Festivalsaison mit mitgrölenden Hipstern kommt garantiert. Ebenso das eingangs erwähnte "Kids", das verhalten beginnt, im Refrain aber eine klare Richtung vorgibt: "Fuck it all, we kill it tonight!" Dazu erklärt Jakob gleich noch die Philosophie der Band: "I never sleep cause sleep is the cousin of death."

Verständlich. Wer will schon schlafen, wenn er in der aktuell besten Indie-Band Deutschlands eskalieren kann?

Trackliste

  1. 1. River
  2. 2. Kids
  3. 3. Alone
  4. 4. Down The Line
  5. 5. Pople
  6. 6. Why
  7. 7. Colorless
  8. 8. One Hundred Twenty-Three
  9. 9. Not Enough
  10. 10. Slow

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