laut.de-Kritik
Mit wehenden Taschentüchern frontal auf die Tränendrüse.
Review von Magnus HesseSich heutzutage aus der Sintflut an schmachtenden und winselnden Singer-Songwritern abzuheben, ist gar nicht mal so einfach. Auch Luke Sital-Singh gelingt das mit seinem Debüt nicht. Schließlich kann nicht jeder wie Bonnie Prince Billy oder Justin Vernon klingen. Das hält leider die wenigsten davon ab, es trotzdem zu versuchen.
Im Opener "Nothing Stays The Same" luken nicht nur bei dem "Uh-hu"-Background-Gesang im Intro des "Garden State"-Fans die Shins zum akustischen Gitarren-Pattern um die Ecke. "Greatest Lovers" ist dagegen völlig einfältiges Gedudel, das in der endlos geleierten, schnöden Hookline "We'll become the greatest lovers / the greatest lovers the world has ever seen" gipfelt.
Mit dem verträumten Akustik-Riff in "Bottled Up Tight" bewirbt sich der Brite für den Soundtrack des nächsten Zach Braff-Films. Eigentlich kann er da gleich sein ganzes Album hinschicken. Eine Cover-EP mit dem Titel "The Film Songs" hat Sital-Singh ja schließlich schon veröffentlicht. Drei mal darf man raten, welcher Titel da an erster Stelle steht.
"21st Century Heartbeat" stellt mit etwas mehr Beat, Phaser-Gitarre und einem variierten Flow anfangs eine willkommene Abwechslung dar, würden nicht auch hier in Endlosschleife einfallslose Chorus-Zeilen heruntergebetet. Die Allerwelts-Ballade "Lilywhite" stapft danach mit wehenden Taschentüchern frivol auf der geschundenen Tränendrüse herum.
Obwohl mit Inbrunst und großem Weltschmerz in der Brust vorgetragen, plänkeln die Songs nur so dahin. Außer "I Have Been A Fire": Hier röhrt sich der Romantiker einem dramatischen Klimax entgegen, der zuerst nach Westlifes "You Raise Me Up" und später nach Bon Jovi klingt. Und wer sagt's denn: Hier gibt's sogar so was wie ne Bridge, inklusive Soundwall wohl gemerkt.
Das scheinbar um den Aufwach-Effekt bemühte "We Don't Belong" würde in der Strophe gerne ein bisschen wie Arcade Fire klingen, versackt dann aber in einem gähnend euphorischen Refrain-Brei. "Benediction" ist dann ein weiterer, zum Glück finaler Schmachtfetzen vor dem Herrn.
Unterm Strich kann man sich diese Scheibe bei einem gediegenen Glas Rotwein ja mal anhören. Über Lagerfeuer-Romantik und Hans-guck-in-die-Luft-Genudel kommt Luke Sital Singh leider nur selten hinaus. So bietet "The Fire Inside" zwar ein paar ganz nette Gesangspassagen - alles in allem aber versinkt das Album in allzu gewöhnlichem und unoriginellem Geseufze und buhlt so etwas zu plump um Gänsehaut.
1 Kommentar
Irgendwie habe ich das Gefühl, dass hier zurzeit jedes Songwriter-Abum eine schlechte Kritik abbekommt. Mir gefällts.