laut.de-Kritik
Pseudosoul-Geschnarche mit Muffsockenfaktor.
Review von Sven KabelitzMayer Hawthorne hat es faustdick hinter den Ohren. Das beweist er immer wieder. Um seine Alben herum platziert er die ein oder andere gekonnte Single, einen exzellenten Gratis-Download ("Impressions – The Covers EP") oder er lässt bei einem Booker T. Jones-Feature mächtig die Korken knallen.
Auf Albenlänge ging ihm hingegen mit "A Strange Arrangement" und "How Do You Do" schon die Luft aus. Mit Longplayer Nummer drei nähert sich Hawthorne zielstrebig einer Fußballfloskel, mit der sich wohl kaum einer gerne betitelt sieht: das ewige Talent. Der Lars Ricken der Soul-Musik.
Für "Where Does This Door Go" sortiert sich Hawthorne neu. Sein Falsett-Gesang gehört der Vergangenheit an, nun säuselt er in moderater Tonart. Den Sound zwischen The Temptations und The Delfonics hat der Barde für sich abgehandelt, die Yuppie-Jahre stehen mit massivem Synthesizer-Einsatz vor der Tür. Doch die neue Umgebung wirkt wenig authentisch, eher wie eine Verkleidung. Das dritte Werk liefert nicht viel mehr als Achtziger-Pseudosoul-Geschnarche mit hohem Muffsockenfaktor.
Machte der Amerikaner bisher alles auf eigene Faust, holt er sich nun mit Pharrell Williams, Jack Splash, Greg Wells, John Hill und Jake One namhafte Produzenten und Gäste an die Seite. Hawthorne gibt die Zügel aus der Hand. Doch während diese Vagabunden nach getaner Arbeit das Studio verlassen, bleibt der Sänger mit dem leidenschaftslosen Resultat alleine zurück.
"Whe just wonna party / Just wonna rock all night / Don't wonna hurt nobody / No need to be uptight", verkündet Hawthorne an der Seite von Kendrick Lamar seine frohe Botschaft. Im Grunde ist damit alles gesagt. Die weiteren Texte liefern keine neuen Einsichten. Aus jeder Ritze von "Where Does This Door Go" strahlt unerbittlich die Sonne. Im ersten Moment bleibt gegen diese Einstellung wenig einzuwenden, auf Albumlänge wirkt manch ein Sommer, Sonne, Sonnenschein-Textlein dann aber doch ein wenig zu beliebig und eindimensional. "Sperr die Ohren auf, hör auf meinen Reim / Lehn dich zurück und - lass die Sonne rein!"
Mit der Musik verhält es sich kaum anders. Kann man dem Beginn aus "Back Seat Lover" und "The Innocent" mit seinen Steely Dan- und Hall & Oates-Anleihen vielleicht noch etwas abgewinnen, verfällt "Where Does This Door Go" mit weiterem Verlauf tiefer und tiefer in ein immer gleich bleibendes Schema. Der Pressezettel beschreibt dieses kryptisch und typisch ekstatisch als "Steely Dan meets Beastie Boys". Ich habe es jetzt mehrfach gehört. Wer als erstes eine Spur der Beastie Boys entdeckt, darf sie behalten.
Hawthorne verkommt zu einem Justin Timberlake für Arme. Kaum geht Mayer in "Her Favorite Song" mit hartem Funk-Basslauf aus sich heraus, bremst er sich mit schalem Gesang und "Papaparapaprapa / The world keeps turning it goes on"-Sängerinnen wieder ab. "Allie Jones" spielt halbseiden und schlampig mit Dub-Elementen, ohne wirklich zu begeistern. In "The Only One" bedient er sich gar bei Britneys "...Baby One More Time", doch die hatte Timberlake auch schon lange vor ihm.
"Wine Glass Woman" tönt wie so ziemlich alles, in das der momentan wieder allgegenwärtige Pharrell seine Finger tunkt. Locker könnte sich die Neptunes-Häfte mit diesem Track nach "Get Lucky" und "Blurred Lines" als dritte deutsche Nummer eins mit seiner Beteiligung das Triple 2013 holen. Gleichzeitig umströmt den ewig gleichen Bauplan ein gewisser Stock Aitken Waterman-Charme. Mit dem Titelsong jault sich Hawthorne dann doch noch einmal kurz zurück in die 1960er.
"Where Does This Door Go"s größtes Problem stellt seine Oberflächlichkeit dar. Natürlich finden sich auch hier der ein oder andere nette Refrain oder lässige Beat. Hawthorne verfügt über zu viel Geschick, um über einen ganzen Longplayer ohne selbige auszukommen. Doch kein einziger Song brennt, vermittelt Gefühle oder ähnliches. Viel mehr verlässt sich der talentierte Soulsänger auf Musik vom Reißbrett. Er hechelt dem Zeitgeist hinterher und liefert vierzehn halbgare B-Seiten zu Daft Punks "Get Lucky". Zwar verlässlich wie ein VW Golf, aber ebenso "skudebebubedebupdupnbedupndubah" herz-, seelenlos und austauschbar.
2 Kommentare
So können die Meinungen auseinander gehen. Ganz klar 5 Sterne, Mayers bestes Album bisher.
Das scheint auch die einhellige Meinung der Nicht-Kritiker zu sein, soweit ich das in den Kommentar-Spalten der Blogs und den Musik-Foren überblicken kann.
Und auch eines der besten "Soul"-Alben, die bisher dieses Jahr rausgekommen sind.
Gerade "Allie Jones" und "Back Seat Lover" sind alles andere als langweilig. Sondern meisterhaft verpackte Pop Songs. Wer hier aber was anderes als eingängige Pop-Melodien erwartet, der wird sicher enttäuscht, und sollte auch sonst die Finger vom Mayer lassen.
Also, ich bin keine "Fachfrau", aber mir gefällt das Album einfach nur unheimlich gut. Und ich freu mich waaaaaaaahnsinnig drauf Mayer nach 2 Jahren endlich wieder live zu sehen . Wenn ich seine Musik höre kann ich einfach nicht still sitzen und muss tanzen, tanzen, tanzen.