laut.de-Kritik
Vielleicht sollte Mel C besser Gedichte schreiben.
Review von Kai ButterweckKnapp sechs Jahre nach ihrem letzten Soloalbum "The Sea" will das ehemalige Würz-Girl Melanie C den Beweis erbringen, dass sie in ihrem hauseigenen Kling-Klang-Schränkchen immer noch genug Salz und Pfeffer am Start hat.
Filetiert man das neue Sporty Spice-Studiowerk in zwei Hälften, fällt schnell auf, dass die Verantwortliche textlich mittlerweile mehr auf der Pfanne hat als alle ehemaligen Spice Girls-Ghostwriter zusammen. Mit ordentlich Tiefgang und viel Mut zur Offenheit reflektiert Mel C die Aufs und Abs ihres Lebens ("Dear Life"). Danach nimmt sie sich die Konsumgesellschaft zur Brust ("Escalator"), analysiert ihre letzte gescheiterte Beziehung ("Anymore") und macht sich stark für große Gefühle ("Numb"). Natürlich kommt auch die erfolgreiche Zeit mit ihren Ex-Kolleginnen nicht zu kurz ("Our History").
Würde einen jetzt auch noch der begleitende Soundtrack aus dem Sessel reißen, hätte die Brünette alles richtig gemacht. Tut er aber leider nicht. Gemeinsam mit ihren Studio-Mitstreitern Peter Vettese (Pet Shop Boys, Annie Lennox, Dido), Adam Argyle (Diana Vickers) und dem Produktions-Duo Sons Of Sonix (Stormzy, Tinie Tempah, Ariana Grande) klettert Mel C die Chartsleiter rauf und runter.
Ein bisschen Dubstep hier, eine Handvoll R'n'B-Pop da, und obendrauf eine Prise Allerwelts-Funk mit zuckersüßem Streicher-Sahnehäubchen.
Mehr als standardisierter 08/15-Elektropop bekommt Mel C nicht zustande. Weder das hibbelige Disco-Monster "Anymore", noch die abschließende Trip-Hop-Stolperfalle "Blame" verdienen sich Musik-Gütesiegel. Auch der leblose Retorten-Pop, der das eröffnende "Dear Life" von einem Tal der Tränen ins nächste kickt, kommt über den Fahrstuhlmusik-Status nicht hinaus.
Einzig Mels kunterbunter Blick in den Rückspiegel lässt kurzzeitig aufhorchen ("Our History"). Hier werden Erinnerungen geweckt an große Spotlight-Momente, Hits am Fließband und selbstbewusst vorgetragene Girl-Power. Das ist aber natürlich viel zu wenig, um im Konzert der Großen mitspielen zu können.
Vielleicht sollte Mel C in Zukunft lieber Gedichte schreiben oder sich mit ihrer immer noch beeindruckenden Stimme einer Band anschließen, die weiß, wie man gehaltvollen Texten ebenso hochwertige Musik zur Seite stellt. Dann klappts vielleicht doch noch mit dem zweiten musikalischen Frühling im Hause Chisholm.
6 Kommentare mit einer Antwort
Bow-hey??! Selten lag meine Meinung zu einem Album dermaßen weit entfernt von der des Rezensenten! Und ich glaube Herr Butterweck liegt mit seinem Verriss daneben. Für mich ist es eines der besten (Pop-)Alben von 2016. (UK Release Date) Leute, anhören würde ich es mir auf jeden Fall!
Hört nicht auf beekaydottv! Das ist eine Falle!
Bow-hey, ist das Album beschissen und Butti liegt mit seinem Verriss goldrichtig. Der Konsens liegt sehr nah an der Meinung des Rezensenten. Eines der schlechtesten Alben von 2017, so viel ist safe wie 1 Geldspeicher. #deutschereleasedatesfirst
Nichtanhörung wird ausdrücklich empfohlen.
Ungehört 1/5 wegen dem komischen Zahn!
Dieser Kommentar wurde vor 7 Jahren durch den Autor entfernt.
Ich bin gespannt!
"Northern star" war wirklich gut. Danach gabs noch passable Einzelsongs. Schade, dass ihre Solokarriere bisher so mau verlief. Talent hat sie nämlich.
Leider verlieren sich gerade so viele im unterkühlten Elektro-Pop-Zug, der nach nirgendwo führt.... und Mel fährt hier auch noch zweite Klasse.