laut.de-Kritik
Sechs neue Outtakes zum Jubiläum.
Review von Simon Conrads"2011 geht es um Reduktion", schrieb Michael Schuh zu "The English Riviera" vor zehn Jahren. 2021 kann dasselbe behauptet werden. Nur, dass es diesmal um die Reduktion sozialer Kontakte und überhaupt des sozialen Lebens und nicht nur um Soundarrangements. Funktioniert das Album in seinem zehnten Lebensjahr also besonders gut, weil der abgespeckte Sound zum abgespeckten Leben passt?
Ja, tatsächlich. Die sechs Outtakes, die Metronomy für die Jubiläumsversion aufbereitet haben, beweisen vor allem, dass die Briten um Klangtüftler Joseph Mount 2011 ein gutes Händchen bei der Songauswahl hatten. Denn für das Ursprungsalbum gilt noch immer, was hier schon 2011 geschrieben wurde: "'The English Riviera' ist Metronomys bisheriges Meisterstück".
Dabei sind die neuen Stücke nicht schlecht oder gar unhörbar. Im Gegenteil, aber sie fügen keine neuen Facetten hinzu, haben wenig Hit-Potential und funktionieren eher als kleines Geschenk für die Fans. Den Auftakt macht das kurze "Aquarius", das ebenso wie das abschließende "Jazz Odyssey" auch gut in einer Spotify-Playlist namens 'Late Night Jazz' an einem vorbeirauscht. Beide stützen sich auf ein charmantes Zusammenspiel von Piano, Bass und Drums und verzichten auf Gesang.
Spannender gestalten sich die vier Titel dazwischen. "Picking Up For You", ein Instrumental, das nun mit Text daherkommt, treibt eine Drum-Machine an und wirkt zu Beginn schwer und sperrig. Mit dem Einsetzen der Piano-Akkorde und später Gitarre geht der Song dann aber in eine sympathische Schwelgerei über. "French Organ" erinnert an Videospielmusik aus der 8-Bit-Ära, bietet unterhaltsames Synth-Wabern und kommt erneut ohne Mounts Stimme aus. Die Highlights unter den neuen Stücken sind "Friends" und "The Ballad Of The 17 Year Old". Beide Titel sind auch am stärksten ausformuliert.
"Friends" kommt mit schleppendem Beat zwar nie richtig in Fahrt, macht aber dank prägnanter Bass-Läufe und Synth-Spielereien Spaß. "I should say it's time we sat down / We'll let your friends get back now / I never said they're boring / It's just the way they're talking", heißt es in dem Stück, und die Musik spiegelt die Nervosität oder das Unwohlsein in unangenehmer Gesellschaft wider. Der Song beweist einmal mehr, wie gut die Band darin ist, vor einem repetitiven Hintergrund mit viel Variation bei Instrumentierung und Melodien zu glänzen.
"The Ballad Of The 17 Year Old" ist der eingängigste der Outtakes und begeistert mit dem zentralen Motiv und der textlichen Abhandlung jugendlicher Gefühlswirrungen: "Don't hate me for hurting / Sometimes things stop working". Dazu schiebt die Kombination aus Drums und Arpeggiator-Synths, die den Gesang nahezu übertönt, richtig gut an. Lediglich gegen Ende scheint dem Stück etwas die Puste auszugehen.
So bleibt diese "10th Anniversary Edition" vor allem ein Anlass, die großen Metronomy-Hits wie "The Look", "The Bay" und "Everything Goes My Way" mal wieder in die eigene Rotation zu nehmen und spendiert als Bonus die Möglichkeit, etwas tiefer in die damaligen musikalischen Ideen Metronomys einzutauchen. Und wenn es dieses Jahr schon wieder nicht mit der italienischen Riviera klappt, stillt wenigstens der sonnig melancholische Sound ein bisschen die aufgestaute Urlaubslust.
2 Kommentare mit 4 Antworten
Schwanken immer zwischen Ohrwurm und völlig ekliger Cheesyness. Werd mal durchskippen, wird aber wieder nur für 1-2 Songs reichen...
"Immer" schließt folgerichtig das Mutteralbum mit ein? Sehr poppig sicher, meinetwegen auch glatt und seicht, aber cheesy im Sinne von kitschig finde ich es wirklich gar nicht. Ohrwürme noch und nöcher stimmt dafür natürlich Eines der besten Pop-Alben der 10er, ma sagen.
War dann falsch formuliert, käsig eher im Sinne von manchmal etwas ne Spur zu disharmonisch für meinen Geschmack. Es soll ja nicht zu gefällig sein, aber eben auch nicht nerven
Dieser Kommentar wurde vor 3 Jahren durch den Autor entfernt.
Ok, das kann ich schon besser nachvollziehen. Ich finde zwar, dass ein bisschen Schiefe gerade so einem braven Sound gut steht, aber das muss man auf keinen Fall so sehen, klar. Könnte überhaupt mal wieder was von denen hören, fällt mir gerade auf, hab trotz ER-Fantum weite Teile der Diskographie verschlafen.
Schönes Anniversary-Album. Die neuen Stücke passen richtig gut ins Gesamtbild hinein. Hätte nicht gemotzt wenn die Songs schon vor 10 Jahren mit Release von „English Riviera“ veröffentlicht wären.
Unfassbar das es schon 10 Jahre her ist, als ich „The Look“ das erste Mal hörte.
Ziemlich zeitloses Teil und irgendwie bis jetzt meiner Meinung nach in Würde gealtert!