laut.de-Kritik
Altmodische Sounds für Nerds und Charts.
Review von Janosch MüllerMit "Wait For Me" nimmt Moby einen zweiten Anlauf zu einem, wie er sagt, sehr persönlichen Album. Der erste, "Animal Rights", floppte 2001 beachtlich. Vielleicht hatte Moby sich zu sehr zwischen alle Stühle gesetzt: Fast jeden Track füllten wilde Punk-Riffs. Zu einem wuchtigen, aber klanglich ganz unpunkmäßig polierten Sound sang er sensible Texte wie aus dem Tagebuch. Keine Mischung für jedermann.
Als erstes Stück ein zähes Instrumental zu nehmen, war wahrscheinlich auch keine gute Entscheidung. "Wait For Me" beginnt wieder mit einem Instrumental, aber das ist diesmal gut. Danach überlässt Moby das Singen meist anderen. Das ist sogar sehr gut.
Zwar baut das ganze Album auf altmodisches Equipment, aber erst bei "Shot In The Back Of The Head" glänzt es richtig: Beide Stereokanäle wurden auf verschiedene Tapes aufgezeichnet, das gab es seit den Beatles nicht mehr so oft zu hören: Das Schlagzeug kommt ausschließlich von links und die gerade noch als solche zu erkennende Gitarre ganz von rechts. Zwischen die beiden webt Moby einen todschicken Klangteppich.
Dann singt Moby doch mal selbst: "Mistake"! Die Halbwertszeit der Stücke ist deutlich größer, wenn andere das Mikro in die Hand nehmen. Neben Stars wie Leela James finden sich da auch einige unentdeckte Talente. Melody Zimmer etwa verleiht dem im für Moby ungewöhnlich getragenen Tempo gehaltenen "JLTF" so viel Glanz, dass auch die Schlichtheit der Lyrics und das altbekannte Klavierschema nicht weiter stören.
Neben Stücken, die wie "Hope Is Gone" auch einige Jahre auf dem Buckel haben könnten, gibt es einige, die noch experimenteller sind als "Shot In The Back Of The Head", zum Beispiel das kaputten Effektgeräten abgerungene "Stock Radio". Es fehlt also nicht an Material, das auch Musik-Nerds bedenkenlos vorgespielt werden kann, die sonst Leuten die Freundschaft kündigen, wenn sie "Chartsmusik" in ihrem CD-Regal entdecken.
Doch mit anderen Titeln greift Moby wieder tief in die Mottenkiste; "Study War" etwa fördert zutage: Das sanfte Klavier-Plingplong, das plätschernde Schlagzeug, eine recycelte Streicherfläche und Lamentationen über den noch ausstehenden Weltfrieden. Offenbar hat er noch immer ein großes Talent dafür, sich zwischen die Stühle zu setzen.
9 Kommentare
Gutes Album, mir gefällt es besser als Last Night.
Allerdings höre ich ihn gerne Singen, deswegen mag ich Hotel immer noch lieber.
Musikalisch ziemlich unterschiedlich zu seinem letzten Album, viele Streicher und nur wenige Beats, ruhig und Atmosphärisch.
für mich bleibt "Play" unschlagbar, aber werde mal reinhören, von der kritik her klingt es ja zumindest interessant
shot in the back of the head haut mich gerade mit so einer Wucht um
ich bin auch seit langem mal wieder von einem moby album sehr angetan *wow*. das hier ist wirklich richtig gut. vor allem pale horses und shot in the back of the head liegen mir sehr. der rest ist aber auch richtig gut und wirkt endlich mal richtig ausgewogen (ging mir bei 18 noch nicht so).
Ich habe vor der 18 noch nie so eine musik gehört. Eine Symbiose quasi von easylistening und elektro.
Sein bestes Album nach Play. 18 Hotel waren zwar schön anzuhören, aber jetzt bin ich wieder einmal richtig begeistert von einem Moby Album.
Und "Shot in the back of the head" ist der absolute Hammer. Spielt ja fast schon in der Liga von "Porcelain" und "Everloving"