laut.de-Kritik
Schlager mit der Aura eines Kirchentags
Review von Dominik LippeMonika Martin lädt regelrecht zur Parodie ein. Sie veröffentlicht kein Album, nein, sie bringt "ein Baby musikalischer Natur" zur Welt, wie sie es gegenüber Radio 700 einmal salbungsvoll ausgedrückt hat. Das "weinerliche Gewimmer" ihres Songs "Milchkaffee Am Morgen" verspottete Oliver Kalkofe einmal, indem er sie als gleichmütige Killerin spielte, die ihrem Ehemann eine "Extraportion Zucker mit Zyankali unter den Milchschaum gerührt" habe und sich nun an ihre "lieben Schwestern inner- und außerhalb der Geschlossenen" wende. Die Österreicherin birgt ungeahntes Comedy-Potenzial.
Kurz deutet "Diese Liebe Schickt Der Himmel" eine Power-Ballade an, bevor es zu einem gehauchten Plädoyer für die platonische Liebe zusammenschrumpft. "Es gibt eine Liebe ganz frei von Begehren", stimmt sie einen schwülstigen Abgesang auf die Romantik an, "Sie will nicht erobern, sie will uns nur finden. Sie will nicht verführen, nein, sie will nur verbinden." Monika Martin setzt auf die Aura eines Kirchentags, wo sich die Menschen maximal an den Händen halten. Damit grenzt sich die unbedarfte Sängerin von polyamoren Kollegen wie Roland Kaiser mit ihren Träumen von der Ménage-à-trois ab.
Wenn sie sich doch einmal der romantischen Liebe widmet, verfällt sie gleich in Bum(m)sschlager. In "Bevor Es Nacht Wird" müht sie sich zu einer schalen Kopie Helene Fischers. Der Storyteller "Und Er Singt" schildert Auf- und Abstieg einer Liebesbeziehung. Beinahe gehässig beschreibt Monika Martin wie nur noch "Zoff statt Zärtlichkeit" und "ein völlig resigniertes Paar" zurückbleiben. Die Vergänglichkeit der Liebe steht auch im Zentrum von "Nie". "Es ist die Zeit, die vor keinem Glück halt macht, mich ständig nur auslacht, wenn ich an dich denke", wispert sie mit vor Selbstergriffenheit zittriger Stimme.
Als Kind muss die Österreicherin in einen Topf voll Schmalz gefallen sein. Feierlich berichtet sie in "Liebe Die Zeit" von einer spätsommerlichen Begegnung am Hafen mit einem alten Mann, der sie nötigte, sich seine Lebensweisheiten anzuhören. "Liebe die Zeit, die dir bleibt. Mach dein Leben zum Fest", singt sie fest verankert im blauäugigen Schlager. Umso überraschender hält im letzten Part plötzlich modern gemeinter Autotune und ein Background-Chor Einzug in die antiquierte Umgebung. Zum Teil weckt Monika Martin auch Assoziationen zur Musik aus Zeichentrick-Filmen der Marke Disney.
Auch im Verhältnis zu den eigenen Eltern stellt sich Zeit als rares Gut heraus. "Mama" widmet sich dieser besonderen Mutter-Tochter-Beziehung, die Martin bis zum beklemmenden "Psycho"-Niveau hochschunkelt: "Mama, komm' halt mich, ich brauch' dich, will dich nicht verlieren. Ich bleib' immer bei dir, alles wird gut." Belastend fällt auch "Du Liebst Mich Wie Ich Bin" aus, das sich eng an "Ein Bisschen Frieden" entlanghangelt. Dem Rest-Geschmack versetzen die Mouskouri-Adaptionen "Und Die Stille Lebt" ("Le Temps Qu'il Nous Reste") und "Ich Hab Geträumt" ("Ècoute") den pathetischen Todesstoß.
Doch "der Mensch ist nicht alleine auf der Welt". In "Liebe Für Jedes Tier" wendet sie sich ihren animalischen Begleitern zu. "Sie haben eine Seele, die verletzlich ist wie wir", säuselt die seit 2018 vegetarisch lebende Sängerin, als kandidiere sie um den Ratsvorsitz der EKD. Gegenüber Radio 700 hat Monika Martin das Stück vorab verteidigt. "Es macht kein schlechtes Gewissen", stellte sie bewusst heraus, wohl um zu vermeiden, als Beschuldigte in der nächsten Wurstdebatte über "Zwangsveganismus" von Markus Söder und Hubert Aiwanger zu landen.
Solche Zuspitzungen bekümmern die Österreicherin im Übrigen nur überschaubar, wie ihr Reaktion auf die Persiflage in "Kalkofes Mattscheibe" zeigt. "Ich bin sogar stolz darauf, parodiert zu werden, denn das musst du erstmal erreichen. Ich finde es schön, wenn man so wahrgenommen wird", erzählte sie unlängst dem Steiermark Magazin, "Menschen, die über diese Art von Musik lachen, haben einen Grund mehr, fröhlich zu sein. Und jene, die meine Musik als Seelentröster wertschätzen, nehmen diesen Ulk nicht ernst." In diesem Sinne sei Monika Martin jeder Erfolg gegönnt.
3 Kommentare mit 3 Antworten
Ob das fair Bewertung ist?=
Da sprich nur der Neid aus den!
War Sie schon immer eine Frau? Ich frag ja nur.
5/5
Und wenn?
Also, öhm - keine Ahnung, ob die Musik der Dame gut oder schlecht ist, aber auf den Kirchentag lass ich nix kommen! Hab meine erste Freundin dort kennengelernt, außerdem gab es coole Konzerte und Diskussionen. Fahr mal hin, mach Dir selbst ein Bild!