laut.de-Kritik

Neues für die Neue Deutsche Welle.

Review von

Nand geht gerade noch als Newcomer durch, der mit den konventionellen Mustern der jungen, deutschsprachigen Musikszene bricht: Gitarre tauscht er gegen Trompete, Indie bleibt bei ihm nur ein kleiner Bestandteil. Jung ist Nand mit Mitte Zwanzig auch, neu allerdings nicht. Bereits 2019 veröffentlichte der gebürtige Franke seine erste EP, 2020 folgte sein erstes Album "Gutgehen" und die kleineren Sommerhits "Wohlfühlen" und "Aperol Spritz". Aktuell startet er durch, beinahe ausverkaufter Tour und Album Nummer drei sei Dank.

13 Tracks umfasst "Wie Es Ist", das er wie auch schon zuvor mit einigen Instrumentals abstimmt. Auf das gedankenverlorene "Intro" folgt ein Zwischenspiel mit Klavier und ein treibender Techno-"Nachschlag", bevor "Babeblade" ihn mit Produzenten-Kollege Lucid Lava Lamb in die Tiefen des Weltalls schickt.

Doch was bedeutet "Wie Es Ist"? Und ist das überhaupt eine Frage? Das weiß Nand selbst nicht so genau. Er steht für seine Generation, ein Mitzwanziger, gefangen in seinen undefinierbaren Gefühlsstadien. "Irgendwie zwischen traurig-poesie", "Irgendwie" "Fragil" in einem Glaskasten wie die bunten Fische in seinem Video zur neuesten Singleauskopplung, die zum Album erschien. Jeder Song wirft bei jedem Hören neue Fragen auf, jeder Song bleibt ein Stück weit undurchschaubar.

"Lass Dir Gutgehen" könnte so etwas wie die Fokussingle des Albums sein. Musikalisch vereint sie stimmig die Neue Deutsche Welle, Nands geliebte Trompete, als ikonisches Merkmal das Geheul von Sirenen und die Message: "Lass es dir gutgehen / Scheiß drauf, denk nicht drüber nach". Trotz aller Irritationen und Unsicherheiten in jungen Jahren soll es schließlich vor allem um einen selbst gehen. "Sich mit sich selbst beschäftigen", darum soll es auch auf dem Album gehen.

Nand produziert die meisten seiner Songs selbst. Oft schwingt dabei ein Hauch Nostalgie mit, wenn er wie Edwin Rosen auf Synthiepop setzt und die Neue Deutsche Welle aufleben lässt. Dabei will er wie so viele Künstlerkollegen nicht in die verhasste Genre-Schublade gepresst werden, kombiniert moderne Synthie-Sounds mit schnelleren Techno-Beats, Electronica mit Indie.

Diese musikalische Vielfalt ist auch auf "Wie Es Ist" seine Stärke. Ab und an fallen aber ausgerechnet die unkonventionellen Lines auf. Narzissten sieht er als "Dachlatte": "Dann flippst du aus, schlägst um dich / In deinem Kopf ein kleines Kind / Denn eigentlich weißt du / Dass du eine Dachlatte bist". Er selbst sieht sich als Pornostar, während er im Astronautenkostüm von einer möglichen Liebe singt ("Wär Ich Gern Ein Pornostar"): "Willst du meine Traumfrau sein? / Der Grund für Depressionen sein?" Die Absurdität des Genialen oder geniale Absurdität?

Nach vielen starken Momenten schwächelt das Album gegen Ende. "Babeblade" versetzt in einen Trance-ähnlichen Zustand, "Alles Eine Illusion" scheint ein reines Instrumental und verpasst den Moment. "Wenn Der Club Zu Macht" liefert zuletzt mit verspielten Sounds wie vom Nintendo Disco für die Ohren. Am Ende bleibt das eigenartige Gefühl zurück, viele neue Eindrücke gesammelt zu haben, ohne zu wissen, was genau. "Wie Es Ist" wird letztlich nie so richtig klar.

Trackliste

  1. 1. Intro (Gedanken)
  2. 2. Fragil
  3. 3. Irgendwie
  4. 4. Interlude (Durchatmen)
  5. 5. Lass Dir Gutgehen
  6. 6. Dachlatte
  7. 7. Nachschlag
  8. 8. Wär Ich Gern Ein Pornostar
  9. 9. Deine Haut
  10. 10. Babeblade
  11. 11. Alles Eine Illusion
  12. 12. Luft
  13. 13. Wenn Der Club Zu Macht

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