Fotos/Review: 88.000 legen bei Rock im Park los

Es gibt kein schlechtes Wetter! Und das Bier für 6,90 Euro: Slipknot, Korn, Beatsteaks, K.I.Z, The Prodigy u.v.a.

Nürnberg/Zeppelinfeld (dp) - Jubiläumsparty zum 30er: Auch das Zwillingsfestival von Rock am Ring wartet zum Jubiläum mit einer weiteren Bühne auf. Neben der Utopia, der Mandora und der Orbit Stage gesellt sich 2025 die Atmos Stage: ein vierter Schauplatz für hoffentlich tolle Festivalmomente.

Die über 88.000 Park-Tickets sind schon seit Monaten ausverkauft. Die Besucher:innen erwartet 2025 ein gestandenes Line-up mit Acts wie Slipknot, Korn, The Prodigy und Bring Me The Horizon. Insgesamt treten über 100 Bands auf.

Es gießt in Strömen, Bier: 6,90 Euro

Aber auch abseits der Headliner gibt es mehr als genügend Bands zu entdecken und zu feiern. Livetipps sind hier mit Sicherheit die Newcomer von House Of Protection sowie Poppy. Am ersten Festivaltag stehen aber erst mal u.a. die Metal-Ladies von Kittie oder Rise Against auf dem Programm.

Bei strömenden Regen pilgern die Festivalfans auf das historisch aufgeladene Gelände. Der Bierpreis ist mit 6,90 Euro zwar nicht geschenkt, aber noch im üblichen Rahmen für ein Festival. Dank des Rock im Park-Supermarkts eines großen Discounters kann sich der preisbewusste Fan alternativ auch günstig versorgen, nur eben außerhalb des Infields.

Die besseren AC/DC?

Dort ist bereits zum Festivalanpfiff richtig was los, und auf der Utopia Stage eröffnen Nothing More standesgemäß solide das Rock im Park-Geburtstagsfest. Kittie legen dann auf der Mandora Stage einen grandiosen Auftritt hin, bevor nachmittags Me First And The Gimme Gimmes und Airbourne bunten Rock'n'Roll pur garantieren. Manche Menschen meinen ja, Airbourne seien die besseren AC/DC. Eine Glaubensfrage, aber rocken können die Australier um Joel O'Keeffe und Ryan O’Keeffe schon.

Spiritbox glanzlos

Auch Bullet For My Valentine, die gerade erst mit Trivium auf unrühmlich zu Ende gegangener Doppelheadliner-Tour waren, bringen das Publikum richtig ins Schwitzen. Staunen durfte man derweil bei Imminiscence, wo Multitalent Eddie Berg nicht nur singt und schreit, sondern auch noch Violine spielt, während er sich schon fast wie ein Schlangenmensch nach hinten beugt. Der Sieg beim Limbo wäre ihm sicher.

Etwas glanzlos hingegen fällt der Auftritt von Spiritbox aus, die nicht so richtig warm mit Rock im Park werden. Ganz im Gegensatz zu Skillet, die einen der besten Gigs des Tages hinlegen.

Im Zeichen der Headliner

Der Abend gehört dann ganz den Headlinern Slipknot und Rise Against. Beide Acts liefern wie erwartet ab. Slipknot mit beeindruckender Lightshow und drückenden Bässen, während Corey Taylors unverwechselbare Stimme Songs wie "Wait And Bleed" oder "People = Shit" trägt.

Das Late Night Special SDP nimmt erwartungsgemäß wieder den Ernst aus der Nacht, und wer noch richtig Spaß haben will, mosht eine Runde mit Zebrahead auf der Atmos Stage. Dank des tollen Lichts haben Zuschauer:innen und Band hier den vollen Durchblick.

Bei so viel Partystimmung vergisst man fast, dass das Wetter so gar nicht in Festivallaune ist: Neben starken Schauern weht auch noch ein unangenehm kühler Wind, der das Festival zur nasskalten Schlammschlacht werden lässt. Die Besucher:innen nehmen es gelassen, es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung!

Samstag: Ob Sonne, ob Regen, wir sind dagegen!

Hell yeah, Parkrocker, wir gehen in die zweite Runde! Der Samstag beginnt vielversprechend mit einem starken Auftritt von Dead Poet Society. Die Amerikaner machen keine Gefangenen und heizen dem frierenden, patschnassen Publikum trotz Starkregen mächtig ein. Da kommt ein Handbrot gerade recht: Der kalorienreiche Snack - Brot, Käse und Schmand - ist klassisches Festivalfood und gibt den Feiernden Kraft für die kommenden Highlights.

Und davon haben sich einige angesagt. Grunge-Urgestein Jerry Cantrell bringt die 90er auf die Mandora Stage. Der Mitgründer von Alice in Chains zeigt den Fans, wie es richtig geht. Auch Jinjer, die ukrainische Metalband um Sängerin Tatiana Shmayluk, heizen ihr Publikum ordentlich an. Bei dem energiegeladenen Auftritt moshen die Besucher:innen die letzten Regentropfen aus den Haaren. Überhaupt ist das Wetter am Samstag genauso unfreundlich wie Tags zuvor.

Ein weiterer Höhepunkt liefern am Nachmittag die grundsympathischen Beatsteaks, Hits wie "Automatic" und "I Don't Care As Long As You Sing" sind perfekte Festivalmucke. Und natürlich Idles aus England. Zumindest denen macht das wechselhafte, nasskalte Wetter nichts aus.

Doch kein Eklat

Am Abend trennen sich die Gemüter nach Bühnen auf. Während die einen Falling In Reverse auf der Utopia Stage feiern, geht auf der Mandora Stage bei Lorna Shore mächtig die Post ab. Viele Besucher:innen bleiben gleich dort, um mit Powerwolf zu astreinem Metalsound weiterzurocken.

Wer auf einen skandalösen Eklat von Falling In Reverse-Sänger Ronnie Radke gehofft hat, wird enttäuscht, heute Abend gibt es weder Beleidigungen noch grenzüberschreitende Aussagen. Stattdessen erlebt Rock im Park ein - zumindest musikalisch - einwandfreies Konzert. Wer trotzdem lieber bei Lorna Shore bleibt, dem erweist Sänger Will Ramos die Ehre: "Thank you for staying here". Gerne, Will, sehr gerne sogar.

Korn drehen auf

Das Feld ist bereitet für Headliner Korn auf der Utopia Stage, die wie die Verrückten loslegen. Jonathan Davis, heute im schwarzen Schottenrock, wirbelt wie ein Derwisch über die Bühne. Und natürlich steht der von H.R. Giger inspirierte Mikrofonständer auf der Bühne. Das Publikum rastet bei Klassikern wie "Falling Away From Me" und "Freak On A Leash" regelrecht aus. Untermalt wird der gewohnt professionelle Gig von einer eindrucksvollen Lichtshow.

Das Late Night Special geben die Maskenmänner von Sleep Token. Die Bandmitglieder, deren Identitäten so gut geschützt werden, dass man nicht mal mehr Fotografen zulässt, erleben seit einigen Jahren einen Höhenflug sowie eine stetig wachsende Fangemeinde. Folgerichtig ist die Mandora Stage bei ihrem Gig und Gänsehautmomenten von Sänger Vessel mit "Atlantic" und "Take Me Back To Eden" proppenvoll.

Götterdämmerung am Sonntag

Am Sonntagvormittag im Infield merkt man noch nichts von der Götterdämmerung, die DA auf das Zeppelinfeld zurollt. Denn nachdem um 11:15 Uhr die Sportfreunde Stiller als erster Special Guest die Utopia Stage eröffnen, ergießt sich der Geist des Italoschlagers um 12:4 5Uhr über Rock im Park. Der Special Act Nummer zwei sind weder Linkin Park noch Oasis, nein, Roy Bianco & die Abbrunzati Boys, die den Anker ihrer MS Abbrunzatissima in Nürnberg werfen. Was für ein Spektakel! Was soll nach diesem fulminanten Auftritt, begleitet von Schlagerstrudeln und Welthits wie "Quanto Costa" und "Sophia Loren" noch kommen?

House Of Protection zum Beispiel. Die zwei ausgeschiedenen Fever 333-Mitglieder, Aric Improta und Stephen Harrison, geben mittags mehr Gas, als mancher Headliner abends um 21 Uhr. Drummer Improta schreit und springt hinter seinem Schlagzeug, Gitarrist Stephen vollbringt waghalsige Stunts und nebenbei drückt der Sound auch noch massiv. Ein Teil des Sets findet mitten im Publikum statt. Diese Band ist im wahrsten Sinne auf dem Sprung nach oben.

Knocked Loose gehören trotz ihres jungen Alters bereits zu den ganz Großen im des Metalcore, ein ein weiterer Special Act am letzten Festivaltag. Obwohl vor dem Start Zwillingsfestivals angekündigt war, dass Ring und Park mit jeweils verschiedenen Special Acts aufwarten, sind am Ende doch zwei von drei Acts dieselben. Nur spielen beim Park die Sportfreunde Stiller statt Electric Callboy. Zum Schaden des Publikums soll es nicht sein.

Ein unvergesslicher Tag

Für Retrofeeling sorgen Weezer und für einen unvergesslichen Tag sorgen buchstäblich A Day To Remember. Wer einfache Unterhaltung, Bierduschen und aus der Zeit gefallene Bengalos als Showeinlagen bevorzugt, schaut sich Feine Sahne Fischfilet an. Für echte Musikliebhaber:innen spielen parallel Biffy Clyro, die ohne Schnickschnack den weitaus besseren Gig absolvieren. Inbrünstig singt Simon Neil über große Gefühle und Bassist James Johnston nutzt den Bühnensteg, um näher an den Fans zu sein. Nach kurzer Zeit entledigen sich die beiden extrovertierten Musiker ihrer Shirts, was nicht zuletzt deshalb erwähnenswert ist, weil neben immer wiederkehrenden Wolkenbrüchen auch die Tagestemperatur merklich fällt.

Die zwei großen Finalisten des Festivals heißen The Prodigy und die mittlerweile dauergebuchten Bring Me the Horizon. Obwohl The Prodigy ohne den verstorbenen Keith Flint nicht mehr dasselbe sind, lebt das unverwechselbare 90er-Feeling wieder auf. Glücklich, wer damals schon dabei war, als die Briten 1998 zum ersten Mal bei Rock im Park auftraten.

The Prodigy zerlegen die Bühne

Am Sonntagabend verwandeln die Briten die Mandora Stage in einen Hexenkessel oder eher eine Zuflucht für ihre "Voodoo People"? Neben den Evergreens "No Good", "Breathe", "From Outta Space" oder das legendäre "Smack My Bitch Up" warten die Herren von der Insel mit einer bombastischen Lightshow auf, Entertainment für Augen und Ohren. Der Park dankt es mit eskalierenden Moshpits und jeder Menge Euphorie.

Wem das alles nichts sagt, verbringt den Tag bei der Orbit Stage mit Größen der deutschen Muzsiklandschaft. Olli Schulz, Tocotronic, Drangsal und Die Nerven sorgen für Verzückung. Den Rausschmeißer geben K.I.Z, die am Ende auf der Mandora Stage ihre gar nicht mal so guten und ableistischen stumpfen Beats auf die Masse loslassen. Ein wilder Genrmix zum Abschluss: Auf der Utopia bricht Oli Sykes Herzen, The Prodigy zerlegen die Mandora und Olli Schulz, der mit Band Songs und Geschichten über das Leben erzählt. Man könnte dem Wahlberliner stundenlang zuhören: viele gute Ratschläge vom noch nicht alten, aber sehr weisen Mann.

Eine Bereicherung für Nürnberg

Rock im Park 2025 war, trotz des durchwachsenen Wetters, ein voller Erfolg: eine echte Bereicherung für die Frankenmetropole. Die Stimmung blieb das ganze Wochenende über entspannt, der Müllberg hielt sich in Grenzen - oder war wegen des vielen Matsches nicht zu sehen. Die Festivalgastronomie setzt auf Mehrwegbehältnisse und der Festivalsupermarkt erspart den Campenden viel Schlepperei. Die vierte Bühne entzerrte das Programm nicht wirklich, drei Bühnen mit weniger Überschneidungen wären vielleicht fanfreundlicher, die kommenden Jahre werden es zeigen.

Für die Ausgabe 2026 sind Linkin Park als Headliner bereits angekündigt. Der Vorverkauf startet am Dienstag, 10. Juni 2025 ab 12 Uhr.

Fotos und Text: Désirée Pezzetta und Monika Scharnagl.