laut.de-Kritik
Liebe, Rebellion und Latin-Ska.
Review von Robin BrodtAuf die Frage nach gutem Ska und Rock fällt in Mexiko neben Klassikern wie den Fabulosos Cadillacs oder Maldita Vecindad ganz sicher der Name Panteón Rococó. In Lateinamerika Fußballstadien füllend ist die Formation auch im deutschsprachigen Raum dank unzähliger Konzerttouren nicht mehr nur in der alternativen Musikszene ein Begriff. Nun bringen Übersee-Records das zuvor schon länger in Mexico erhältliche vierte Studioalbum der Latin-Ska Legenden von Panteón rococó heraus.
Mit hohen Erwartungen sahen sich die politisch aktiven Musiker sicherlich konfrontiert. Ihre letzten zwei Alben waren zwar mehr als akzeptabel, doch machten Live-Auftritte das Potenzial bewusst, das noch einer Umsetzung harrte. Und um es gleich aufzulösen: Die Mission gilt als bestanden.
Gleich bei "Acabame De Matar" geht es straight nach vorne, das Ende einer großen Liebe wird in Form einer offbeat-lastigen Rock-Hymne zwar unglaublich romantisch, aber keineswegs schnulzig vorgetragen. Der nächste Tune überrascht mit einer Ragga-Einlage, von der "triste realidad" können die im Millionen-Moloch Distrito Federal Wohnenden wahrlich ein Lied singen. Auf die düsteren Dancehall-Klänge folgt plötzlich ein Wechsel Richtung Salsa, der sich eine hoffnungsvolle Perspektive nicht nehmen lässt.
Die beiden großen Themen Liebe und Rebellion ziehen sich als roter Faden durch das Album. So brüllt Frontmann Luis Dr. Shenka zu Beginn des dritten Tracks eine Aussage ins Mikro, die in ihrer Radikalität oft unterschätzt wird, und zwar auf deutsch: "Kein Mensch ist illegal!" Eine durchaus solide Rock-Nummer, deren Live-Vertonung beim nächsten Konzert ich nicht unbedingt aus der Mitte des unvermeidbaren Pogo-Knäuels folgen wollte. Allenfalls wenn ich mich beim Auftritt auf die Reihenfolge des Albums verlassen könnte, da die Stimmung in der Single-Auskopplung "Vendedora de caricias" in gediegenen und dabei wunderschönen Ska umschlägt.
Mein absoluter Favorit kommt allerdings erst mit "Estrella Roja". Erinnert die Bassline anfangs noch etwas an "London Calling", stürze ich mich spätestens beim Refrain wieder in die pogende Menge oder unterbreche das Spülen für eine Tanzeinlage in der Küche. Das passende Mittel zum Runterkommen liefert das dubbige "Que Pasará?" gleich hinterher.
Panteón Rococó deklinieren Reggae, Ska und Rock in allen möglichen Kombinationen durch, ohne dass die Tunes in Beliebigkeit abgleiten. Ganz im Gegenteil basteln die Mexikaner ein Puzzle, dessen Teile fast nahtlos ineinander passen. Und so lange ich dazu tanzen kann, ist es auch meine Revolution.
4 Kommentare
IHR BRAUCHT EINE SKA/REGGAE/DANCEHALL/DUB RUBRIK! Wie kann man Panteon Rococo, so toll sie auch sind, bei Rap/HipHop einordnen? Mavado kann man da ja vielleicht noch unerbringen, aber Panteon Rococo? Also nochmal Bitte eine neue Rubrik
Die war'n so geil auf'm Southside. Amtliche Live-Show!
Jedes Mal wieder, japp.
Mitte August wieder!
@Wombaz (« IHR BRAUCHT EINE SKA/REGGAE/DANCEHALL/DUB RUBRIK! Wie kann man Panteon Rococo, so toll sie auch sind, bei Rap/HipHop einordnen? Mavado kann man da ja vielleicht noch unerbringen, aber Panteon Rococo? Also nochmal Bitte eine neue Rubrik »):
Hört auf ihn, denn er hat recht.