laut.de-Kritik
Fantastischer, kunstvoll arrangierter Tagträumerpop.
Review von Martin LeuteIn der Vergangenheit hat sich der kanadische Songwriter Patrick Watson um cineastischen Klangkulissen verdient gemacht. Es ist ein Segen, das der ausgebildete Pianist uns auf "Close To Paradise" nun auch mit seinem Gesang erfreut, dessen Klangfarbe sich zwischen der des verstorbenen Jeff Buckley und Antony Hegarty positioniert.
Das Album ist kein Solotrip, es wird erst durch die musikalischen Mitstreiter Simon Angell (g), Mishka Stein (b) und Robbie Kuster (d) zu dem, was es ist: kunstvoll komponierter Tagträumerpop, der sich mit Streichern, Orgel, Gitarren, Akkordeon oder Glockenspiel Vaudeville- und Kirmesanleihen, Klassikelemente, dezenten Indierock und zirpende Elektronik einverleibt. Die verspielten orchestralen Arrangements lassen sich mit denen eines Rufus Wainwright vergleichen, mit dem Unterschied, dass Patrick Wolf und Band etwas sperriger und melancholischer und weniger pompös klingen, aber genauso imposant.
Ein Glockenspiel führt in den Titeltrack "Close To Paradise" ein, eine Slide-Gitarre und das Schlagzeug untermalen die sachte geschlagenen Pianoakkorde. Das Herzstück ist dieser einnehmende, unter die Haut gehende Falsettgesang Watsons, der einen unaufdringlichen Melodiebogen ausbreitet und dabei von einer weiblichen Gesangsstimme unterstützt wird.
Gespenstisch mutet das Klavierintro und die ätherische Elektronik in "Daydreamer" an, ehe das sanft gezupfte Banjo die Spannung löst und den Gesang begleitet, dem durch die Doppelung etwas Surreales anhaftet. Ein perlender Klavierlauf und ein dämmeriger Uh Uh-Backgroundchor prägen das ruhige "Slip Into Your Skin", während Schlagzeug, Bass und die flirrende Gitarre das ausgefeilte "Giver" dominieren.
Mit Akkordeonbegleitung, Streichern und Bläsersätzen wankt "Weight Of The World" in bester Tom Waits-Manier um die Ecke, das großartige "The Storm" besticht mit einem gezupften Akustikgitarrenschema, sphärischen Orgelklängen, verzerrten E-Gitarreneinschüben und famosem weiblichen Backgroundgesang. Das instrumentale, hypnotische "Mr. Tom" offenbart mit dem perlenden Klavierspiel die Qualitäten Watsons als Soundtrackkomponist. Das grandiose "Luscious Life" beginnt mit dem Piano und Percussions verhalten, erhebt sich aber mit Gitarren und Schlagzeug zu einer sich steigernden Sound of Wall.
Die Kombination von schwebenden Pianoläufen und E-Gitarren zeichnet das dynamische "Drifters" aus, dem makellosen "The Great Escape" genügt die kristallklare Pianobegleitung, um die gesangliche Intensität Watsons voll zur Geltung zu bringen. Schläfrig und entrückt kommt "Sleeping Beauty" daher, bevor der letzte Track "Bright Shiny Lights" im leichten Gospelgewand den Ausklang des Albums markiert.
Es ist beeindruckend, wie elegant und harmonisch das unprätentiöse und dramaturgisch spannende Songwriting und die vielschichtigen Instrumentierung Hand in Hand gehen. Mit "Close To Paradise" liefern die Mannen um Patrick Watson ein bezauberndes Album ab, das mal märchenhaft-verträumt, mal aufwühlend sich langsam in mein Hirn gewühlt hat.
5 Kommentare
Tja, es will dem Rezensenten und mir ja scheinbar niemand glauben, dass diese Scheibe absolut fantastisch ist.
nene ist schon sehr geniale musik.
also the great escape sollte man schon mal anhören.
wer das mag sollte dannn mal zu drifters oder lucious life übergehen.
eine kleine kritik gibt es aber doch.
und zwar der anfang von Mr. Tom ist von dem Donnie Darko Ost geklaut.
Sonst aber ein sehr schönes album, was hier und da ein paar ecken und kanten hat, was mit persönlich gut gefällt.
@FALCO (« Tja, es will dem Rezensenten und mir ja scheinbar niemand glauben, dass diese Scheibe absolut fantastisch ist. »):
wieso will euch niemand glauben, daß dieses Album fantastisch ist?
Ich habe es gerade erstanden und es übertrifft meine Erwartungen bei Weitem.
Das hier ist ganz ganz großes Kino.
Einfach bezaubernd!
@Kaa (« ... Sonst aber ein sehr schönes album, was hier und da ein paar ecken und kanten hat, was mit persönlich gut gefällt. »):
Wie ein ungeschliffener Rohdiamant, der seine Schönheit nicht unbedingt beim ersten Kontakt offenbart ... was ihn umso interessanter macht.
So, genug Pathos - geile Scheibe, kaufen!
@FALCO (« Tja, es will dem Rezensenten und mir ja scheinbar niemand glauben, dass diese Scheibe absolut fantastisch ist. »):
took me a long time.