laut.de-Kritik
Collins und Disney sind wie Faust und Auge ...
Review von Philipp GässleinPhil Collins ist eine lebende Legende. Sprechen ihm die älteren Genesisfans auch jegliche Gesangsqualitäten ab, so verdankt ihm die Gruppe doch zwischen 1974 und 1990 unzählige Hits, und für die nachfolgende Generation ist er es, der den Namen der Band verkörpert. Seine einprägsame Stimme und sein Hang zur Perfektion bescherten ihm auch als Solokünstler bahnbrechende Erfolge. Drummer, Sänger, Songschreiber, Produzent - all das war Phil Collins bereits, doch es reichte ihm nicht.
"Überglücklich" war er, als Walt Disney ihn mit dem Soundtrack für "Tarzan" beauftragte. Filmmusik zu machen, sei schon immer sein Traum gewesen, und seine musikalische Entwicklung, die immer stärker sanfte Melodien und Inszenierung in den Vordergrund stellte, prädestinierte ihn förmlich dazu. Das war 1999, und der Multimillionär erledigte seine Aufgabe in gewohnter Perfektion. Er sang in fünf Sprachen und heimste quasi nebenher auch noch einen Oscar dafür ein. "Never change a winning team" dachten sich die Verantwortlichen bei Walt Disney, und so stammt auch der Soundtrack zum neuen Werk der Filmschmiede aus der Feder des Wahlschweizers Collins.
"Brother Bear" (Bärenbrüder) erzählt die Geschichte des kleinen Jungen Kenjai, der von den Great Spirits in das Tier verwandelt wird, welches er am meisten verabscheut: Einen Bären. Er begibt sich auf die Suche nach dem Ende des Regenbogens, denn nur dort kann er wieder Mensch werden. Auf seiner Reise lernt er den kleinen Bär Koda kennen, der ihn fortan begleitet. Damit die moralische Message gesichert ist, werden beide von Kenjais älterem Bruder gejagt, der die beiden Bären für die Mörder seines kleinen Bruders hält. Phil Collins schrieb alle Stücke selbst, und, wie erwartet, produzierte er auch die meisten. Bei der ersten Singleauskopplung "Look Through My Eyes" ließ er sich von Rob Cavallo, der schon für "Testify" mitverantwortlich war, unterstützen. Die Scores stammen von Mark Mancina, bekannt aus "Con Air", "Speed" und nicht zuletzt "Tarzan".
So sehr sich die Fans auch dagegen wehren wollen - Phil Collins und die neueren Disneyfilme sind wie Faust und Auge. Kinderfreundlich sind alle rockigen Aspekte aus seinen Produktionen verschwunden, daran ändert auch der Gastauftritt Tina Turners in "Great Spirits" nichts. Die Musik überträgt wundervolle Szenerien und eine nachdenkliche Stimmung. Alles plätschert seicht und locker dahin, spannungsgeladene Szenen sind für den Film offensichtlich nicht vorgesehen.
Einzige Ausnahmen bilden die wirklich wunderschöne Inszenierung "Transformation", gesungen vom Bulgarian Women's Choir und "Welcome", bei dem Oren Waters und die legendären Blind Boys of Alabama mitwirken. Nostalgie kommt bei "On My Way" auf. Der Song erinnert durch seine interessante Rhythmik an Klassiker aus der Anfangszeit der Solokarriere Collins' und die letzten guten Genesiswerke. Das Filmtheme "No Way Out", gleich in zwei Versionen auf die CD gepackt, ist einfach nur gähnend langweilig. Auch das zweite "Transformation" des Albums kann mit seinem recht interessanten Harmoniespiel nicht darüber hinweg täuschen, das Phil Collins Zenit langsam überschritten ist.
Für einen Disneyfilm ist der Soundtrack recht gelungen, ragt jedoch nicht an Klassiker wie "Lion King" oder eben auch "Tarzan" heran. Man möchte kein Genesisfan sein in diesen Tagen. Bleibt zu hoffen, dass der Titel der aktuellen Tournee, "Farewell" - Abschied, ernst gemeint ist, bevor sich Collins endgültig vom eigenen Sockel gestürzt hat.
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Ich bin 12
Tolles Review. Der Soundtrack ist wirklich super (was sowohl auf die Songs von Collins als auch auf den Score von Mancina zutrifft).
-Frederic
http://fredericbernardmusic.com