laut.de-Kritik

Als hätte er nie etwas anderes gemacht als Soul.

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Als die deutschen Plattenläden heute Morgen ihre Pforten öffneten, stand "The Defamation Of Strickland Banks" bereits in der 16. Woche in den britischen Charts. Einen großen Teil davon sogar an der Spitze. Plan B hat die Überraschung des Jahres geschaffen. Und Deutschland hinkt fast vier Monate hinterher.

Er war mittlerweile Thema in nahezu allen Feuilletons. Der Rüpelrapper, dessen Debüt-Album "Who Needs Actions When You Got Words" ein gewisser David Cameron vor vier Jahren noch verbieten lassen wollte. Cameron ist mittlerweile vom Oppositionsführer zum Premierminister aufgestiegen. Plan B ist nicht weniger als das neue Lieblingskind der britischen - ach was! - der westeuropäischen Musiklandschaft.

Tatsächlich handelt es sich beim Vorgänger förmlich um ein Kraftausdruck-Unwetter. Eine Hip Hop-Platte, die sich mit analer Vergewaltigung, Ehrenmorden und ähnlichen Gewalttaten beschäftigt. Harte Sprache, die, glaubt man Ben Drews Interviews, die harten Themen des wahren, harten Lebens in bestimmten Vierteln Londons beschreibt. "Plan B (aka Ben Drew) muss David Camerons schlimmster Alptraum sein", mutmaßte die BBC damals offenbar mit Recht.

Vier Jahre später lässt er all das hinter sich. Sowohl die Sprache als auch die Themen. Und vor allem den Hip Hop. "The Defamation Of Strickland Banks" lässt Motown wieder auferstehen. Der einstige Konservativenschreck klingt als gefühlvoller Soulsänger, als käme er aus einer Zeit, in der Volt/Stax noch immer einen bahnbrechenden Künstler nach dem anderen berühmt macht.

Plan B braucht keine Schimpftiraden, um sich Gehör zu verschaffen. Irrsinnigerweise muss er nicht einmal mehr provozieren, um provokativ zu wirken. Teile seiner Fanbasis sollen auf den plötzlichen Stilwechsel relativ ungehalten reagiert haben. Dabei vergisst Drew den Hip Hop keineswegs. Immer wieder verfällt er vom Gesang urplötzlich in den Rap, zumeist, um nachdrücklicher zu wirken oder innere Anspannung zu suggerieren. Erfolgreich, selten haben sich Sprechgesangseinlagen in Popsongs unverzichtbarer angehört.

Der Unterschied zwischen Drew und den unzähligen anderen Künstlern, die sich die "Retro"- und "Vintage"-Tags auf die Stirn schmieren, weil "unmodern" plötzlich "modern" ist, ist ein ganz einfacher: Plan B macht eine Soulplatte. Mit Haut und Haaren, als hätte er nie etwas anderes getan. Mal eingängig-kitschig, mal schroff-fordernd, immer auf den Punkt passend und mitreißend.

Und er erzählt dabei gleich noch eine Geschichte: die von Strickland Banks, einem fiktiven Soulsänger, der nach einem erfolgreichen Konzert ("Writing's On The Wall", "Love Goes Down") eines Abends in einem Club zu tief ins Glas schaut ("Stay Too Long"). Er lernt ein Groupie kennen, weist sie zurück und findet sich plötzlich vor Gericht wieder. Die Anklage lautet auf Vergewaltigung ("She Said").

Banks wird zu Unrecht schuldig gesprochen und verknackt ("Welcome To Hell"). Die restliche Geschichte handelt vom Leben im Gefängnis, von Ängsten und tödlich endenden Angriffen, von Wut über das Knastleben und dem langsamen Sich-Fügen in das eigene Schicksal. Das Ergebnis der abschließenden Neuverhandlung bleibt offen ("What You Gonna Do").

Offen bleibt außerdem, wieso sein Label den reinen Hip Hop-Teil der Geschichte nicht haben wollte. Denn die Platte war zunächst als Doppelalbum geplant. Die Rechte liegen nun wieder bei Plan B selbst, der diese Version in naher Zukunft veröffentlichen möchte. Danach folgt schon das nächste Projekt: Soul ist abgehakt, nun ist aller Voraussicht nach Reggae an der Reihe.

Trackliste

  1. 1. Love Goes Down
  2. 2. Writing's On The Wall
  3. 3. Stay Too Long
  4. 4. She Said
  5. 5. Welcome To Hell
  6. 6. Hard Times
  7. 7. The Recluse
  8. 8. Traded In My Cigarettes
  9. 9. Prayin'
  10. 10. Darkest Place
  11. 11. Free
  12. 12. I Know A Song
  13. 13. What You Gonna Do

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LAUT.DE-PORTRÄT Plan B

Aufgewachsen im Londoner Problemviertel Forrest Gate, prügelnde Stiefväter, Alkoholismus, Drogenvergangenheit. Das ist der Stoff, aus dem Plattenfirmen …

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