laut.de-Kritik
Die Bluttransfusion haucht neues Leben ein.
Review von Ulf Kubanke"Blutbücher sind wir Leiber alle; wo man uns aufschlägt: lesbar rot!" Das wusste Kultautor Clive Barker bereits vor 30 Jahren. Getreu dieses Mottos präsentieren Pitchfork zur Silberhochzeit mit "Blood" ein thematisch sehr ehrgeiziges Album. Der rote Lebenssaft dient Peter Spilles als Kernthema und Vorsilbe jedes Tracks. Erstmals seit langem liefern Project Pitchfork ein nahezu durchweg gelungenes Album ab.
Der konzeptionelle Trick mit den blutigen Vorsilben zahlt sich aus. Wenn etwa aus "Diamond" der "Blood Diamond" wird, ändert sich die Bedeutung von Titel und Lyrics gleichermaßen. Heraus kommt das überwiegend wenig schmeichelhafte, dafür sehr realistische Portrait einer ebenso oberflächlichen wie kaltblütigen Menschheit: "His hand became a claw as his word turned into law."
Die Zutaten dieses Blutbades sind im wesentlichen altbekannt, ohne altbacken zu klingen. Spilles knurrende Monstervocals raspeln sich durch elf Song-Ampullen. Dazu geben sie ihren angedeuteten Industrial Rock ("Blood Pressure") und atmosphärischen Darkwave-Sound ("Blood Shed", "Blood Game") als Gerinnungsmittel hinzu. Dieser nicht gerade spektakuläre Ansatz funktioniert auf Albumlänge deutlich homogener als noch auf der Vorgängerplatte "Black". "Blood" fließt weniger vordergründig und kommt ohne lahmes Füllmaterial aus.
Die lang vermisste Geschlossenheit dieses Blutgerichts hängt vor allem damit zusammen, dass die Hamburger Elektroschule sich auf Spilles Talent für Hooks und kernige Melodien zu kontrastierenden Rhythmen nahezu blind verlassen kann. Ohnehin ist Spilles immer dann besonders gut in seinem Fach, wenn er musikalisch nicht unter Blut, Schweiß und Tränen den überambitionierten Aufklärer gibt, sondern seine Entertainer-Fähigkeiten kultiviert. Als Anspieltipp zur Veranschaulichung dient der bluttriefende Elektro-Walzer "Blood-Loss".
So gelingt Project Pitchfork auf Scheibe Nr. 16 genau jene frische Bluttransfusion, die man nach langer Routine kaum mehr für möglich hielt. Statt Skiptaste klammert sich die Plattennadel wie ein Blutegel an der Rille fest.
2 Kommentare
Jo gefällt mir richtig gut das Album, nachdem ich Black auch eher schwach fand. Blood bringt wieder frisches Blut rein
Nach der Rezi bin ich fast versucht, mir mal wieder die Pitchies um die Ohren zu hauen. Das letzte gehörte Album war "Dream, Tiresias", das letzte, welches mir aber wirklich durchgehend gefallen hat war "!Chakra:Red!". Schau 'mer mal!