laut.de-Kritik
Schwermütig, wie ein (Anti-) Kriegsalbum sein muss.
Review von Michael EdeleWeia. Stellt euch mal vor, irgend eine Band nennt ihr Album "Der Deutsche Soldat". So schnell können die gar nicht Eva Braun sagen, wie sie danach den Verfassungsschutz, die Antifa und Udo Lindenberg am Arsch haben. In den USA steht man damit dagegen auf der sicheren Seite. Dort wird man sogar noch als besonders patriotisch gewürdigt. Aber: Haben Queensryche sowas nötig?
Ich denke nicht und bei "American Soldier" sieht die Sachlage nochmal ein wenig anders aus. Fakt ist, dass Queensryche zahlreiche Fans bei den US-Truppen haben und sich diese darüberhinaus auch mit der Band über ihre Jobs unterhalten. Das brachte Geoff Tate schließlich zu der Idee, zusätzlich Veteranen aus verschiedenen, amerikanischen Kriegen zu treffen, um deren Geschichten zu erzählen. Patriotisch? Mag sein, aber verwerflich, glorifizierend oder berechnend ist das deswegen noch lange nicht.
Erneut ist dabei eine Art Konzeptalbum heraus gekommen, denn die zwölf Songs behandeln mehr oder weniger das Leben eines Soldaten. Der Opener "Silver" kommt somit der Einberufung gleich, der Konfrontation mit der beängstigenden Realität: "Welcome to the show!"
Wie die aussieht, formulieren zwei Veteranen des Vietnam- und Kosovo-Krieges in ihren eigenen Worten in "Unafraid". Die Strophen bestehen aus den Sprachsamples und nur der Refrain wird von Geoff bärenstark intoniert. Bei der Kriegsthematik könnte man meinen, dass die Musik entsprechend hart zur Sache geht, doch "American Soldier" ist viel eher ein düsteres, schwermütiges Album.
Geoff nähert sich den Themen gewohnt feinfühlig und nicht plakativ. Gitarrist Michael Wilton verschafft ihm dazu ein paar musikalische Unterlagen, die in den besten Momenten wie "Hundred Mile Stare" oder "If I Were King" tatsächlich an "Empire" anknüpfen können.
Von ihrer balladesken Seite zeigen sie sich im aus der Sicht eines Piloten beschriebenen "At 30.000 FT" und "Middle Of Hell", das mantraartig die Worte "I'm all right. I'll be all right" wiederholt. Geoff greift hier immer wieder zum Saxophon und spielt mit Michael ein paar sehr schön Soli. Pure Melancholie verströmen auch das einmal mehr mit Originalzitaten die Beziehungskonflikte einer Soldatenehe thematisierende "Remember Me" und "Home Again", in dem auch Geoffs Tochter Emily zu hören ist.
Härtere Töne, vor allem in der Schlagzeugarbeit von Scott Rockenfield, schlagen sie höchstens in "The Killer", "Man Down!" oder in den Strophenriffs des bereits erwähnten "Unafraid" an. Aber das ist hier auch gar nicht notwendig. Die Scheibe ist derbst emotionaler Stoff, den man sich in aller Ruhe unter dem Kopfhörer gönnen sollte. Den Abschluss markiert mit "The Voice" ein potentieller Liveklassiker. Hier ist auch Geoffs Vater in einem Sample zu hören, der in Korea und Vietnam gekämpft hat.
Einmal mehr ist Hoffnung angesagt, dass Queensryche langsam aber sicher an alte Zeiten anknüpfen können und nach dem Abgang von Mike Stone endlich nochmal von vorne anfangen.
11 Kommentare
"I'm all right" - Iggy Pop 1970 in Cincinatti, wie er den Stagedive erfindet. Hammer:
http://www.youtube.com/watch?v=N3bEy3OoEm0…
watch it!
Ein absolut beschissenes ALbum ohne Hooklines und das was früher (bis "Promised Land") geniale QR Alben ausgemacht hat: Gute Songs!
Nichts ist nervender als der Verweis darauf, dass "Promised Land" das schlechteste Queensryche-Album sein soll.
Genau das Gegenteil ist (meiner Meinung nach) der Fall.
Ich halte es für das interessanteste, abwechslungreichste und vielschichtigste Werk von Q.
Richtig schlecht finde ich OMII.
Zum neuesten Werk kann ich noch nichts sagen, weil noch nicht gehört...
nachdem Mindcrime 2 ja schon ganz schön in die hosen gegangen ist bin ich mal gespannt was jetzt so dabei rausgekommen ist
(obwohl, das Take-Cover-Album war zumindest wieder ganz interessant)
@Fear_Of_Music (« nachdem Mindcrime 2 ja schon ganz schön in die hosen gegangen ist bin ich mal gespannt was jetzt so dabei rausgekommen ist
(obwohl, das Take-Cover-Album war zumindest wieder ganz interessant) »):
Puh noch nie so ne schlechte Coverversion wie "Innuendo" gehört.
Und wenn du OM2 mies fandest stell Dich auf das absolute Grauen ein!
RFO und OM I sind absoluter Kult, EMPIRE (denkt nur an "Silent Lucidity") reinster Mainstream, PL ist genial (Disconnected ist ein Riese). Danach kamen IMHO leider ziemlich schwache Jahre mit HITNF und Q2K, die kann man getrost in die Tonne kloppen. TRIBE ist dann wieder eine richtig gute gute Scheibe und OM II ist leider eher für'n A**** (im Kino funktionieren die zweiten Aufgüsse auch meistens mehr schlecht als recht).
Jetzt freue ich mich erstmal auf neuen Stoff aus Seattle und hoffe, die Jungs haben was anständiges abgeliefert. Der erste Hördurchgang war noch etwas durchwachsen, aber das kann daran liegen, dass ich mit dem amerikanischen Patriotismus nix anfangen kann.
JM2C