laut.de-Kritik
Rea und Co. bedienen die Sehnsucht nach einer heilen Musikwelt.
Review von Artur SchulzNun beginnt sie also, die Reamonn-lose Zeit, wobei noch immer nicht ganz klar ist, ob dies nun das endgültige Aus bedeutet, oder ob es sich nur um die berühmt-berüchtigte 'kreative Pause' handelt. Das beiligende Info-Blatt spricht von "Innehaltung, um sich neu zu sortieren und durchzuatmen." Was also wäre stimmiger als eine Best Of, um das bisherige Output der Band aus elf Karriere-Jahren zu dokumentieren?
Soll man Reamonn nun böse sein, nur weil sie im Laufe ihrer bisherigen Schaffenszeit mehr als nur eine Handvoll sehr hübscher, unaufgeregter Songs geschrieben haben? Schuld am totgenudelten, wiewohl untadeligen "Supergirl" trägt schließlich nicht die Band, sondern erbarmungslos agierende Radioformate. Und sowieso: Manch größerer Act hat mindestens genau so viele Seicht- und Überflüssig-Verbrechen auf dem Kerbholz, wie die Band um Sänger Rea Garvey.
Zu Beginn stehen als Abschiedsgeschenk drei brandneue Tracks. "Yesterday" enthält alle Zutaten, die Fans wie Verächtern gleichzeitig Nahrung zukommen lässt. Scheinbar rockig geht es tempomäßig geradeaus, dazu im Sound-Outfit ausgewogen applikiert und in klassischer Songwriter-Dramaturgie inszeniert. Einprägsame Melodieführung ist seit jeher ein weiteres Markenzeichen der Musiker. Das darauffolgende "Colder" folgt diesem Muster in leichten Variationen.
Blumige Metaphern durchwehen den Liebes-"Aeroplane": "I love you like an aeroplane / that's taking me home again / I'm standing here in line / Cause some love just takes time." Selbstredend gibt Rea auch mühelos den Frauenversteher: "I know you live your life / like a melody / a song that wants to grow."
Reamonn bedienen die Sehnsucht nach einer heilen Musikwelt, in der harsche Innovationen oder hinterfragendes Indietum bewusst keinen Platz finden. Man kann mitsingen, sich mitwiegen, mittanzen - Reamonn sind die freundliche Party von nebenan, auf der Freaks jeglicher Coleur erst gar nicht erwartet werden. Zu groß deren Furcht vor einer Überdosis Pop-Fluffigkeit mitsamt domestizierter Rock-Attitüde.
Das ist das Problem mit Reamonn: Ihrem durchweg soliden Handwerk mangelt es an echten, überdurchschnittlich kreativen Einschüben. Überall liegen die seit Generationen bewährten Rezeptzettelchen herum und finden immer wieder neu Verwendung. Ob nun eingespielt auf altmodischem Feuerherd (Akustik-DVD steht in den Startlöchern) oder High-Tech-Cerankochfeld, das Reamonn-Süppchen schmeckt immer irgendwie gleich. Derart üppig geballter Wohlklang löst nach einer gewissen Zeitspanne eben Reflexe aus, die an Haustür-Besuche der Zeugen Jehovas erinnern.
4 Kommentare
Wie, ich dachte die wären weg? Wieso kommt denn da noch son Scheiss hervorgequellt?
Überhaupt: "Best-Of". Lachhaft nach den paar Jährchen, früher bedeute n Best Of 1980 wenn die Band 1970 angefangen hatte, dann 1990 für 1980, also wenigstens ne Zeitspanne von 10 Jahren und nicht 2 Monaten wie es heute üblich zu sein scheint.
öhm, ohne jetzt direkt über reamonn urteilen zu wollen, sordos: nach deinen kategorien ist reamonns best-of absolut im soll. die haben anno 2000 mit dem veröffentlichen angefangen.
@sordos: wo aus es auch noch zwei Zeilen darüber im "Laut Porträit" steht. Tja, lesen bildet. Im Übrigen, wenn man schon dieses "früher war alles besser Geschwafel" loslässt, dann sollte man wenigsten fehlerfrei schreiben können!
So, wie man das "früher" eben konnte.
Nebenbei bemerkt; Reamonn war und ist verzichtbar, aber es gab und gibt viel schlimmere Acts mit denen man pausenlos beschallt wird.