laut.de-Kritik
Irgendwann geht der Spagat auf die Eier.
Review von Max BrandlGanze achtzehn Jahre ist der zigfach geadelte Vorzeigerapper Samy Deluxe laut eigener Aussage inzwischen am Mikrofon zugange. Die Volljährigkeit tönt auf "SchwarzWeiss" in der Tat aus jeder Strophe – im guten wie auch im weniger guten Sinne.
Von Sturm, Drang und "purem Gift" über erste Charterfolge um die Jahrtausendwende bis hin zur hier gewonnen Erkenntnis, dass der Kampf gegen das "Ego" nicht mit Geld, Schmuck und Klamotten zu gewinnen sein wird: Der 'Baus of the Nauf' ist endgültig vom Rotzlöffel zum erwachsenen Mann geworden, der "Eines Tages" dann hoffentlich auch "endlich mit sich selbst im Reinen" ist.
Besonders klar wird das beim Hören von so gefühligen Songs wie "Doppelt VIP" oder "Vater im Himmel": Der 33-Jährige verarbeitet hier persönliche Versäumnisse und Fehltritte, die er als solche erst spät in Form aufkommender Schuldgefühle erkennt. Es gehört einiges an Offenheit dazu, dies vor Publikum zu tun, einiges an Talent, die Worte dabei so gekonnt aneinander zu reihen und einiges an Musikalität, das so passend, weil zurückhaltend zu instrumentieren. An diesen Stellen wird aus dem Rohstoff Rap tatsächlich ein sehr persönliches "Poesie Album", das die Reise von "Dis Wo Ich Herkomm" ohne Umwege fortsetzt.
Gut entwickelt haben sich auch die Storytelling-Qualitäten des Deutschrap-Nordsterns von anno dazumal: So malt er sich in "Strassen Musik" seine Zukunft als Musiker zwar tiefschwarz, aber auch derart kunstfertig aus, dass man den eigentlichen Inhalt des Songs wiederum getrost als Utopie verbuchen darf. Im Duett mit Max Herre sucht er in Zeiten permanenter Überforderung und digitaler Ablenkung einen Weg "Zurück Zu Wir". Die Zusammenarbeit der beiden MCs klang schon zu "Malaria"-Zeiten gut und tut es nach wie vor – wenngleich das heute ein ganzes Hauseck beschaulicher vonstatten geht.
Jene Sorte Songs umrahmt man, wie schon beim Vorgänger, klarerweise nicht mit Breitreifen-Beats und ausladendem Effektgewitter – von den paar erfreulich dezenten Autotune-Einlagen einmal abgesehen. Die Akustikgitarre und taktvolles Soundgekräusel geben sich auf "SchwarzWeiss" die Klinke in die Hand, während Samy darauf zum Reinhard Mey des deutschen Hip Hop avanciert.
Dazwischen finden sich einige Nummern, die nach der Kritik am Vorgänger seine Stellung als Rapper wieder stärken sollen. Am stimmigsten gelingt das in "Poesie Album": Auch wenn hier musikalisch mehr Nähe zu den Red Hot Chili Peppers als zu EPMD herrscht, wird einem schnell klar, dass der Mann sein Mundwerk nicht verlernt hat und ein plakativ gerolltes R keinesfalls Massivs Markenzeichen ist.
Weniger aufwühlend gerät indes die Aufforderung, die "Hände Hoch" zu nehmen. Würde einem nicht ein großkalibriger Drum-Beat unterstützend die Waffe vor die Nase halten – die meisten Pfoten blieben wohl in den Hosentaschen. Aus den Skinny-Jeans kriegt man die ja neuerdings auch so schwer raus: Der Wind, in den Samy hier sein Fähnchen für den, bzw. seinen guten alten Hip Hop hält, hat sich bis dato tatsächlich ein paar mal mächtig gedreht.
Keinen Gefallen tut er sich letztlich mit B-Seiten-Material wie "RapGenie". Während ein anstrengend progressiv nölender Beat das restliche Album sowohl stilistisch als auch qualitativ konterkariert, ist das, was Samy darauf treibt, raptechnisch schlichtweg nicht mehr auf der Höhe der Zeit – geschweige denn genial.
In Summe ergeben das vorliegende Schwarz und Weiss unweigerlich einen Grauton, der mich mit dem Eindruck hinterlässt, dass der Mann mit seiner neuen musikalischen Identität tatsächlich noch nicht ganz im Reinen ist. Samy Deluxe hat sich in den letzten Jahren mehr und mehr von seiner einstigen Kernkompetenz, namentlich "rohe Beats, harter Rap" abgewandt - bei seiner Stimme, gesanglichem Talent und vorhandenem Anspruch beim Texte-Schreiben: kein Problem.
Er sollte jetzt nur schleunigst diesen unvorteilhaften Spagat zwischen grauer Rap-Eminenz für den Kappenträger-Nachwuchs und ambitioniertem Liedermacher für seine eigene Generation verlassen, denn irgendwann geht der auf die Eier. Everlast hat es vorgemacht, der Wickeda MC könnte diesen Weg nun als Pionier auf deutschem Boden beschreiten – die Zeichen dafür stehen gut. Und falls es dann doch mal wieder Rap auf ganzer Strecke sein soll, dann steht mit Dynamite Deluxe ja ein legendärer Bolide im Stall.
238 Kommentare
finde auch, dass es ein sehr langweiliges album ist Hörbar, bis auf einzelne ausnahmen wie das scheußliche "vater im himmel", auf jeden fall, aber etwas besonderes, einzigartiges oder gar bahnbrechendes, wie es herr deluxe jedem seiner werke nachsagt, lässt sich auf der platte nicht finden.
finde auch, dass es ein sehr langweiliges album ist Hörbar, bis auf einzelne ausnahmen wie das scheußliche "vater im himmel", auf jeden fall, aber etwas besonderes, einzigartiges oder gar bahnbrechendes, wie es herr deluxe jedem seiner werke nachsagt, lässt sich auf der platte nicht finden.
Ja, ziemlich langweiliges Album geworden, habe nach den beiden Videos/Singles Hände Hoch und Poesie Album ein ganz anderes Album erwartet. Poesie Album ist dann auch schon das Beste für mich an der Platte, Ego geht klar und dann kommt für mich nur noch Durchschnitt. Habe mir eine weniger verhaltene Platte gewünscht, schade.
Es ist seine Poesie und über Poesie lässt sich nicht streiten. Poesie sind doch die Empfindungen, und Gedanken. Willst du etwa jemandem sagen, "denk anders" oder "das sind langweilige Gedanken":D ? Samy ist halt authentisch. Andere Musiker denken sich vorher ein Song-Tthema aus, mit dem sie nichts zu tun haben, sie biegen sich richtig um,einzig um anderen zu gefallen, damit sie Erfolg haben.
Leider auch wieder ein sehr schlechtes Album von Herrn Sorge.. Psychische Probleme sollte man mit einen Arzt besprechen (und weniger kiffen hilft auch) und sie nicht auf eine Musik CD zum Ausdruck bringen.
Kann noch mehr schreiben, aber das bisherige von mir ist eig. der Kern des Problems.
Haun se rein
Ziemlich geiles Album. Rückwirkend betrachtet aber nicht mehr so geil wie am Anfang. Die meisten Songs gefallen mir, aber einige sind echt langweilig, wie z.B unbeschriebenes Blatt oder doppelt V.I.P