laut.de-Kritik
Catchyness + Sounddesign = moderner Hit²
Review von Yan VogelDie Indie-Nachlassverwalter illustrer Neunziger-Trendsetter wie den Smashing Pumpkins oder Ash versuchen sich an Beats und pumpenden Basslinien als Basis für handzahme Gitarreneinsätze und Samples. Brian Auberts androgyne Vocals kommen, gewöhnungsbedürftig hin oder her, mit dieser Neuausrichtung besser zur Geltung.
Von den Vorgängern übrig bleibt der hypnotische Flow. Jugendliche Unbekümmertheit fehlt, dafür kommt kontrollierte Offensive. Produzent Jacknife Lee (unter anderem U2) trimmt den dem Effektbrettwahnsinn entstiegenen Noisefaktor auf Linie und strukturiert ihn.
Passierten die großen Momente bei den Silversun Pickups gerne im letzten Songdrittel, scheint bei den meisten Songs bereits mit Einsatz des ersten Refrains alles gesagt. Vielleicht hat die Band auch im Hinterkopf, dass die Stilrichtung der ersten drei Alben bereits ihren Platz in der Vitrine vergangener Jugendkulturen innehat und mittlerweile trotz der Highlights "Carnavas" und "Swoon" reichlich angestaubt wirkt.
Nun folgen sie der Linie, die Arcade Fire auf ihrem letzten Album eingeschlagen haben und greifen die Formel Catchyness + Sounddesign = moderner Hit² auf, die den Mädels von Haim einen nettes Plus auf dem Konto beschert hat.
"Better Nature" lautet der Titel. Das Artwork zieren zivilisatorische Überbleibsel inmitten karger Landschaften, die die vier Bandmitglieder um Bassvamp Nikki Monninger mit Farbtupfern versehen. Sie hübschen das eigene angestaubte Image mit ein paar Farbkleksen und einer hippen Soundmodernisierung auf.
Der Titeltrack entpuppt sich als clever arrangierter Ohrwurm, der die Hookline bereits zu Beginn des Songs auswirft. "Connection" lädt mit seinem Kirmesbeat allenfalls zum Autoscooter-Cruisen ein. "Pins And Needles" plätschert nach einem gruseligen "Uhuuhu" in Kastratentonlage bis zur Bridge dahin, die mit Lagerfeuer-Feeling punktet. Das behalten die Silversun Pickups nach einem kurzen eruptiven Gitarrenspot bei, was den Song rettet.
Richtig Aufhorchen lassen die vier erstmals mit "Friendly Fire". Das Arrangement bekommt Raum zur Entfaltung, der Refrain erstickt nicht an überdrehtem Pathos, sondern glänzt angenehm mit einer schönen Melodie. "Nightlight" hält das Niveau, hier treten die Reflektor-Reminiszensen deutlich hervor.
Mit "Carcadian Rhythm" bitten die Silversun Pickups zum letzten Tanz. Nikki Monninger als Vokalise dreht sich mit der melancholischen Hook im Kreis. "Tapedeck" startet nervös mit flickernden Piano-Einwürfen, mündet jedoch in einen hymnischen Refrain im Midtempo, der am Schluss im Doubletime die Endorphine sprühen lässt.
Die "Latchkey Kids" gibt man sich am besten beim morgendlichen Workout auf die Ohren. Als Grower erster Güte entpuppt sich "Ragamuffin". "The Wild Kind" würde auch als Singer/Songwriter-Nummer funktionieren, fährt nochmal sämtlichen Ballast auf und streut zum Ende hin einen etwas zu gewollten Punk-Part ein.
Die Band wirkt immer dann stark, wenn sie unterschwellig Spannung erzeugt und ihren Flow wirken lässt. Schwach klingt das Ganze, sobald sie von aufgesetzten Pop-Phrasen zehrt und ungeduldig zum Punkt kommen möchte.
3 Kommentare
Ich stimme dem Review zu. Der einstige Charme der Band ist ein wenig der zu geradlinigen Produktion zum Opfer gefallen. Was früher noch voller Überraschungen und Feinheiten war, die man zum Teil erst durch mehrmaliges hören entdecken musste, kommt heute etwas zu glatt daher. Das heißt nicht, dass es sich hier um ein schlechtes Album handelt, was auch die drei Sterne der Redaktion zeigen. Es ist nur seit Carnavas und Swoon ein gewisser Trend zu erkennen: Weniger Gitarren - mehr Synthesizer, weniger Experimentierfreudigkeit - mehr Geradlinigkeit. Trotz allem bleibt der unverwechselbare Silversun Pickups Sound erhalten, den ich so liebe. Auch wenn ich mir für das nächste Album eine Besinnung auf alte Stärken wünsche. Viele Grüße, ein SSPU-Fan der ersten Stunde.
Habe nach dem zweiten Album ehrlich gesagt nichts mehr von denen im Sinne. Das letzte Album wurde ein paar Mal gehört, dann nie wieder. Zumindest die Singles von Better Nature lassen böses erahnen, wohl möglich noch schlechter als auf dem Vorgänger.
ja ein bisschen zu poliert und straight ist es schon aber naja
kann man sich durchaus geben!
ich kann damit durchaus was anfangen