laut.de-Kritik
61 Ostküsten-Rapper bespucken die deutschen Trademark-Beats.
Review von Thomas HaasWomit Psaiko.Dino derzeit für Aufsehen sorgt, ist für die Snowgoons business as usual. Ganz gleich ob deutsche oder amerikanische Rapper – die Snowgoons hatten sie schon (fast) alle. Das Produzentenquartett, dessen Gründungsmitglieder DJ Illegal und Det Gunner übrigens aus Deutschland stammen, versammelt auf dem zweiten Teil der "Black Snow"-Reihe gleichermaßen unbeschriebene Blätter wie altbekannte Gesichter aus Übersee. Das bevorzugte Rekrutierungsgebiet erstreckt sich dabei über die Ostküste.
Unterlegt werden die derben Raps von den monumentalen Trademark-Beats der Schneeschlägertypen, die man gut und gerne als Weltuntergangsmusik kategorisieren kann. Leicht auszumachen sind diese an den pathetischen Chören, die im Verbund mit epischen Streichern wuchtigen Drums eine bedrohliche Endzeitstimmung erzeugen.
Ähnlich apokalyptisch fallen die Lyrics der insgesamt 61 (!) vertretenen Rapper aus. Die Schlagwörter lauten Verschwörungstheorien, Terrorismus und MC-Mord auf lyrischer wie physischer Ebene. Die oftmals nihilistischen Weltanschauungen verbildlicht Apathy wohl am treffendsten, wenn er sich als Einzelkämpfer in Selbstjustiz übt: "Briefcase of cash, passports with a fake name/ Traveling through Russia with bombs on a freight train/ Turn popes to cokeheads cause they broke bread with goat heads/ Paranoid schizophrenics with no meds/ Weaving through the Vatican traffic on a moped / Carrying machine guns, cops scream code red".
Ein bedeutendes Leistungsgefälle zwischen den rappenden Protagonisten ist erstaunlicherweise nicht auszumachen. Raekwon zeigt, anders als der RZA im vergangenen Jahr auf der Genetikk-Platte, wer der Chef ist, während Reef The Lost Cauze deine Party crasht. Der bereits verstorbene Viro The Virus bereitet sich auf "Dizzy Dreams" ein gelungenes Nachwerk und wenn Onyx auf "Do U Bac Down" die Tür eintreten, ist sowieso alles aus.
Edo. G und Reks lassen sich derweil über die "Suckaz Behind Screens" aus, die im Snowgoons-Kosmos keine gern gesehenen Gäste zu sein scheinen. Während sich Rapperkollegen bei fiesen Kommentaren als beleidigte Leberwurst aufspielen, greift man hier zu drastischeren Mitteln: "On the internet talking that trash you get smashed". Ob die schnörkellosen und unaufhaltsam stampfenden Bretter allerdings überhaupt erst auf jeglichen Widerstand stoßen, darf an dieser Stelle bezweifelt werden.
Gleichwenn der Titel des "schwarzen Schnees" ebenfalls ein sehr düsteres und brachiales Bild suggeriert, steht er tatsächlich für etwas anderes: das Oxymoron "Black Snow" bedeutet vielmehr, dass neben besagten opulenten Produktionen auch solche entspannterer Machart auf der Platte zu finden sind, die allerdings einen kleineren Teil einnehmen. Klassischer, samplebasierter Boom Bap verbindet sich dabei mit einer gewissen Eingängigkeit, die sich durch die komplette Produktion des Albums zieht und so einen direkten Zugang zu jedem einzelnen Track ermöglicht.
Ausnahmslos jeder Track funktioniert sowohl für sich alleine als auch im Album-Kontext. Wieso die Snowgoons so gnadenlos unter dem Radar vieler Rap-Hörer schwirren, lässt sich nur mit ihrer radikalen Antihaltung der (oberflächlichen) Szene gegenüber erklären. DJ Illegal erklärt das mit einem simplen Fakt: "Wir machen eben kein Fast Food, sondern richtige Hausmannskost." Ist unterschrieben!
7 Kommentare mit einer Antwort
Ich kann mir diesen militanten Pathos-Scheiss echt nicht lange antun. Irgendwann, als das mal neu war, konnte man damit Leute hinter'm Ofen vorlocken, heute hab ich nur Gähnen dafür übrig. Der richtige Soundteppich für die Verschwörungstheorien eines Vinnie Paz. Es würde denen gut tun, sich mal weniger ernst zu nehmen.
ich habe mir angewöhnt wie auf dem "Terroristen Volk" album das ganze eher als fantasy zeug anzunehmen.
was ich aus den texten der snowgoons mache ist ja immer noch anders als es der künstler villeicht ausdrücken möchte.
bei den snowgoons fühle ich immer erschlagen von all den gästen ^^ aber es bietet auch immer wieder die möglichkeit neue künstler ( wie psych ward und früher lord lhus) kennenzulernen
Ist das ein verfickter Glockenbeat?
Icke kann das auch net mehr hören. Not my cup of beat anymore
GEIL GEIL GEIL
Die bringen gefühlt alle 3 Monate ein Album raus und jedes mal ist es zumindest beattechnisch so hochwertig wie der Schweizer Franken. Unfassbar!