laut.de-Kritik

Kante-Gitarrist Müller fordert viel Geduld ein.

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1974 sang Reinhard Mey vom sorglosen Schwebeflug über den Wolken. Von so viel esoterischer Leichtigkeit will die Gruppe Sport nichts wissen. Sie befindet sich mit dem dritten Album nicht über, sondern "Unter den Wolken". Dort, wo keine Sonne scheint und es düster, nass und kalt ist.

Damit setzen die Hamburger um Kante-Gitarrist Felix Müller das luftige Motiv des Vorgängeralbums fort, auf dessen Cover ein Heißluftballon vor dunklem Gebirgspanorama aus dem Bild driftete.

Müllers wenig außergewöhnliche Sprechstimme traut sich auf der Drei nun noch weiter ins Nichtschwimmerbecken: Sie schreit, jault, erklimmt höhere Melodiebögen. Es braucht einige Zeit, bis die vermeintliche Unvereinbarkeit von schwerem Grunge und sperriger deutscher Sprache verblasst. Die Gruppe Sport hat diese Geduld in jedem Fall verdient.

Denn Stück für Stück entpuppt sich der Kante-Perfektionist als Garant für straighte, melodiöse Rocksongs. Siehe das mit Akustiggitarre eröffnete "Wenn Alle Stricke Reissen", dessen Powerchords auch die Foo Fighters greifen würden.

Ein kleines bisschen zu viel von Rock-Prototype Josh Homme besitzt "Vergiss Die Weltformel", wenn auf einen schleppenden Groove Bratzbass und ein Gitarrensolo folgen.

Insgesamt verpflichten sich Sport noch stärker ihrer kompakten Mischung aus klassischem Indierock, noisigem Grunge und unverhohlenem Muckertum. Aber auch Gruselfilm-Synthies oder einen Arcade Fire-artigen Popsong wie "Der Schmerz" bringen sie unter.

Müllers Texte erzeugen dabei eine Grundstimmung, die irgendwo zwischen schleichender Verzweiflung, gefühliger Melancholie und einem Portiönchen Wut gelagert ist. "Unter Den Wolken"? Es könnte Regen geben.

Trackliste

  1. 1. Gehirnerschütterung
  2. 2. Stimmen
  3. 3. Vergiss Die Weltformel
  4. 4. Wir Sind Für Euch Da
  5. 5. Namen Und Gesichter
  6. 6. Der Schmerz
  7. 7. Wenn Alle Stricke Reissen
  8. 8. Bloss Psychosomatisch
  9. 9. Durch Die Lücken
  10. 10. Unter Den Wolken

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