laut.de-Kritik
Der eine greift zu Alkohol, der andere zur Gitarre.
Review von Michael EdeleIch wiederhole mich zwar, aber es gibt sie. Alben, die nur zu einer bestimmten Jahreszeit passen. Hätten Subsignal "The Beacons Of Somewhere Sometime" eben nicht im Herbst veröffentlicht, wäre das der Scheibe nicht gerecht geworden.
Keine andere Jahreszeit ist passender als der Herbst, um sich mit Themen wie Trennung und Verlust auseinanderzusetzen. Genau damit musste sich Gitarrist und Songwriter Markus Steffen die vergangenen Monate zuhauf beschäftigen. Wenn man in kurzer Zeit vor den Scherben seiner Ehe steht und auch noch den Verlust der Mutter betrauern muss, kann einen das ganz schön aus der Bahn werfen. Der eine greift zu Alkohol oder anderen Drogen - der andere zur Gitarre.
Und schreibt dann einfach mal das beste, wenn auch melancholischste Subsignal-Album. Allerdings kommen zusätzlich oftmals die Härte und Komplexität in den Sound der Band zurück, die auf dem Vorgänger ein zu kurz kamen. Dabei legt das Album mit einer Klaviermelodie los, die dermaßen traurig, ja fast depressiv, klingt, dass man im falschen Moment leicht mal Tränen in den Augen hat.
Diese Melodie taucht im Verlauf des Albums immer wieder auf und verstärkt den Eindruck eines Konzeptalbums. Dass es sich dennoch um keines handelt, zeigt die nicht chronologische Reihenfolge, in der Markus textlich die Trennung von seiner Frau aufarbeitet. Höchsten Respekt hat er nicht nur allein für die phantastischen Formulierungen und Metaphern verdient, sondern auch für das Fehlen jeglicher Bitterkeit oder von Vorwürfen.
Von der Stille, die das Intro "The Calm" mit Klavier, Panflöte und Cello erst zaghaft zerbricht, bleibt bei "Tempest" nicht mehr viel übrig. Wie gesagt setzt Markus auch wieder auf heftige Riffs und komplexe Rhythmen, die dieses Mal Axxis-Drummer Dirk Brand einspielte. Dessen markantes, aber nie zu aufdringliches Spiel wurde für meinen Geschmack aber ein wenig zu sehr in den Hintergrund gemischt.
Das eigentliche Spielfeld gehört den Songs (nicht der Gitarre) und dem wieder unglaublichen Gesang von Arno Menses. Dessen glockenklare Stimme hebt die ohnehin starken Kompositionen auf ein überdurchschnittliches Level. Allerdings muss man sich dem Album in seiner Gänze widmen - und Zeit mitbringen.
Nicht nur, weil die Scheibe eine Spielzeit von 70 Minuten hat, sondern weil sich die Songs erst mit mehreren Durchläufen in ihrer ganzen Pracht erschließen. Am leichtesten dürfte sich vermutlich das satt groovende "And The Rain Will Wash It All Away" in die Gehörgänge schmiegen, dessen eingängiger Chorus auch von Luca di Gennaros Keys lebt, der im Gegensatz zu Basser Ralf Schwager live nicht mit von der Partie ist.
Der Unterschied zwischen den offenen Akkorden im Einstieg zu "Ashes Of Summer" und der leichtfüssigen Gitarrenmelodie in der Strophe beißt sich für meinen Geschmack ein wenig, doch ist der Kontrast sicherlich beabsichtigt und der Refrain entschädigt für alles. Wer beim anschließenden "A Myth Written On Water" nicht ebenjenes in den Augen stehen hat, ist emotional auf dem Niveau einer Motte stehen geblieben.
Die Songs auf "The Beacons Of Somewhere Sometine" funktionieren in ihrer Einheit genauso wie auch einzeln. Dennoch konzentriert sich vermutlich alles auf den titelgebenden Magnus Opus, welcher die Songwriting-Qualitäten des Duos Steffen/Menses in aller Perfektion unter Beweis stellt. Das geschmackvolle Klavierspiel von Luca di Gennaro setzt ebenfalls öfters tolle Akzente. Das vierte Subsignal-Album mit zum Besten, was 2015 veröffentlicht wurde.
4 Kommentare mit einer Antwort
Ist es notwendig persönliche Schicksalsschläge eines Musikers in einem Review explizit zu thematisieren? Ist das der Stil von Laut. de oder Bunte?
Gute Güte ...
Wenn es maßgeblicher Grund für die Qualität und Inspiration des Albums ist: ja.
Dieser Kommentar wurde vor 6 Jahren durch den Autor entfernt.
Für mich das mit Abstand schlechteste Subsignal-Album: Unschlüssige, zerfahrene Kompositionen ohne Langzeitwirkung und eine mediokre, verwaschen klingende Produktion. Die Bass-Drum klingt schrecklich und die Keys sind atemberaubend furchtbar. So was habe ich im Prog-Bereich noch nie hören müssen! Das genaue Gegenteil vom faszinierenden, kraftvollen Meisterwerk "Touchstones".