laut.de-Kritik
Die Berliner bleiben ihren Tugenden treu.
Review von Toni HennigLetztes Jahr feierten Tanzwut mit dem gleichnamigen Album Silberne Hochzeit. Nun legen die Berliner mit "Achtung Mensch!" nach.
Die Platte legt rockig mit dem Titelstück los. Textlich gibt sich Teufel dabei als tickende Zeitbombe. In eine ähnlich rockige Kerbe, nur mit mehr Elektronik schlägt "Wenn Du Betrunken Bist". In "Roter Mohn", das darum kreist, "der Erinnerung" hinterherzulaufen, zeigen sich Tanzwut von ihrer hymnischen und melodischen Seite. Das die DDR-Vergangenheit des Sängers thematisierende "Loch In Der Mauer" kommt in den Strophen recht liedermacherartig daher, gerät im Refrain aber treibender. "Feuer In Der Nacht" erweist sich als kraftvolle Fanhymne, wie man sie von den Berlinern öfters schon gehört hat, während in "Hexenweib" tänzerische Spielmannsklänge mehr in den Vordergrund rücken.
Von Weiterentwicklung findet man auf dem Album zwar keine Spur. Jeden einzelnen Track hat man auf anderen Scheiben von Teufel und Co. schon in ähnlicher Form gehört. Dafür bietet die Platte die volle musikalische Bandbreite der Band und weniger Leerlauf als vergangene Veröffentlichungen.
"Leichen Im Keller" stellt zwar bloß einen müden Rammstein-Klon dar, der kaum Provokationspotential besitzt, dafür überzeugt "Alles Klar" als bissiger Kommentar zu unserer Wegschaugesellschaft. Dazwischen findet man mit "Noch Eine Flasche Wein" eine nachdenkliche Nummer auf "die Liebe" und "das Leben", die Bezug auf das aktuelle Weltgeschehen nimmt, und mit "Neues Spiel, Neues Glück" einen geradlinigen Track über Veränderung. Zum Abschluss stellen Teufel und Co. mit "Zauberland" wieder einmal ihre hymnischen Qualitäten unter Beweis und sorgen mit "Wir Sehen Uns Wieder" für einen zuversichtlichen Ausklang im Midtempo.
Die Bonus-CD beinhaltet neben einer Orchester-Version von "Zauberland" sowie Kollaborationen mit Schattenmann und Elli Berlin noch zwei weitere Songs. Gerade "Prügelknabe" stellt sich als sehr interessant heraus, wenn Teufel zu stampfenden NDH-Riffs mit häuslicher Gewalt ein sehr sensibles Thema anspricht.
Insgesamt zeigen sich auch nach über 25 Jahren Karriere keine Ermüdungserscheinungen bei den Berlinern. Sie gehen ihren Weg unbeirrt von Trends weiter und machen das, was sie am besten können: Rockige NDH, gepaart mit ausgelassenen Spielmannsklängen und etwas technoiden Keyboards. So viel Bodenständigkeit nötigt Respekt ab, auch wenn es das nächste Mal gerne ein wenig Weiterentwicklung sein darf.
1 Kommentar
Man soll es kaum glauben, aber auch nach vielen Jahren kann eine Band sich noch weiter entwickeln und sogar steigern. Noch eine Flasche Wein und Loch in der Mauer sind wohl die Überraschungssongs des Teufels und seinen Mannen. Doch allein Achtung Mensch! ist schon der Burner. Habe die Scheibe nun 3-4 Mal durchgehört und muss zugeben, sie entwickelt sich. Danke Tanzwut für diese tiefgründige Platte. Wir sehen uns auf Tour!