laut.de-Kritik
Dunkle Wälder und gruselige Spuren im Schnee.
Review von Kai ButterweckNeben ansprechend verpackten Geschenken und allerlei Leckereien rückt zur Weihnachtszeit alljährlich auch Musik in den Fokus, die nur schwer zu ertragen ist. Umso größer die Freude, bekommt das allseits bekannte Festtagsgedudel einen neuen Anstrich verpasst: Ex-Nightwish-Frontfrau Tarja Turunen schlängelt sich dieser Tage in düsterer Garderobe um den festlich geschmückten Baum, um Weihnachtsklassiker (und zwei Eigenkompositionen) in einem ungewohnten Soundgewand zu präsentieren.
Und es hat was, wenn Liedgut wie "Jingle Bells", "White Christmas" oder "O Tannenbaum" mit dramatischen Cinema-Effekten, tieftönigen Streichern und pumpenden Industrial-Gothic-Vibes atmosphärisch komplett auf links gedreht werden. Schnell weicht das Bild vom fröhlich gestimmten, kunterbunten Weihnachtstreiben einem Panorama aus grauen Wolkenmassen, dunklen Wäldern und gruseligen Spuren im Schnee.
Tippelt das Klavier morbide und erhebt die Hauptprotagonistin ihre unvergleichliche Stimme, folgt ein schauriger Gänsehautmomente nach dem anderen: Weihnachten aus der dunklen Perspektive betrachtet. So klingt das sonst so beschwingte "Feliz Navidad" im Balladenmodus und mit wuchtigen Achtziger-Drums unterlegt wie der musikalische Abspann einer Splattermovie-Szene.
Überhaupt erinnert die 24 Songs umfassende Platte oft an einen Soundtrack für noch nicht gedrehte Filme à la "Michael Myers' blutige Weihnachten" oder "Terrifier Meets Santa Claus". Zuweilen geht es gar episch zu: Man sieht vor dem inneren Augen Hobbits-Horden mit abgetrennten Orks-Köpfen auf den Lanzen durch die düstere Aschesavanne von Mordor ziehen ("Amazing Grace"). Auch die Eigenkompositionen klingen am besten in der Abenddämmerung zu loderndem Kamin und knarzender Kellertür ("Dark Christmas", "Together").
Das größte Geschenk macht uns Tarja jedoch zum Albumfinale, wenn sie die beiden mit Abstand nervigsten und zu Tode genudelten Klassiker "Last Christmas" und "All I Want For Christmas Is You" auf das Wesentliche reduziert. Ummantelt von klassischer Eleganz und einem atmosphärischen Mix aus Gothic, Industrial und Dark-Ambient erstrahlen die beiden saisonalen Dauerbrenner in dunklem Glanz: Licht aus, Lebkuchen verstecken und kleine Kinder erschrecken.


4 Kommentare mit 2 Antworten
Ungehörter als Helene Fischer!
Biddewas?
Bestes Helene-Album ever!
leider auch bestes tarja albung bislang, und ja, ich beziehe nightwish mit ein!
Mein Nightwish ist viel sleep.
Poppy hatte dieses Jahr aus "Last Christmas" etwas völlig Eigenes gemacht, das sich nicht zu 100 Prozent an das Arrangement des Originals hält, und hat gezeigt, wie es anders geht.