laut.de-Kritik

Live eingespielt und unglaublich heavy.

Review von

Schon vor zwei Jahren hat Smith im LAUT-Interview ein neues Cure-Album angekündigt und prophezeit, dass es "unglaublich heavy" ausfallen würde. Ob er dieses Versprechen gehalten hat? Der erste Eindruck jedenfalls ist untrüglich: Robert singt jetzt bei den Deftones. Na ja, nicht ganz so dramatisch, aber ich höre Wah Wahs und Flanger. Nicht, dass dies für The Cure etwas Neues wäre.

"Labyrinth" klingt wie die Fortsetzung von etwas, was mit "Snakepit" auf "Kiss Me Kiss Me Kiss Me" begann. Gleichwertig dazu steht "The Promise" und schließt mit seiner überragend schweren Gitarrenarbeit einen weiten Kreis, der mit "100 Years" seinen Anfang nahm, Zwischenstation bei "The Kiss" machte und gegenwärtig hier angekommen ist. Ein echtes Rockmonster mit Freakouts und Überlänge!

Apropos Rockmonster: "Us Or Them" ist Roberts Mutation in ein ebensolches und in der fast 30-jährigen Bandgeschichte seine aggressivste Performance überhaupt. So viel Wut rüber zu bringen, hätte ich ihm nicht mehr zugetraut. Er brüllt sich förmlich die Eingeweide aus dem Leib. Dazu der Baller-Bass von Simon Gallup. So stelle ich mir The Cure im 21. Jahrhundert vor.

Steht ihnen jedenfalls ganz gut, was zu nicht unbeträchtlichem Anteil aufs Konto von Ross Robinson geht, der zuvor die Hartwürste von Korn und Limp Bizkit produziert hat. Er habe die Band wieder zu ihren Wurzeln zurück gebracht, so Robert Smith. Dem kann man nicht widersprechen. Hätte Ross Robinson bereits 1982 an den Reglern gesessen, vielleicht würde "Pornography" genau so klingen. Zumindest hat Robinson die Jungs dazu gebracht, das Material im Studio live einzuspielen, was sie in der Form seit ihrem Debüt nicht mehr gemacht hatten.

Der erwartete Cure-Wiedererkennungswert findet sich spätestens auf der Single "The End Of The World". Beschwingte und fast schwebende Gitarren über einem "Uuuuhhhhuuuu"-Background im Refrain sind typisch für die Band. Dieses Muster hat schon "Inbetween Days" oder "Just Like Heaven" in die Charts gehoben. Das ist der Pop-Faktor, den The Cure für den Großteil ihrer Songs in Anspruch nehmen, die larmoyante Schwerelosigkeit, mit deren Hilfe ich mir als pubertierender Jugendlicher die Welt zu erklären versuchte.

Gleichsam stehen die Jungs für den schwermütig depressiven Düsterpop. "Anniversary" mit seinen melancholischen Keyboardflächen bedient auch diese Erwartung an die Band und stürzt uns in genau jene Abgründe, in denen wir uns nach dem Genuss eines Cure-Werkes wiederfinden wollen.

Trackliste

  1. 1. Lost
  2. 2. Labyrinth
  3. 3. Before Three
  4. 4. The End Of The World
  5. 5. Anniversary
  6. 6. Us Or Them
  7. 7. alt.end
  8. 8. I Don't Know What's Going On
  9. 9. Taking Off
  10. 10. Never
  11. 11. The Promise
  12. 12. Going Nowhere

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39 Kommentare

  • Vor 20 Jahren

    Wer will kann sich hier die neue CD schonmal als Stream anhören:
    http://www.vh1.com/artists/az/cure/762177/…

    Ich werd wohl noch bis Montag warten, bis ich mich in den Genuß dieser (hoffentlich) wundervollen CD begebe, aber die erste Single "The End of the World" find ich schonmal sehr gut.

  • Vor 20 Jahren

    Hab das Album jetzt mal gehört und muß sagen, dass es mir doch recht gut gefällt, vorallem die erste Hälfte der CD. Das Album fängt nämlich sehr, sehr gut an. "Lost" und "Labyrinth" sind wohl die besten Opener aller Cure-Cds, sehr düster und schroff, und erinnern an beste Pornography-Zeiten. Schon zu diesem Zeitpunkt wird klar, dass Ross Robinson einen guten Job bei dieser Platte gemacht hat. Soweit, so gut, doch dann folgen zwei recht poppige Songs, wobei vorallem "The End of the World" nicht so recht in die bis dahin aufgebaute Stimmung reinpassen will, halt wieder so 'ne typische Cure Single, die nicht so recht auf ein Album passen will. Besser passen da die folgende 2 Songs. "Anniversary" ist wieder sehr stimmungsvoll und "Us or Them" könnte wohl als härtester aller Cure Songs in die Geschichte eingehen. Soweit gefiel mir dann die CD recht gut, doch nun folgen eher recht uninspirierte Songs. Es folgen recht harmlose Pop-Nummern mit leicht düsterer Note, die aber eher unwichtig für die Platte sind. Einzig "Never" und "The Promise" wissen noch wirklich zugefallen.

    Trotzdem eine gut gelungene Cd, der ich 8/10 Punkten geben würde, weil einfach ein paar der besten Cure-Songs auf dieser CD vertreten sind.

  • Vor 20 Jahren

    Mal wieder sind 4 Jahre vergangen nachdem The Cure mit dem eher mittelprächtigen „Bloodflowers“ ihr letztes wohl eher enttäuschendes Studioalbum auf dem Markt brachten. Schon damals stellte sich die Frage „Ist das Feuer schon zerloschen?“ Nun meiner Meinung ist diese Frage, schon längst nötig gewesen, denn seit Mitte der 90ziger betrachte ich das Feuer schon definitiv als erloschen. Man hätte damals eigentlich schon einen Schlussstrich ziehen sollen, denn eigentlich wirklich was tolles lieferten sie darauf hin nicht mehr ab. Neben den 2 Studioalben nur noch jede Menge Best Of und Live Alben, die zum größten teil, in dem Überfluss, mehr als nur unnötig waren. Am Beginn dieses Jahres meldeten sich The Cure ja Wiedermahls mit einem, dieses mal CD-Paket zurück. So wirkliches Interesse hatte ich keines mehr dran. Kurze Zeit später erfuhr ich dann von dem neuen Album und eigentlich bin ich ja immer etwas skeptisch, wenn Bands die eigentlich ihre großen Jahre schon längst hinter sich haben, noch neue Platten rausbringen. Meistens ist das dann auch zurecht so und da bei The Cure eigentlich schon mit Bloodflowers der Ofen aus war, erhoffte ich mir nicht mehr wirklich viel von den bevorstehenden Album. Da las ich allerdings, das sie selbst behaupteten, es sei ihr bisher bestes Album. Also entschloss ich mich dann doch, in dieses Album mal reinzuhören. Was mir da zu Ohren kam, war am Anfang mehr als nur zufriedenstellend. Neue Elemente und alten Stil perfekt kombiniert. Mit „Lost“ ein sehr interrasant und vielversprechender Opener. Der zweifellos bisher bester Cure Opener. Das darauf folgende „Labyrinth“ dann ein einfach genial düster klingender Song, der meiner Meinung nach auch mit zu den besten Songs überhaupt von ihnen zählt. So langsam beginne ich zu denken, von wegen „Beste Zeiten hinter sich“, das ist The Cure 2004 und brandaktuell. Doch darauf geht’s dann in deutlich klassischerer Manier weiter. Etwas eigenartig sind die Übergänge von Song zu Song die nicht immer gerade sehr passend sind (z.B. hätte ich nach Labyrinth eher ein düsteres Lied erwartet aber stattdessen so ein klassischer Cure-Song der irgendwie gar nicht an diese Stelle passt). Stellenweise klingt das Album überraschend hart, nicht gerade so wie man es von ihnen gewohnt ist. Die Platte kann leider aber nicht das halten, was sie am Anfang so stark gemacht hat. Erst am Ende kommt es dann noch mal zu einem Spektakel. The Promise, der brachiale 10Minuten Kunstkoloss. Ein voller, knallhart und äußerst finsterer Popsong (Kann man das überhaupt noch Pop nennen?) , in den sie sich selbst überbieten. Einfach Wahnsinn, dieser Song und in einer sehr sehr ungewohnten härte, die bisher noch nie in der Form zum Vorschein kam. Auch wenn das Album neben den großen Songs auch teilweise ziemlich seine schwächen hat, im Gegensatz zu „Bloodflowers“, ist dieses Album definitiv keine Enttäuschung mehr. Ganz im Gegenteil, das Album ist absolut empfehlenswert und man kann es getrost zu den besseren Cure Alben zählen, auch wenn „das Beste“ wohl eine etwas übertriebene Bezeichnung ist. Die längere Auszeit hat ihnen wohl dieses mal sichtlich gut getan. Fazit: 8/10 Punkten.