laut.de-Biographie
The Drums
Noch bevor im Februar 2010 hierzulande mit dem Minialbum "Summertime" ihr erster regulärer Tonträger erscheint, gelten The Drums bereits als Anwärter auf den Hype des Jahres. Das liegt einerseits an der unverschämt eingängigen Single "Let's Go Surfing", dem schnuckeligen Aussehen der vier Jungs und dem alljährlichen Pop-Orakel der BBC, die in der Gruppe einen der Abräumer in 2010 sieht.
Der Sound der Amerikaner klingt frisch und unverbraucht, etwa wie eine Fusion der Label-Legenden Sun und Factory Records. Also eckige 50er-Jahre-Gitarren mit großem Sehnsuchtspotenzial à la Indie-Manchester. Die Stärken der Drums liegen klar in den einprägsamen Melodien, aber auch textlich gibt es einige schöne Momente. So heißt es in einem Song: "You used to be so pretty / But now you're just tragic / Believe in something / You're full of horse-shit."
Für Sänger Jonathan Pierce und Gitarrist Jacob Graham bedeuten The Drums bereits den dritten Bandanlauf. Die beiden Freunde lernen sich in frühester Jugend kennen, begegnen dem anderen Geschlecht erstmals in Zeltlagern und schreiben darüber bald Songs in der Synthie-Pop-Band Goat Explosion.
Obwohl die aus Florida stammenden Pierce und Graham damit Clubs an der Ost- und Westküste beackern, ist der Band kein Glück beschieden. 2003 gehen sie getrennte Wege. Pierce startet mit dem späteren The Drums-Gitarristen Adam Kessler die Indie-Band Elkland, die sogar einen Deal mit Columbia an Land zieht. Graham spezialisiert sich im Duo Horse Shoes auf sentimentale Liebeslieder, in der Hoffnung, die zeitlose Klasse seiner großen Idole The Smiths zu erreichen.
2005 sind Elkland Geschichte und Pierce hat erst einmal genug vom Musikbusiness. Drei Jahre später wagen die alten Kumpels Pierce und Graham einen neuen Versuch. Anstelle der Synthesizer sollen nun Gitarren das Soundbild dominieren. Mit 15 Songs im Gepäck siedeln die Musiker nach New York über und gründen mit Ex-Elkland-Mann Kessler und dem New Yorker Drummer Connor Hanwick The Drums.
Schon nach der ersten Club-Residency auf der Lower East Side Anfang 2009 entwickelt sich die Band zum Publikumsmagneten. Spätestens Mitte des Jahres prügeln sich die Label-Scouts um die talentierten Jungs. Als der NME die Drums als "New Yorks coolste neue Band" preist, greift das Feuer auch auf Europa über.
2010 gibt Gitarrist Adam aber überraschend während der Welttour seinen Rückzug bekannt. Im Mai 2011 stößt Chris Stein (Drums) zum Line-Up, nur um einen Monat später für Danny Lee Allen zu weichen. Fast hätte sich die Band aufgrund stilistischer Differenzen sogar aufgelöst.
Connor spielt mittlerweile Gitarre, und Jacob widmet sich neben der Gitarre auch den Synthies. Live ergänzen noch ein, zwei weitere Musiker das Line-Up. Das Nachfolgealbum "Portamento" erscheint im September 2011.
Am Anschluss auf an die darauffolgende Welttournee geben The Drums 2012 den Ausstieg von Mitglied Connor Hanwick bekannt. Die Band steht kurz vor der endgültigen Trennung, so tief sitzt der Schock, wie Pierce später in einem Interview mit Billboard erzählt:
"Das hat mir im Herzen sehr weh getan. Du baust etwas mit jemanden auf, eine Gruppe von Leuten, und zuzusehen, wie das zerbröckelt, verfällt und auseinanderbricht, war für mich sehr schmerzhaft."
Pierce und Graham, die verbliebenen Mitglieder, widmen sich zunächst eher erfolglos Soloprojekten, bevor sie 2013 verkünden, gemeinsam am dritten Album der Band zu arbeiten. "Encyclopedia" erscheint im Herbst 2014 und markiert gleichzeitig Neubeginn und Rückkehr zu den Wurzeln: Wie am Anfang sind die beiden Kindheitsfreunde die einzigen Mitglieder der Drums. Auf der anderen Seite krempeln sie den Sound um und schlagen deutlich rockigere, experimentellere Töne als gewohnt an.
Doch diese Zusammenführung währt nicht lange: Graham verlässt 2016 die Band und widmet sich nun doch wieder seinem eigenen Vorhaben. Somit steht Sänger Pierce alleine da, beruflich wie privat, denn seine Ehe mit Rispen Rischen-Pierce geht im selben Jahr vor die Hunde. Dies alles wiegt schwer für den sensiblen Jonny, der sich daraufhin in New York und L.A. verbarrikadiert und in kompletter Eigenregie an einem neuen Album schraubt.
2017 erscheint die vierte The Drums-Scheibe "Abysmal Thoughts", in der Pierce alle schlimmen Dinge, die ihm widerfahren sind, verarbeitet. Ein abwechslungsreiches, melancholisches Stück Musik, im Gegensatz zum Nachfolger: "Brutalism" ist eine fröhliche Indiepop-Scheibe geworden, die mit expliziten Texten und einem echten Schlagzeuger für Furore sorgt.
Vier Jahre später erscheint mit "Jonny" sein nächstes Solo-Album, das besonders persönlich ist. Darin verarbeitet Pierce vor allem seine 'kultische' Erziehung und deren Auswirkungen auf sein Ich. Zur Vorbereitung des Albums kehrt der Musiker in das Haus seiner Kindheit zurück, während seine Eltern verreist waren, und fotografiert sich in Räumen, die starke Erinnerungen in sich tragen. Rückblickend stellt er klar, dass ihm dies half, Frieden mit der Vergangenheit zu schließen, und es so zu einem "heiligen Ort" für ihn machte, den er anbetet. Er erinnert sich daran, dass ihm beim ersten Hören der Platte seine Seele zurück gespiegelt wurde. Laut Pierce ist die Absicht des Albums, "jeden einzelnen Teil von dir zu ehren", wobei jeder Song eine "Hymne an das menschliche Herz" ist.
Die US-amerikanische Surf Rock/Pop-Band The Drums steht, bei allen Turbulenzen, für leichtfüßige Songs, in denen stets eine Portion Wehmut mitschwingt. Anbiedernd oder kitschig muss es deswegen noch lange nicht wirken.
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