laut.de-Kritik

Coolness bleibt ihr Kapital, Minimalismus die Maxime.

Review von

"Doing It To Death": Mit einer einzigen Zeile gibt Alison Mosshart Entwarnung. Sex und Tod, die beiden Motoren der Rockmusik, lasziv und lässig vorgetragen, während Jamie Hince im Hintergrund seiner Gitarre gewohnt trockene Riffs entlockt. Vollkommen egal, dass Hince sich von Kate Moss trennte, einen Finger verlor, sein Instrument in der Folge neu erlernen musste, mit der Transsibirischen Eisenbahn auf Sinnsuche ging und Mosshart in der Zwischenzeit mal wieder mit Jack White eine Platte aufnahm, The Kills sind immer noch The Kills. Und das ist gut so.

Wie wenig sie daran ändern wollen (und können), macht "Doing It To Death" trotz kleiner Synthie-Farbtupfer auch textlich klar. Mosshart berichtet von der Unmöglichkeit, es ruhig angehen zu lassen, vom zwanghaften Weitermachen, nicht ohne dem Ganzen einen milde nihilistischen Anstrich zu verpassen. Wen das noch nicht überzeugt, den holt spätestens der gradlinige Trademark-Song "Heart Of A Dog" ab.

Wüsste man es nicht besser, man würde nicht bemerken, dass "Ash & Ice" einen Bruch in Hinces Gitarrenspiel markiert. Nach wie vor diktiert er ein Gros des Materials, besonders markant im dicken "Bitter Fruit", dessen Blues infiziertes Riff sich auch wunderbar auf einer Queens Of The Stone Age Platte gemacht hätte. Doch The Kills setzen eher auf Understatement und pusten den Song eben nicht auf Stadionrock-Größe auf. Trotz aller Professionalisierung, die im Lauf der Jahre unweigerlich stattgefunden hat, ist Minimalismus immer noch ihre Maxime.

Selbst wenn die gesteigerten Spielereien am Synthesizer auffallen, die möglicherweise Hinces Genesungsprozess geschuldet sind, primär jedoch nötige Entwicklungsschritte einer Band darstellen, die in der Wahl ihrer Mittel recht beschränkt ist. Glücklicherweise kommt diese Neuerung nicht aus dem Nichts und fungiert zudem äußerst zweckdienlich. So wirkt der Electroclash-Billig-Beat in "Hard Habit To Break" dadurch erst bedrohlich, zu Beginn hegt man gar den Verdacht, gleich übernähme M.I.A. das Mikro.

"Days Of Why And How" vermittelt im Gegensatz dazu eine synthetische Kühle, die Mossharts schnippischen Vortrag gekonnt kleidet. Wie immer changiert die Sängerin auf dem Album zwischen verschiedenen Rollen, droht Zerstörung an, winkt verführerisch heran und zeigt sich bisweilen gar ein wenig verletzlich - ohne das Zepter jemals aus der Hand zu geben, natürlich. Am nächsten kommen The Kills einer solchen Schwäche auf dem statischen "Echo Home", das beide Mitglieder gemeinsam intonieren. Ein Hauch von Shoegaze umweht das reduzierte Klangbild, das die Verlorenheit des Textes gekonnt in Szene setzt und auf ein unnötig pompöses Finale verzichtet.

Die beiden anderen ruhigen Stücke geraten erwartbarer: "Hum For Your Buzz" ist eine behutsame Blues-Nummer, die gar nicht erst versucht, eine authentische Blues-Nummer zu imitieren, während "That Love" angenehm knapp eine kaputte Liebschaft am Klavier abfrühstückt: "It's over now / That love you're in / Is all fucked up / That love is done". Mosshart gelingt es vorbildlich, solche Zeilen frei von peinlichen, persönlichen Einblicken zu halten.

Das Duo weiß eben, dass Coolness ihr Kapital ist. Schon das Cover illustriert den Titel "Ash & Ice" ja nicht marktschreierisch, sondern mit ikonischem Understatement. Der brodelnde Vulkan und der Drink, die zur Explosion bereite Sängerin und der lässige, angeschickerte Gitarrist: Stereotypen, mit denen das Duo schon immer meisterhaft gespielt hat. Und die Platte funktioniert ja auch gerade weil sie nach fünf Alben genau wissen, wo die Schrauben anzusetzen sind.

Natürlich spürt man an mancher Stelle ebenso leichte Abnutzungserscheinungen, was sicherlich auch daran liegt, dass die Platte mit knapp über 50 Minuten ein wenig zu lang geraten ist. Hinces Verarbeitung seiner Erfahrung in der Transsibirischen Eisenbahn ("Siberian Nights") hätte etwa eine leichte Straffung nicht geschadet, doch selbst in diesen Momenten bleiben The Kills angenehm unaufdringlich. Trotz der guten dritten Platte von The Dead Weather bleiben die beiden damit das amtierende Traumpaar des Indierock.

Trackliste

  1. 1. Doing It To Death
  2. 2. Heart Of A Dog
  3. 3. Hard Habit To Break
  4. 4. Bitter Fruit
  5. 5. Days Of Why And How
  6. 6. Let It Drop
  7. 7. Hum For Your Buzz
  8. 8. Siberian Nights
  9. 9. That Love
  10. 10. Impossible Tracks
  11. 11. Black Tar
  12. 12. Echo Home
  13. 13. Whirling Eye

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