laut.de-Kritik
Die Story ist wichtiger als der Sound.
Review von Michael EdeleThe Ocean haben Wort gehalten und den Nachfolger zu "Heliocentric" noch im selben Jahr in die Regale gewuchtet. Nachdem es auf dem Vorgänger um die Tatsache der Sonne als Mittelpunkt unseres Universums ging, bekommen nun die Befürworter der These, der Mensch sei der Mittelpunkt des Universums, ihr Fett weg.
Wie in der Review zu "Heliocentric" bereits vermutet, legt das neue Werk des Berliner Kollektivs härter und brachialer los. Der Titeltrack beginnt zwar mit derben Vocals und breiten Gitarrenwänden, wandelt sich im Laufe der fast zehn Minuten aber in eine etwas belanglose Akustikgitarren-Klimperei mit Klargesang. Viel zu lang.
Mit dieser Problematik haben The Ocean in der Folge leider öfters zu kämpfen. Gerade das mit akustischen Gitarren einleitende "Wille Zum Untergang" zieht sich mit seinen sechs Minuten Spielzeit unnötig in die Länge. Dass es auch interessanter geht, zeigt das ebenfalls ruhige und mit Cello verfeinerte "The Almightiness Contradiction" oder das trippige "The Grand Inquisitor III - A Tiny Grain Of Faith", bei dem eine Dame ihre Stimme erklingen lässt, die sehr an die großartige Anneke von Giersbergen (Ex-The Gathering) erinnert.
Mit kurzen Stücken hat sich die Band eher selten zufrieden gegeben. Bislang wusste sie aber immer durch interessante Kompositionen bzw. stimmigen Atmosphäre zu überzeugen. Letztere ist auf "Anthropocentric" natürlich nicht verschwunden. Dennoch bleibt die Scheibe hinter dem direkten Vorgänger zurück. Man hat stellenweise den Eindruck, die Story sei wichtiger als die Musik.
Mit einer solchen Herangehensweise tut man sich aber nur selten einen Gefallen. Vor allem, wenn Abwechslung oder Hooklines darunter leiden. Fans von The Ocean werden "Anthropocentric" mit Sicherheit nicht hassen, aber der große Wurf bleibt aus.
11 Kommentare
herr edele, herr edele. also nach meinem "blindkauf" von heliocentric (da ich ein großer fan precambrians zweiter disc bin) war ich sehr enttäuscht.
aber dieser zweite teil macht für mich so ziemlich alles richtig. von gewaltige riffwalzen hin zu perfekten wechseln in melodische parts. auch der sänger wechselt seine stimme klasse zwischen growls und gesang.
vor allem die melodien und der abwechslungsreichtumg sind fantastisch. vier punkte wären da doch drin gewesen.
Ist auch das einzige, was mich so ein bissel stört: Immer wenn Herr Edele sich noch etwas uneins zum Album zu sein scheint (und The Ocean-Alben erschließen sich eben auch schwer nach dem zweiten, dritten Hörgang...), beweist er die so oft angeprangerte "Tendenz zur Mitte" und schwingt die 3-Punkte-Keule... 4 wären meinerseits drin gewesen, für mich das beste Album seit Aeolian (ich weiß, die typische Fanschar bevorzugt aus irgendeinem Grund wohl Fluxion...), und defintiv ein Lichtblick in der Riege "härterer" Veröffentlichungen dieses Jahres... Auch von Edele bin ich durchaus schwerere Verbrechen an der deutschen Sprache gewohnt, Hut ab vor einer soliden, wenn auch wieder wenig wagemutigen Rezension.
Ich hab die Scheibe über mehrere Tage bei unterschiedlicher Stimmlage immer wieder gehört und dennoch find ich das Ding nicht so gut wie den Vorgänger. Auf "Anthropocentric" findet sich kaum etwas, das The Ocean zuvor nicht schon besser gemacht hätten. Mich packt einfach nix auf der Scheibe wirklich bei den Eiern. Das is alles gute Musik, aber leider nichts, was mich in ein, zwei Jahren noch oder wieder fesseln würde. Deswegen sind meiner Meinung nach auch nicht mehr als drei Punkte drin.
@Catweazel: Die Übergänge sind meiner Meinung nach recht flüssig und natürlich. Also keine gezwungenen Breaks oder ähnliches.
@eddy (« @Soulburn: Ach komm, die anderen Nasen von uns sind doch auch oft im Chat unterwegs. Ich les nur immer wieder den Vorwurf, ich würde nur drei oder vier Punkte verteilen. Das ist schon richtig, aber ich bekomm stellenweise 20 CDs die Woche. Da pick ich mir natürlich die Sachen raus, die sich meine Meinung nach lohnen und dann eben auch die 'Muss-Themen'. Warum sollte ich CDs besprechen, die meiner Meinung nach keiner wirklich braucht? Wenn ich, wie hier bei The Ocean, dann drei Punkte verteile, dann liegt das auch daran, dass die sich eben mit ihren eigenen Alben messen lassen müssen und da seh ich "Anthropocentric" eben schwächer, als die Vorgänger. Ergo, drei Punkte »):
Das zeigt mir doch mal, dass du unter diesen Bedingungen die Musik nicht gescheit rezensieren kannst. Und nimmst dir genug Metal-Alben raus, die niemand braucht?!? Soll ich lachen oder weinen?. Wo bleibt eine Rezension zu Agalloch, zu Deathspell Omega?
Und man sollte Alben schon im Kontext zu ähnlichen Werken eines Genres setzten und nicht alles, was einigermaßen nach einem Probehördurchgang für dich als kaufenswert empfunden wird mit vier Punkte Keule belohnen, und anderes, wo die Zeit nicht bleibt oder der Ersteindruck nicht ganz passt, mit drei Punkte abtun. Ich erinner mal an die Rezi zum Enslaved Album ...
Ja, ich weiß, ich bin unwürdig, kann nix und wenn ich was mach dann eh das falsche und vollkommen inkompetent *gähn*