laut.de-Kritik
Wie ein Dokumentarfilm, der großes Kino sein will.
Review von Erich RenzNach eigener Auskunft wäre James Mercer gerne auf Beatles-Niveau. Die Veröffentlichungspolitik seiner Shins konnte er damit nicht gemeint haben. Fünf Jahre seit "Wincing The Night Away" sind dahingeeilt - um da noch relevant zu sein, muss man schon auf den Namen Tool hören.
Was Mercer zu jenem Herzenswunsch anregte, war das Fingerspitzengefühl der Fab Four, als Songwriter Nägel mit Köpfen zu machen. Also das, was auch The Shins zuletzt vollbrachten. Wiederkäuenden 60's-Pop wird man auf "Port Of Morrow" allerdings nicht aufstöbern, dem Faible sind Grenzen gesetzt.
"Open up your parachute, something's gotta stop the free fall / I've been down the very road you're walking now / It doesn't have to be so dark and lonesome", mäandert Mercer mitfühlend in Kopfstimmenlage. Dabei könnte "It's Only Life" ein neues Lebenszeichen von Travis sein. Der Shins-Vorstand besitzt allerdings die nötige Bauernschläue, sich vorher das Patent für diesen formidablen Song zu sichern.
So viel Glanz und Gloria das verbreiten mag, vieles auf "Port Of Morrow" wirkt entweder zu sehr aufpoliert oder - ganz im Gegenteil - absolut matt. Luden die Shins früher dazu ein, als Soundtrack anzudienen, mit dem man unbedarften Indie-Bierflaschenmädchen einen Schritt näher kam – mit "No Way Down" ist jetzt auch die Schwiegermutter leicht zu begeistern. Das ist genauso harmlos wie selbstgefällig.
Anders die "40 Mark Strasse". James Mercers wache Erinnerung an die Pennälertage am Gymnasium zwischen der Ramstein Air Base, an der sein Vater stationiert war und dem pfälzischen Miesenbach. So anrührend wie aus dieser Sicht eines jungen Naivlings sang selten jemand über Freudenmädchen: "You play in the street at night / You blow just like a broken kite / My girl, you're giving up the fight / You'll have to lose all them childish notions / Are you gonna let these Americans put another dent in your life?" Der Refrain offenbart sich als James-Mercer-Kollektiv, doppelt und dreifach wird seine Stimme gespiegelt und zu einem Chor vervielfacht, der für die Grandezza dieses Titels verantwortlich ist.
Vorher, im "Simple Song", hyperventiliert eine Gitarre, doch sonst ist diese Nummer trotz seines angedachten Großformats und seiner Einfachheit leider nicht in der Lage, Berge zu versetzen.
Und so tuckern die Shins behäbig durch die Vergangenheit. Ihr Ziel ist der angeschmutzte "Port Of Morrow", gelegen am Columbia River. Auf dem Weg dorthin fühlt man sich wie in einem Dokumentarfilm, der gerne das ganz große Kino anvisieren wollte - allerdings ist der "Port Of Morrow" zum Nebenschauplatz mit vereinzelten Insidertipps geworden.
6 Kommentare
Mir gefällt das Album ausgesprochen gut. Aber ich bin in diesem Fall auch Fanboi auf stummerzeuge-Niveau, weil die Shins klischeehafterweise in der Tat den Soundtrack zu einer besonders schönen Zeit meines doch noch recht jungen Lebens gestellt haben. Die könnten wahrscheinlich South Park-mäßig Furzgeräusche auf CD brennen und ich würde es dennoch sentimentieren...
Mir gefällt das Album ausgesprochen gut. Aber ich bin in diesem Fall auch Fanboi auf stummerzeuge-Niveau, weil die Shins klischeehafterweise in der Tat den Soundtrack zu einer besonders schönen Zeit meines doch noch recht jungen Lebens gestellt haben. Die könnten wahrscheinlich South Park-mäßig Furzgeräusche auf CD brennen und ich würde es dennoch sentimentieren...
Schönster Indie-Pop (natürlich nicht so gut wie "Chutes Too Narrow"). Mit "The National" für mich die Band zum Entspannen. Leider nur über Stream bisher den Titeltrack, Fall of `82 and das den grandiosen "Simple Song" gehört. Die Kritik mit 3 Punkten setzt jetzt für Shins Maßstäbe wohl an oder? Wenn hier Spongebob Cover Album mit der gleichen Punktzahl benotet wird, passt hier doch einiges nicht mehr? Einigt euch mal auf ein gewisse Referenz. Bei anderen Webzines gelingt dies auch.
Das Album ist großartig und ein absolout gelungener Soundtrack für den Sommer. Es wächst mit jedem mal hören weiter und kann mit sehr viel Abwechslung punkten. Der Titeltrack "Port Of Morrow" sticht dabei wohl am meisten heraus, nicht zuletzt wegen seinem großartigen Text.
Auf anderen Musik-Kritikseiten hat das Album übrigens durchweg gute Ressonanzen bekommen, auf pitchfork beispielsweise 8,4 Punkte.
Mittlerweile drängt sich der Verdacht auf, dass laut-Kritiker eine übertriebene Anzahl von Floskeln und (gewollt) lustigen Metaphern untermischen müssen, bevor sie Kritiken veröffentlichen dürfen. Das Musik dabei nur oberflächlich laienhaft betrachtet wird ist dabei völlig egal.
Wie unterschiedlich doch dieses Album bewertet wird, musikexpress hat 5 von 5 Sternen gegeben, Rolling stones schwache 2,5 von 5, ich höre mir jetzt erst einmal an und hoffe musikexpress hat recht, simple song fand ich auf jeden Fall schon gut
Die Kritik ist Bullshit - wer die Shins mag, wird dieses Album idR toll finden. Wer sie bisher nicht mochte, kann auch dieses Album getrost links liegen lassen.