laut.de-Kritik

Das vertonte Nichts.

Review von

Wer nur dreißig Sekunden bis zum Mars braucht, ist weitaus schneller als mit Lichtgeschwindigkeit unterwegs. Wer schneller als das Licht reisen kann, verfügt über die Fähigkeit, in die Vergangenheit zu blicken. In den letzten fünf Jahren nutzten dies zwei Forschungsreisende, um zum Beginn des Universums zurückzukehren. Längst vergangene Planeten und Galaxien zogen in Streifen der Erinnerung an ihnen vorbei, bis sie ein kleines rundes Etwas erreichten, mehr eine sich aus allem um sich herum definierende Leere als ein Objekt. Manche nennen es "Gott", andere "Wissenschaft", sie selbst nennt sich "Leto". Da aus ihr jegliche Materie, jegliche Anti-Materie und die Zeit nach außen strömten, die letztlich unser Universum formten, herrscht in ihr das vollkommene Nichts. Thirty Seconds To Mars gelingt nun mit "It's The End Of The World But It's A Beautiful Day" das Kunststück, dieses Nichts zu vertonen.

Laut Jared Leto – immerhin der schlechteste UND zweitschlechteste Batman-Joker aller Zeiten – brachten sie von diesem Trip ganze 200 Songs mit. So viele schrieben sie zumindest in den letzten fünf Jahren. Wenn diese elf hier ausgewählten Lieder die besten davon sind, mag man die anderen 189 gar nicht hören. Leider hat der Sänger uns bereits ein zweites, vielleicht sogar drittes Album aus diesem Fundus der Phantasielosigkeit angedroht.

Ausgerechnet im Opener "Stuck" bringt der übrig gebliebene 30STM-Rumpf doch kurzzeitig Emotionen ins Spiel. Das von einem grenzdebilen Immer-voll-drauf-Bass vorangetriebene Stück fällt so niveaulos aus, dass man sich im Takt auf die Ohren schlagen möchte. Spätestens wenn zum Ende der "Ram-dam, da-da-da, dam-dam / Ba-da-da-da-da, dam-dam"-Gesang einsetzt, versteht man, was hier passiert. Die Letos durchsuchten sämtliche Paralleluniversen nach der schlechtesten Version von Lady Gagas "Bad Romance" und verspielten sich bei den Aufnahmen auch noch.

Man könnte nun denken, dass einem nach diesem Start ein schlechtes Album erwartet, aber nicht einmal das schafft "It's The End Of The World But It's A Beautiful Day". Ohne einen Eindruck zu hinterlassen, zieht es einfach vorbei.

Wenn man an einem Spätsommerabend in der Sonne auf einer Picknickdecke sitzt, ein paar leere Flaschen neben einem stehen, der Wind über deren Hälse streicht und ein leises 'Füüüüüü' erklingt, dann entspricht dies in etwa dem Grundsound des Albums. Irgendwo in "World On Fire" klampft Ed Sheeran auf seiner Gitarre herum. Das Sound-Einerlei "Seasons" versuchen 30STM mit der gewollt tiefsinnigen Nicht-Message "People they come, people they go" aufzuwerten. "Get Up Kid" brummt mehr, "Love These Days" weniger vorbei. Da es all diesen Liedern an einer irgendwie gearteten Songwriting-Idee mangelt, spielt es aber keine Rolle, wie man sie verpackt. All dies könnte nicht egaler sein.

"Avalanche" sticht dann doch noch heraus, versucht, voller lebensbejahendem Enthusiasmus den Stadion-Emo-Rock der Vergangenheit mit ihrer heutigen Klangwelt zu verbinden. Letztendlich verhallt aber auch dieser Versuch noch vor seinem eigenen Ende.

Umhüllt von radiotauglichem Pop herrscht auf "It's The End Of The World But It's A Beautiful Day" ein absolutes Ideen-Vakuum. Würde man hingehen und leere dreiminütige Songfiles erstellen, würden diese mehr Informationen in sich tragen. Aber in solchen Momenten ist es wichtig, sich auf die schönen Dinge zu fokussieren. Der Abstand zwischen den Alben der Leto-Brüder verlängert sich mit jedem ihrer Werke ein wenig.

Trackliste

  1. 1. Stuck
  2. 2. Life Is Beautiful
  3. 3. Seasons
  4. 4. Get Up Kid
  5. 5. Love These Days
  6. 6. World On Fire
  7. 7. 7:1
  8. 8. Never Not Love You
  9. 9. Midnight Prayer
  10. 10. Lost These Days
  11. 11. Avalanche

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