laut.de-Kritik
Jedem Außenseiter sein Zuhause.
Review von Yan VogelDie Pause nach "Major/Minor" und die Freude über das Comeback "To Be Everywhere Is To Be Nowhere" verdeckten, dass Thrice 2016 eine Konsensplatte vorgelegt hatten: Immer noch voller toller Melodien und mit einer deutlichen politischen Message versehen, bewegten sich Sänger und Gitarrist Dustin Kensrue und Co. in stilistisch eng gesteckten Grenzen. Dieser Selbstvergewisserung folgt nun der Befreiungsschlag.
"Palms" streckt sich auf fast jedem Song in neue Richtungen und sorgt dafür, dass - mit Ausnahme der Abgehnummern "The Grey", "A Branch In The River" und "Hold Up A Light" - der Terminus Post-Hardcore mittlerweile obsolet ist.
Das elektronisch dominierte "Only Us" lässt die gefühllose Maske mit einem wunderbaren Refrain fallen. Das spröde "The Dark" bietet mit dem Fan-Chorus zum Ende jedem Außenseiter ein Zuhause. Emma Ruth Rundle verzaubert und verzückt als Zweitstimme im metrisch gewagten "Just Breathe".
In "Everything Belongs" kippt Kensrues Stimme in einen Bariton und streichelt die Seele. "In My Soul" rüttelt dank Psychedelic- meets Gospel-Stimmung an den Grundfesten der Realität. Mit "Beyond The Pines" erreicht die Band schließlich das Ziel der Reise: Der Song brint die ganzheitliche Philosophie von Thrice am besten auf den Punkt.
Der Hörer fühlt sich wie auf einer alten, windigen Straße mit vielen Abzweigungen, die zwar mit verschiedenen Einflüssen und Meilensteinen gepflastert ist - von der aus aber alle Wege zu Thrice führen. Die Musik steht einer Denkrichtung wie Artrock wesentlich näher als Einordnungen à la Post-Hardcore. Zu all den klassischen, elektronischen und poppigen Anklängen addieren Thrice ihr typisch noisiges Soundgewand.
Ein zugrunde liegendes Konzept rundet "Palms" zudem ab. Auch auf "The Alchemy Index" webte das Quartett einen roten Faden in die Song-Zyklen ein. Nach den vier Elementen, gibt es hier nur ein einziges, bestimmendes Thema. Jeder Song setzt sich mit Händen und Handflächen auseinander. Dabei decken die Amis viele Facetten ab: Hände, die sich in einem reißenden Strom am rettenden Ast festklammern, zur Drohgebärde geformt sind oder schlicht alles und jeden umschließen. Jenseits Grenzen ziehender Dualismen erschaffen Thrice ein eindringliches Werk, das noch lange nachklingt und nachwirkt.
8 Kommentare mit 3 Antworten
Verdient
Erster Durchlauf iz da.
Dieser Kommentar wurde vor 6 Jahren durch den Autor entfernt.
Dass das Highlight des Albums, Blood on Blood, hier nicht berücksichtigt wird >:-|
Hat Stärken und Schwächen das, aber generell finde ich es sehr angenehm, wenn so Hartwurst-Bands mal die Regler zurückdrehen (s. z.B. Getaway Car und Last Remaining Light von Audioslave - wobei mensch natürlich nicht an die Leistung eines Chris Cornell heranreichen kann...)
Uga
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