laut.de-Kritik
Lagerfeuermusik für die Generation Autotune.
Review von Stefan MertlikMixtape oder Album – die Übergänge sind seit Jahren so fließend wie der darauf enthaltene Sprechgesang. Ob schludriger Rap oder nöliger Gesang – Autotune drüber klatschen, und die mit Anspielpunkten völlig überladenen Veröffentlichungen plätschern vor sich hin. Wer nur ein langes, mit Effekten aufgeputschtes Lied heraushört, will die Musik nicht verstehen.
Ganz so einfach sollte man es sich mit einem Künstler wie Trippie Redd aber nicht machen. Im Vergleich zum lebendig gewordenen Internet-Troll 6ix9ine ballert der 19-Jährige – zumindest in der Musik – nicht wild um sich, sondern inszeniert sich als Jugendlicher mit gesichtstätowierter Schale und weichem Kern. Der dritte Teil seiner "A Love Letter To You"-Mixtape-Reihe ist ein weiterer Beleg hierfür.
"She say she love me, I think she love me not / She say she love me, I know she love me not", heißt es grammatikalisch inkorrekt im Trennungslied "Can't Love". Doch Trippie holt sich gegen den Schmerz keine Ratschläge von Dr. Sommer, sondern betäubt ihn auf "I Tried Loving" mit Drogen: "You can try, I guarantee the shit won't work / You can die, I guarantee the shit won't hurt / I can't deny, I was fuckin' with you at first / Pain killer in disguise, I can't feel a thing off the Percs".
"A Love Letter To You 3" klingt wie ein einziger Rausch. Die Beats ordnen sich Trippies Performance unter. Wie schon auf dem Vorgänger "Life’s A Trip" stechen zwei, drei Hits heraus. Namentlich sind das die Videoauskopplung "Topanga" und das von Diplo produzierte "Toxic Waste". Der Rest reiht sich in einen 43-minütigen Vibe aus Melancholie und Euphorie ein.
Das Scheinwerferlicht liegt auf Trippie, wodurch die vielen Spielereien seines Produzententeams schon einmal untergehen können: Gepitchte Vocals wie zu Dipsets Hochzeiten, Bläser-, Gitarren- und Flöten-Samples und ein mit "Camp Fire Tale" passend betiteltes Akustikgitarrenstück – das ist Lagerfeuermusik für die Generation Autotune.
Trippie Redd hat eine künstlerische Vision, und an dieser feilt er von Veröffentlichung zu Veröffentlichung. Er selbst wird in Interviews nicht müde, immer wieder darauf hinzuweisen. Niemand muss "A Love Letter To You 3" spannend oder gar gelungen finden. Dass sich junge Menschen mit Weltschmerz und Liebeskummer darin wiederfinden können, wird aber schon nach wenigen Hördurchgängen klar.
2 Kommentare mit 3 Antworten
Meinung dazu von jemandem mit Ahnung?
Konnte mit Trippie nie was anfangen, ziehe mir vielleicht später mal rein
Wertung geht klar.
Der erste Teil ist schon sehr stark. In letzter Zeit fand ich Trippie aber auch eher mittelmäßig.
Muss zu meiner Schande zugeben, dass ich das zT ziemlich großartig finde...manche Tracks sind Müll aber zB I tried Lovin ist mMn ein richtig brutales Brett.