laut.de-Kritik
Wenn der Horizont am letzten Kontoauszug endet.
Review von Mirco LeierMan kann Ufo vieles vorwerfen, aber ein Lügner ist er nicht. Wenn er uns fünfzig Mal pro Album "Ihr wisst Bescheid" an den Kopf wirft, dann tut er das, weil wir tatsächlich Bescheid wissen. Das Phänomen Ufo ist beileibe nicht sonderlich komplex. Aber dennoch hat man als jemand, der sich zumindest rudimentär für das Genre interessiert, nach über zehn Projekten ein ungefähres Gespür dafür entwickelt, was diesen Mann umtreibt, musikalisch wie inhaltlich: Wenn ein neuer Sound im Mutterland der Trap-Musik funktioniert, und mit funktioniert meine ich, dass 15-Jährige ihre Instagram-Stories damit schmücken, dann könnt ihr euren Erstgeborenen darauf verwetten, dass wir ihn auch bald auf einem Ufo-Album zu hören bekommen.
In diesem Sinne kommt auch nichts, und ich meine wirklich absolut gar nichts überraschend, was Ufo auf seinem ersten Mixtape seit sechs Jahren ausprobiert. In den Staaten dominiert gerade Playboi Cartis Opium-Label den Zeitgeist der Jugend, also kramt Ufo mit "SONY" einmal mehr fleißig sein Notizheft im Prada-Einband raus und spickt ab. Nicht nur, wie man Rage-Musik macht, nein, die gesamte Ästhetik dieser Szene ist ab sofort Teil seiner Persönlichkeit. Deshalb liegt er auf dem Cover auch in einer Badewanne voll Blut und stilisiert seine Songtitel wie Hieroglyphen. Nur inhaltlich bleibt sich Ufo treu. Der Berliner mag jetzt edgy sein, aber der eigene Horizont endet weiterhin am Ende des letzten Kontoauszugs.
Wenig überraschend: Seiner extensiven Produzenten-Riege, die den wesentlich interessanteren Teil dieses Tape hergeben, gelingt es ganz gut, diese Sounds zu reproduzieren. Die Synths klingen wie aus einem Arcade-Game der 80er gerippt, der Bass fetzt einem fast das Trommelfell weg. Doch das reicht in diesem Falle einfach nicht aus, weil Rage schon jetzt kein wahnsinnig ergiebiges Genre mehr ist, und Ufo sich nie außerhalb der ohnehin bereits definierten Linien bewegt. Ufos eigener Rage-Sound existiert nicht, er besteht nur aus Versatzstücken anderer Artists, deren Musik oftmals selbst an ähnlichen Problemen krankt. Die Gitarren, die auf "MOF" oder "LikeMe_" am Klangbild zerren, oder der Retorten-Techno-Beat von "COBAIN" gehören noch mit zum interessantesten, würden sie nur nicht so furchtbar billig klingen.
Die LP hält hier und da aber auch Lichtblicke bereit, die vom Rage-Sound abweichen und so etwas wie eine eigene Identität aufkeimen lassen. Das liegt allerdings weniger an Ufo und mehr an den großartigen Beats, die ihm zur Verfügung stehen. "Match_3" und "Traum_V2" trumpfen mit wunderschöner von Clams Casino inspirierter Cloud Rap-Melancholie auf, der Jersey Club-Beat von "Rick Owens" würde prima für einen Ken Carson Solo-Track funktionieren und "LeaveMe_" erdrosselt seine vereinsamte Piano-Melodie mit einer tonnenschweren Synth-Linie - der vielleicht beste Moment auf dem ganzen Tape. Wäre "SONY" rein instrumental, wäre es wirklich hörenswert.
Ufo ist ein bisschen wie ein musikalischer Sextourist, wie Horst von nebenan, der mit 65 nach Thailand fliegt und eine sehr junge Frau dafür bezahlt, zwei Wochen mit ihm durch die Gegend zu touren und sich einbildet, er hätte die große Liebe gefunden. Der Berliner wäre so gerne eine Ikone, hätte so gerne den Einfluss, den er immer wieder bei Newcomern in Übersee beobachtet, dass er einfach so lange Geld drauf wirft, bis sein Cosplay als authentisch durchgeht und sich die Artists, die er beklaut, zu einem halbherzigen Feature hinreißen lassen.
Wo derlei zugedröhnte Ästhetik Ken Carson oder Yeat komplett natürlich von der Hand geht - was nur bedingt ein Kompliment ist -, hat man bei Ufo eher das Gefühl, das er daheim auf den Milliliter genau seinen Lean abmisst, um einen ähnlichen Zustand zu erreichen. Nur, um am Ende auf Songs wie "YAMAMOTO" und "ISSEY MIYAKE" wie ein Laienschauspieler in der Lindenstraße zu klingen, der einen Besoffenen mimen soll. Auch die Songlängen wirken nicht organisch konzipiert, sondern eher so, als hätte sich der Berliner gezwungen, bei jedem Demo nach spätestens zweieinhalb Minuten die Schere anzusetzen, weil man das in diesem Genre eben oftmals so tut.
Man kann es Ufo sicherlich irgendwie als Kompliment auslegen, dass er als gefühlt einziger deutscher Rapper immer noch so im amerikanischen Markt drin ist, dass er jeglichen Hype zu reproduzieren versucht. Schließlich wünscht man sich doch, dass wir auch hierzulande mit internationalen Standards mithalten können, und Ufo hat die finanziellen Mittel, um diesen Versuch einigermaßen hochwertig klingen zu lassen. Jedoch beweist auch dieser Anlauf, auf die Rage-Welle aufzuspringen, dass er abseits dieses, ehrlich gesagt auch ziemlichen oberflächlichen Interesses für den Stand der Szene, nichts an Qualitäten mitbringt.
Es gibt keinen einzigen Moment auf diesem Mixtape, der sich im direkten Vergleich mit seinen Vorbildern behauptet. Das ist besonders bezeichnend, da, anders als bei den übergossen Trap-Idolen seiner letzten LPs, die Messlatte hier nicht mal besonders hoch liegt. Ein Ken Carson ist kein Travis Scott, ein Destroy Lonely kein Future. Aber dennoch sieht Ufo neben ihnen erneut wie ein im Regen stehen gelassener Groupie aus.
12 Kommentare mit 4 Antworten
Ungehört 1/5. Wie man sich das unironisch geben UND feiern kann wird eines der großen ungelösten Rätsel unserer Zeit bleiben.
Feier die Hook. aaamamfmmfmfmaaaaaaoouuYAMAMOTO / ooooeegooouuhhsseeeeööFOTO
Schon geil.
1/5 sollte klar sein.
schwierig irgendwie. mochte ein paar singles, manche auch nicht. Aber mein hauptproblem ist die abmische. mir ist seine stimme viel zu laut. da ist vieles unhörbar leider.
paar gute songs: match_3, leaveme_, dronedamage, sony
Ich mag Ufos Alben Wave & LML, auf denen man auch merkt, wie sehr ihn die Trapmusik bzw. der Ami Flow beeinflusst. Auf dem LML Tape, gefiel mir gut, dass die Features fast nur gute Ami Rapper waren. Als ich hier gesehen hab, dass Ken Carson u.a. drauf ist, fand ich es wieder gut, dass nur englisch sprachige Rapper drauf sind, war aber skeptisch, da es nur Rage Rapper sind, da mir deren Sound nicht so sehr zusagt. Jedenfalls finde ich das Album (Mixtape) auch eher schwach, da sich Ufos irgendwie noch Autotune geschwängerter anhört als sonst (was an dem Rage Sound liegen mag) und dass er irgendwie alles „kopiert“ was Übersee gerade einen Hype hat (gut dass er das nicht mit Drill gemacht hat). Jedenfalls passt Rage nicht zu ihm und er soll wieder auf der Trap Schiene fahren. Die Tracks COBAIN & RICK OWENS fand ich noch recht ok, der Rest eher Abfall. 1,5/5
Jaja… du weißt..
Der wirkt wie 10 Minuten vor Suizid.