laut.de-Kritik
Herr Ober, etwas mehr Koffein bitte.
Review von Gregory BritschYeah ya, schon wieder etwas Erfreuliches aus dem Hause Planet Mu: Venetian Snares. Unter diesem Alias veröffentlicht Aaron Funk sein inzwischen zwölftes Album "Rossz Csillag Allat Született". Den Anlass dazu gab wohl ein Abstecher nach Ungarn während einer Europatour, als Funk dem Király Palota – das ist der Königliche Palast zu Budapest – einen Besuch abstattete und sich dort der Vorstellung hingab, eine Taube zu sein. Ob dabei nun irgendwelche Substanzen mit im Spiel waren, entzieht sich meiner Kenntnis.
Neben diesen taubenhaften Gedankengängen zog Funk seine kompositorische Inspiration offenbar genauso aus dem Liedgut, das gerade in den südosteuropäischen Ländern zu finden ist: Jene intensive, von Streichinstrumenten geprägte, bisweilen herzzerreißende Musik, dem jüdischen Klezmer nicht ganz unähnlich. "Rossz Csillag Allat Született" ist voll mit diesen charakteristischen Geigenmelodien. Barocke Streicher, die allerhand Melancholie und Schwermut mit sich bringen. Ein durchdringendes wie entblößendes Szenario mit manchmal arg melodramatischen Stimmungen, entworfen von Funk, der eigens für dieses Werk Trompete und elektrische Violine erlernte.
Meine morbiden Hirnwindungen suggerieren die Vorstellung eines trüben Nachmittags in einem antiquierten Kaffeehaus aus vergangenen K.u.K.-Zeiten. Das ächzende Canapé lässt einen tief versinken. Der Ober kredenzt einen großen Braunen und ein Stück Torte mit Schlagobers. Und der Geiger stimmt sein Gerät. Seine Musik fängt an zu wirken, fährt in Kopf und Rückenmark. Gedanken gleiten umher. Herr Ober, mehr Koffein bitte. Oh Belle de Jour. Seufz. Tja, und dann ist erst mal abrupt Schluss mit der Wehmut.
Denn es tauchen urplötzlich, wie aus dem Nichts, wieder diese hektischen, ungestümen Jungle-Rhythmen auf, die Breaks purzeln wild und zügellos umher, eine Highspeedattacke folgt der nächsten. Breakcore halt. So kennt man, so liebt man Venetian Snares. Zwischendrin holzt Funk mit den Jungle-Patterns dermaßen umher, fährt dem Gegniedel derart in die Parade, dass kein Auge trocken bleibt. Und doch bilden klassisches Liedgut und wahnwitzige Elektronik irgendwie eine Einheit. Wenngleich auch nicht immer eine harmonische. "Rossz Csillag Allat Született", das ist ein Auf und Ab aus Splatter und Seelenpein. Was will man mehr?
13 Kommentare
Das größte IDM-Werk unserer Zeit. Die Rezension hätte aber durchaus noch etwas ausführlicher sein können.
@Nilsson (« Das größte IDM-Werk unserer Zeit. »):
das mit sicherheit nicht, aber ein großartiges album...
ein wirklich sehr gutes ding. habs geschenkt bekommen und jetzt schon 4mal komplett durchgehört... hajnal ist so genial. unglaublich.
joop musst dir mal die englische wiki zu dem ding durchlesen
Kenn jemand nen artistportal, was eine überarbeitung dringender nötig hätte als das von venetian snares? Grausig.
traurig, dass man mit so einer hingerotzten schreibe abgespeist wird. ist eher die frage inwiefern drogen beim schreiben der rezension mit im spiel waren. vllt wollte der "autor" einfach in ruhe weiterkiffen und sich nicht von seiner arbeit ablenken lassen.
mr. funk hat im übrigen eine zeitlang in ungarn mit der musikerin hecate gelebt mit welcher er auch die ep nymphomatriarch gemacht hat.