laut.de-Kritik
Eine Mischung aus LSD-Trip und Isaac Hayes.
Review von Christoph DornerBei Yo La Tengo verhält es sich ein wenig so wie mit den Grünen. Band wie Partei gibt es seit Beginn der 80er Jahre. Beide verschafften sich rebellisch laut, aber eigentlich von Grund auf pazifistisch Gehör, konsolidierten sich später mit kleinen Erfolgen im gesellschaftlichen Mainstream und sind für die mittlerweile gesetzte Klientel unbedingte Garanten für Qualität, sei es nun bezüglich biologisch kontrollierter Lebensmittel oder eben in Sachen besserer Pop.
Es geht noch plakativer: Einer der bekanntesten Yo La Tengo-Songs ist das Sun Ra-Cover "Nuclear War". Noch Fragen? Jedenfalls dürften Fans der Band aus Hoboken genauso zuverlässig nach dem zwölften Album greifen wie Realos und Fundis bei Wahlen ihr Kreuzchen bei grün setzen. Dazu gibt es zumindest aus musikalischer Sicht allen Anlass: War das letzte Album "I Am Not Afraid of You and I Will Beat Your Ass" schon ein großer Wurf, steht "Popular Songs" dem kaum nach.
Die psychedelische Single "Here To Fall" mutet mit traumwandlerischem Piano, breiten Streichern und Jam-Schlagzeug nach einer Mischung aus LSD-Trip und Isaac Hayes-Soundtrack an. "I know you're worried / I'm worried too. But if you're ready / I'm here to fall with you", singt Ira Kaplan dazu in seiner eigenen, sanftmütigen Art.
Es folgt, was der Plattentitel nahe legt: Kein Konzeptalbum, sondern eine relativ lose Abfolge von akustisch-meditativem Tweepop, in einer Ausnahme ("Nothing To Hide") auch fuzzigem Indierock in Mid-Tempo, wobei auch Studien in Funk, Motown oder Boogie Woogie dezent zitiert werden – alles ohnehin Teil des 25 Jahre alten Referenzkastens von Yo La Tengo.
"If It's True" klingt mit süßlichen Streichern, Hammond-Orgel und dem Wechselgesang von Kaplan und Schlagzeugerin Georgia Hubley ähnlich melodieselig wie Belle And Sebastian zu ihren besten Zeiten - den rüden Fade-Out nach zweieinhalb Minuten verstehe allerdings wer will. Dennoch: Reif und innig wirken die ersten neun Songs des Albums, das mit dem akustischen "When It's Dark" und "All Your Secrets" mit harmonischen Zweitstimmen weitere Highlight zu bieten hat.
Den eigentlichen Rahmen des Schaffens und auch vieler Liveshows von Yo La Tengo bilden allerdings epische Noise-Jams, die auf "Popular Songs" weniger laut und verzerrt als sonst ausfallen und in Form von sphärischen Klangcollagen hinten angehängt wurden. Auch das ist Pop beziehungsweise Politik: Vorne die (Wahl-)Geschenke, hinten die sperrigen Themen. Recht so.
3 Kommentare
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es kommt einfach nicht an das hervorragende "i am not afraid of you and i will beat your ass" ran. manche songs sind natürlich wieder unfassbar lang geraten im ylt-typischen meditationsstil, aber am ende fehlt der erlösende 'ausbruch', die genialen gitarrensoli. stattdessen ist alles zu linear und mir persönlich auch zu ruhig geraten. bestes beispiel: the fireside. hier passiert eine gefühlte stunde nix, bis auf ein bißchen akustik-geklimper und schläfrigem gesang. auch die intendierte atmosphäre, sofern sie etwas anderes als ein nickerchen vermitteln will, schlägt völlig fehl. überhaupt ist die länge der songs zum teil ärgerlich. über 70 minuten musik können ja ganz schön sein, nur muss man sie auch sinnvoll füllen können. immerhin setzt "and the glitter is gone" ein ausrufezeichen als etwas fetzigeres psychedelic / noise -stück am ende des albums.
sonstige highlights: "avalon or something similar", "when it's dark", "more stars than there are in heaven".
etwas enttäuschend leider, 3 punkte hätten's auch getan.
hallo? es hat auch noch niemand was zu u9000 geschrieben!
außerdem sind yo la tengo tutti und ich geh da auch auf das konzert drauf und zieh mir dann einen schuh aus, den ich den drei menschen schenke, weil ich sie so liep.
schätze mal, du wirst sie dir am 23. 11. im postbahnhof ansehen.
die freuen sich bestimmt über deinen schuh.
anyway, geniale band, auch wenn ihr neues album kein großer wurf ist.
keine sorge, u9000 gebe ich mir auch gleich.