laut.de-Kritik
Unter der Abendsonne von LA spielen die Trapper den Blues.
Review von Yannik Gölz03 Greedo rappt mit einem fast zelotischen Eifer. Kratzig, treibend und ein wenig gehetzt dröhnen seine improvisiert klingenden Flows über die Beats und schaffen eine einzigartige Dynamik. Wie schon seine zwei anderen Alben, die er vor seinem unausweichlichen, zwanzigjährigen Gefängnisaufenthalt aufgenommen hat, dokumentiert "Still Summer In The Projects" die Energie eines Optimisten, der im Angesicht des Abgrunds dem Leben alle Freude abringen will.
Schon der Opener wird dabei dem bittersüßen Bild des Titels mehr als gerecht. DJ Mustard, der die gesamte Platte produziert hat, gibt Greedo einen höllischen Bounce im Bass und Melodien in feinster Westcoast-Manier, die der Wolf der Grope Street mit einem magnetischen Charisma bespielt. Musik, um mit dem Cadillac durch die Projects zu fahren, genauso wie es Musik ist, um vier Uhr morgens aus dem Club in eine laue Sommernacht zu stolpern und mit vom High runterkommenden Freunden über die guten Dinge im Leben zu sprechen.
"10 Purple Summers" zeigt auch Greedos beeindruckendes Talent mit den Hooks. Wer diesen Song einmal gehört hat, der wird den Refrain-Einstieg "This that brick life, project brick life / Run off on your first plug, fuck your best friend's wife/" für ein paar Tage im Ohr haben. Und die Energie lässt nicht nach.
Über die darauf folgenden neun Tracks wälzt Greedo ein Arsenal an ansteckenden Freestyles aus, niemals zu strukturiert, aber auch nie ganz chaotisch. Er hat die bellende, exzentrische Energie eines Chief Keefs und Young Thugs gleichzeitig, ohne dabei diese bodenständige Hustler-Energie zu verlieren. Es ist ein wenig enigmatisch, wie viele verschiedene Charakterzüge Greedo in sich vereint, während seine Musik zumeist so klingt, als würde er nur bei halben Bewusstsein vor sich her riffen.
Viele Publikationen beschrieben ihn als einen Trapper, der Energie aus der selben Quelle wie der Blues bezieht. Und auch wenn dieser Vergleich nicht auf den ersten Blick ersichtlich wird, ist da etwas sehr Treffendes darin. Die offensichtlichste Station wäre der Closer "Visions", auf dem Greedo sich das erste Mal im Laufe der Spielzeit auf eine aktiv melancholische Note einlässt. Er beschreibt Albträume über seine bevorstehende Zeit im Gefängnis, er beschreibt Angst, aber kaum Reue. Er hat gelebt, wie es ihm beigebracht wurde und sich immer an die eigene Moralvorstellung gehalten.
Ob man ihm zustimmt oder nicht - was hier besonders auffällt, das ist die Zerbrechlichkeit seiner Singstimme. Er klingt trotz all der eklektischen Energie und all des Selbstbewusstseins menschlich und verwundbar. Als wäre all die vertagte Angst in diesem Song aufgespült worden. Doch hört man genauer hin, merkt man, dass diese Angst auf den sonstigen Songs nicht absent ist. Tatsächlich ist es sonst nur seine optimistische, lebensfrohe Energie, die sie so sehr überschattet, dass man ihm das positive Weltbild tatsächlich glauben mag.
Dazwischen kommen dadurch immer wieder Banger zustande, die das Bild des violett eingefärbten Sommers wunderbar orchestrieren. "Trap House" mit der Shoreline Mafia arbeitet gekonnt um einen einsam schwirrenden Synthesizer, der auf der Westcoast-Percussion etwas Verlorenes an sich hat. Auf "In The Morning" lässt sich Greedo auf taufrischen Pianos treiben, doch wenn der Beat dann einschlägt, kommt er mit einem Drall, dass man sich fast wünscht, gleich würde ein Blueface-Feature einsetzen. Mit YG auf "Wasted" ist die Westcoast-Liebe dann komplett.
"Still Summer In The Projects" ist lebensfrohe Hood-Melancholie. 03 Greedo wirkt als Performer so ausdrucksstark und farbenfroh, dass er gar nichts besonders Substanzielles aussagen muss, um sehr viel zu kommunizieren. Gemeinsam mit der modernen LA-Produktion von DJ Mustard zeichnet er ein Bild, das die Abendsonne über Watts, Los Angeles hautnah einfängt und den Mythos um seinen Namen auch über seine Abwesenheit hinaus transportieren wird.
2 Kommentare mit 6 Antworten
Schön, dass das noch ne Review bekommen hat. Sehr empfehlenswert, 4/5 passt.
ES GRAPE STREET WATTS BABYLOC CRIP GANG DUST TOWN HOGGGS
Wie passt eigtl deine Passion für schwerkriminelle afroamerikanische Straßengangs mit der Attitude eines rechtsoffenen Eckkneipenbesuchers zusammen, das du hier regelmäßig an den Tag legst?
@DerHochmoor Nennt sich "Versatility", janz wichtig heutzutage!
Guter Beitrag!
@moori: du hängst seit jahren kilometertief im ami arsch und fragst sowas? wie passt denn deine passion für sexistischen und drogenverherrlichenden amirap mit deiner pietistischen erziehung und deinem gutmenschen getue zusammen?
moori ist doch geläutert.
auf seinem dritten monitor gibts ja seit neustem auch nur noch sexy-clips von windrädern, solarpaneln und der prachtmatte von antonia hofreiter zu bestaunen
Sodi, du laberst halt wie immer Schwachsinn anstatt auf meine Frage einzugehen, wie ein richtig wendehalsiger Aal.
Ich bin nicht pietistisch erzogen und "Gutmenschen Getue" ist wohl nur aus Sicht von rechtsoffenen Stammtischsitzern irgendwas Schlechtes. Aber ich denke, du solltest dich zusammen mit dHvW wieder in die dumpfrechte Filterblase zurückziehen und da weiter gegen Multikulti und den Kohleausstieg wettern.