laut.de-Kritik

Komm schon, Gangsterrapper, zieh' dich nackig aus!

Review von

Dennis aus Hürth beim CD-Kauf. "Wah! Die neue von Fler! Boah, sieht der hart aus, der Typ ... mag ich nicht." Oh, Mann. Jetzt amüsiere ich mich schon über ein "Intro" aus der Kategorie "Gespielter Witz", oder was? Aber hallo! Zumal die wahren Worte auf dem Fuße folgen: "Zwei - fünf - sieben - ers. Was für ein Name. Ooooh, is' das Cover hässlich, ey! Mann, ey! Aber irgendwie ... muss ich kaufen."

Irgendwie ... muss ich feixen. (Ich soll mich noch früh genug freuen, die Gelegenheit genutzt zu haben, ehe mir das Grinsen auf dem Gesicht gefriert.) Zunächst einmal lässt sich "Boomshakkalakka" allerdings genau wie der würdige Nachfolger zu "HRNSHN" an, auf den ich seit dessen Erscheinen hart hingefeiert habe.

Wer mit infantilem bis (reifstenfalls) pubertärem Fäkalhumor, Suff, Party, "Drogen, Drogen zu dem Rausch", fröhlicher Haudrauf-Attitüde und penetranter Anpimmelei nichts anfangen kann, wird mit den 257ers in diesem Leben nicht mehr warm. Wer philosophischen, intellektuellen oder auch nur musikalischen Gehalt verlangt, wird hoffentlich nicht so verrückt sein, bei den Spinnern aus Essen danach zu suchen. Falls doch: selbst schuld. Das wahrhaft gruselige kulleräugige Cover schreit eigentlich schon eine überdeutliche Warnung in die Welt.

Mich stört es nicht die Bohne, dass die Inhalte auf "Boomshakkalakka" ausschließlich innerhalb äußerst eng bemessener Grenzen umeinanderpogen. "Warum können wir nicht auf Bären zur Arbeit reiten?" Tiefschürfendere als diese wahrhaftig existenzielle Frage werfen die 257ers nicht auf. Statt dessen reißen sich Mike, Keule und Shneezin bei jeder passenden und, noch lieber, unpassenden Gelegenheit die Textilien vom Leib und winken freundlich mit dem Gemächt. "Komm schon, Gangsterrapper, zieh' dich nackig aus. Wir machen das doch auch, sehen doch alle klasse aus." Schönheit liegt bekanntlich im Auge des Betrachters. So lange alle Beteiligten Spaß dabei haben: warum denn auch nicht?

Die Hooklines gehen größtenteils widerstandslos ins Ohr und wachsen sich dort zu wahren Mutantenwürmern aus. Der Überhit "Über Alle Berge" erfährt - erneut mit Beteiligung von Alligatoah - seine Fortsetzung in Form von "Irgendwo In Vegas": "Kippenholen hat sich verzögert", kann ja mal passieren. Die 257ers erzählen hier zur Abwechslung sogar eine Geschichte. Ein echter Ausreißer, kommen sie doch auf dem Rest des Albums kaum darüber hinaus, den Befehl zum "Aus-ras-tööööön!" in die Runde zu proleten – und der fällt unmissverständlich aus.

"Ich schreibe mit Herz, war kein Stift mehr da." Schön. Noch schöner: "Und darauf reimt sich jetzt mein Lieblingswort: Hitlerbart!" Ihren Kritikern drehen die Knaben die Argumente im Mund um und tragen sie wie Schlagpads beim Boxtraining vor sich her: "Die rappen immer nur über Drogen oder viel zu viel Sex." Stimmt. "Sex! Er hat Sex gesagt!" Stimmt. "Die sagen schlimme Sachen, haben doch vor niemandem Respekt." Stimmt ebenfalls.

"Wir sind ziemlich sicher, der Song ist auf jeden Fall Schrott." Stimmt möglicherweise. "Nö, wir können nicht rappen." Stimmt nicht! Shneezin, Mike und Keule flowen wie die Sturzbäche - wenn auch alle drei ausgesprochen ähnlich. Da ihre Tracks zudem noch immer dem gleichen Strickmuster folgen (jeder nur ein Vers!), schleicht sich irgendwann doch eine gewisse Eintönigkeit ein. Die Überlänge des Albums macht das nicht gerade besser.

Da liegt dann auch der stinkende Hasenkadaver im Pfeffer: Mit fortschreitender Spieldauer fällt es immer schwerer, die durch und durch räudige Produktion zu ignorieren. Ob scheppernde E-Gitarren ("Panic"), Fingerschnippen und Klimperklavier ("Übertriebener Rap"), Fanfaren ("Baby Du Riechst"), Videospiel-Klänge ("Videospiel") oder ein Schifferklavier ("Piraten") das Bummbumm begleiten: Alles klingt nach dem allerbilligsten aller billigen Plastiksounds. Obacht! Nicht ausgeschlossen, dass die neben Ohrenbluten auch saftige Diarrhö verursachen. "Aus Dem Weg", sicherheitshalber. "Ich muss dringend aufs WC."

Ersthaft, Jungs: Halb so viele Tracks, aber dafür wenigstens drei oder vier mit einem halbwegs erträglichen Beat, das wäre ein guter Deal gewesen. In dem Fall hätte ich auch diesmal wieder treu an eurer Seite austicken müssen. So aber bedeuten die Schlussworte von Jewlz, dem Hoodwatcher, echte Erlösung. "Das war 'Boomshakkalakka', Bitch." Ja, zum Glück wars das.

Trackliste

  1. 1. Intro
  2. 2. Vergleiche A La Boss
  3. 3. Warum
  4. 4. Panic
  5. 5. Irgendwo In Vegas feat. Alligatoah
  6. 6. Übertriebener Rap
  7. 7. Kalle Macht Den Song
  8. 8. Baby Du Riechst
  9. 9. Behindert
  10. 10. Piraten
  11. 11. Aus Dem Weg
  12. 12. Jump Mutant Jump!
  13. 13. 104,481
  14. 14. Gruppenzwang feat. Zwieback & T
  15. 15. Samba
  16. 16. Let's Sexualität
  17. 17. Mutanten Übernehmen
  18. 18. Seid Ihr Dabei
  19. 19. Videospiel
  20. 20. Gib Ma Ein Aus
  21. 21. Outro

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