laut.de-Kritik
In Italien mega-erfolgreich und ultrabeliebt.
Review von Giuliano BenassiNichtenglischsprachige Musiker außerhalb ihrer Heimatländer auf den Weg zum internationalen Erfolg zu schicken ist ein schwieriges Unterfangen. Dabei spielen Fantastillionen verkaufter Tonträger, lastwagenweise abgeräumte Auszeichnungen, biblische Scharen an Anhängern und Zuschauern, wie die Werbung glaubhaft machen will, keine sonderlich große Rolle.
Italienische Musiker sind in dieser Hinsicht meist erfolgreicher als die Kollegen anderer Länder. Eros Ramazzotti, Nek, Andrea Bocelli oder Laura Pausini sind Namen, die weltweit bekannt und verkaufstechnisch relevant sind. Und dadurch Hoffnungsträger für viele, die versuchen, sich aufs internationale Parkett zu wagen.
883 (otto otto tre) gehören zweifellos dazu. Seit ihrem ersten Hit im Jahre 1992, "Hanno Ucciso L'Uomo Ragno" (Sie Haben Spiderman Umgelegt), sind sie in Italien mega-erfolgreich und ultrabeliebt. Max Pezzali, Sänger, Autor und einziges festes Bandmitglied, erscheint ständig im Fernsehen, hat ein Buch geschrieben und bei einem Film maßgeblich mitgewirkt. Mit "Mille Grazie," einer Sammlung der größten Hits, sollen nun der deutsche, der österreicherische und der schweizerische Markt erobert werden.
Musikalisch stehen die Zeichen nicht schlecht: Obwohl die Lieder in erster Linie für Diskobesucher gedacht sind, ist ihre Tanzbarkeit kein Zeichen für mangelnde Qualität. Pezzali wird in Italien als "Cantautore" eingestuft, also als Liedermacher, im Gegensatz zu einem "Cantante", einem einfachen Sänger. Die Texte beziehen sich zwar eher auf pubertäre Themen, Freundschaften zwischen Jungen und Mädchen ("La regola dell'Amico"), Orientierungslosigkeit ("Nord Sud Ovest Est"), verrückte Nächte ("Viaggio al Centro del Mondo," "Rotta per Casa di Dio"), Liebe (bei den langsamen Stücken), strahlen aber eine Ironie und Sympathie aus, die sie auch für ältere Semester durchaus erträglich macht.
Die meisten Arrangements stammen vom Mailänder Starproduzenten Claudio Cecchetto, einige Lieder sind allerdings in Remix-Version vorhanden - so haben Eiffel 65 bei "La Regina Della Celebrità" Hand angelegt. Laserpistolensounds, Balalaikas und anderer Schnickschnack sorgen für originelle Einlagen und wirken erheiternd, genauso wie das bunte Booklet, das einem japanischen Manga nachempfunden ist.
Wer jemals einen Sommerurlaub an einem italienischen Strand verbracht hat, hat sicherlich zu "Hanno Ucciso L'Uomo Ragno" frenetisch rumgehampelt und sich bei "Come Mai" eng umschlungen romantische Hoffnungen gemacht. Pünktlich zu den heißesten Monaten des Jahres erschien "Mille Grazie" im Juli 2000, ohne weiter aufzufallen. Nun findet ein Relaunch statt, mit einigen Konzerten der Band auch in Deutschland. Ob Max Pezzali & Co. diesmal mehr Erfolg haben werden, ist nicht auszumachen. Auf jeden Fall ist ein Livebesuch lohnenswert. Und das Probehören des Albums auch.
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