laut.de-Kritik
Acht Groove-Raketen, die mit Sicherheit zünden.
Review von Daniel StraubAnfang der 90er Jahre faszinierte Techno, das neue Ding, die Massen. Sven Väth trug den 'Sound of Frankfurt' damals in alle Welt. Die weniger populäre Traditionslinie des Detroit Techno fand beim Berliner Label Tresor eine neue Heimat. Ein seltsames Schattendasein fristete Köln in jenen Tagen.
Zehn Jahre später spielt Köln dank Produzenten wie Wolfgang Voigt oder Stefan Schwander aka Antonelli Electr. in der ersten Liga. Letzterer veröffentlicht unter dem Arbeitstitel A Rocket In Dub eine Sammlung von acht Groove-Raketen, die mit Sicherheit zünden, ohne aber ausschließlich dem Dancefloor zu huldigen.
Eröffnet wird das Feuerwerk der spartanisch durchnummerierten Tracks mit einer funkigen Nummer, die mit dem Antonelli Track "Bohannon" einen Referenzpunkt in Schwanders früherem Werk findet. Weniger direkt arbeitet sich "Rocket #2" an das Trommelfell des Zuhörers heran. Lange schwabbern House-Akkorde aus dem Lautsprecher, nicht so recht wissend was aus ihnen werden soll. Erst allmählich unterlegt ein sanft-schmeichelnder Beat das Grundgerüst des Songs. Das Schöne dabei ist: der Track verliert nichts von seinem Laid-Back-Feeling.
Ein Beweis dafür, wie gut es Schwander gelungen ist, die Produktionsbedingungen in seine Musik einfließen zu lassen, denn die acht Tracks von "If Music Could Talk" entstanden ohne Zeit- oder Produktionsdruck. Selbst wenn das HiHat energisch zischt wie bei Rakete #4, winkt die Abfahrt auf dem Dancefloor lediglich in weiter Ferne. Das scheint auch nicht die Intention zu sein. Am Strand liegen, alle viere von sich strecken und im Takt wippen, damit wäre Stefan Schwander wohl eher glücklilch zu machen.
Mit zwei Ausnahme vielleicht: der synkopiert anschiebende Groove von "Rocket #6" in Verbindung mit den dick aufgetragenen Handclapps entfaltet den vollen Hörgenuss nur bei gleichzeitiger körperlicher Betätigung. Obendrein setzen sich die Trompeten-Samples der Hookline sofort im Ohr fest, lassen staubige Spaghetti-Western vor dem inneren Auge ablaufen und heben Rakete #6 so in den Status meines heimlichen Favoriten. Kräftig pumpend geht "Rocket #7" von Anfang an in die Vollen. Wenn es dann noch aufdringlich knarzt und knackt, wie sonst nur bei T-Raumschmiere, können die Clubs im Sturm genommen werden.
Es macht den Reiz dieser Techno-House-Dub-Disco-Platte aus, dass sie sowohl am Stück gehört funktioniert und trotz minimalistisch-funktionaler Arrangements nie langweilig wird. Darüber hinaus enthält "If Music Could Talk" auch einige DJ-Tools, die jede Party in Schwung bringen bzw. ausklingen lassen.
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